Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung eines Baggerführers. Eingruppierung eines gelernten Schlossers (Fachrichtung Stahlbau) mit der Tätigkeit des Baggerführers. Ausübung einer Tätigkeit, in der “die Verwendung einschlägiger Berufsausbildungskenntnisse (Lehrkenntnisse) möglich ist”. Maßgeblichkeit der konkreten Ausbildung des Arbeiters. Unerheblichkeit nach der Ausbildung erworbener Kenntnisse. Eingruppierung öffentlicher Dienst. Tarifauslegung

 

Orientierungssatz

  • Die Verwendung “einschlägiger Berufsausbildungskenntnisse (Lehrkenntnisse)” in der vom Arbeiter ausgeübten Tätigkeit ist “möglich” iSd. Lohngr. 5 Abschn. b des Lohngruppenverzeichnisses (zu § 4 Abs. 1 BZT-G/NRW) in Anhang 2, wenn die erlernten Kenntnisse in der ausgeübten Tätigkeit “anwendbar”, “verwendbar”, für diese also von relevantem Nutzen sind; die Überschneidung der einschlägigen Kenntnisse des Lehrberufs (Ausbildungsberufs) und der in der ausgeübten Tätigkeit geforderten auf eng begrenzten Teilgebieten erfüllt nicht diese Anforderung.
  • Für die genannte Anforderung ist ein Vergleich des Ausbildungsberufs/Lehrberufs mit der ausgeübten Tätigkeit vorzunehmen.
  • Maßgeblich ist das Berufsbild des vom Arbeiter erlernten Berufs, bei dessen Ablösung durch einen anderen Ausbildungsberuf nicht dasjenige des letztgenannten.
  • Für die Anforderung, daß “die Verwendung einschlägiger Berufsausbildungskenntnisse (Lehrkenntnisse)” in der ausgeübten Tätigkeit “möglich ist”, kann nur auf fachspezifische Kenntnisse abgestellt werden, nicht aber auf Kenntnisse, die in jeder Berufsausbildung vermittelt werden.
  • Nach der Berufsausbildung vom Arbeiter erworbene Kenntnisse sind bei dem Vergleich nicht zu berücksichtigen.
  • Nach diesen Grundsätzen ist einem auf der Grundlage des Erlasses des Bundesministers für Wirtschaft vom 18. Juni 1963 (BAnz Nr. 120 vom 4. Juli 1963) ausgebildeten Schlosser – Fachrichtung Stahlbau – die Verwendung einschlägiger Lehrkenntnisse in der von ihm ausgeübten Tätigkeit als Baggerführer nicht möglich.
 

Normenkette

Bezirks-Zusatztarifvertrag für Nordrhein-Westfalen zum BMT-G II (BZT-G/NRW) § 4; Lohngruppenverzeichnis zu § 4 Abs. 1 BZT-G/NRW in Anhang 2 Lohngruppen 5, 6, 6a, Vorbemerkungen zu allen Lohngruppen Nr. 3

 

Verfahrensgang

LAG Hamm (Urteil vom 08.08.2001; Aktenzeichen 18 Sa 1967/00)

ArbG Hamm (Urteil vom 02.11.2000; Aktenzeichen 4 Ca 1423/00)

 

Tenor

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die tarifgerechte Vergütung des Klägers.

Der am 3. August 1948 geborene Kläger wurde vom 1. April 1964 bis zum 31. Oktober 1966 als Maschinenschlosser in einer Maschinenfabrik in Werl und vom 1. November 1966 bis zum 30. September 1967 als Stahlbauschlosser in einem Stahlbaubetrieb in Soest ausgebildet. Seine Gesellenprüfung als “Schlosser” legte er am 23. September 1967 mit Erfolg ab.

Seit dem 25. Juli 1985 ist er bei der Beklagten beschäftigt. Für das Arbeitsverhältnis der Parteien gelten kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit der Bundesmanteltarifvertrag für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G II), der Bezirks-Zusatztarifvertrag zum BMT-G für den Bereich des Kommunalen Arbeitgeberverbandes Nordrhein-Westfalen (BZT-G/NRW) sowie das Lohngruppenverzeichnis (zu § 4 Abs. 1 BZT-G/NRW) im Anhang 2.

Der Kläger wurde zunächst als LKW-Fahrer beschäftigt. Seit ca. 1990 arbeitet er als Baggerführer. Er bedient einen 10-Tonnen-Bagger, der hauptsächlich zur Grabenunterhaltung eingesetzt wird. Der zunächst nach der Lohngr. 4 Abschn. c vergütete Kläger erhielt zuletzt Vergütung nach Lohngr. 5 des Lohngruppenverzeichnisses. Mit Schreiben vom 11. Februar 2000 forderte er die Beklagte erfolglos auf, ihn zum 1. Januar 2000 in die Lohngr. 6a einzugruppieren. Dieser Anspruch ist Gegenstand seiner Klage.

Der Kläger meint, er habe einen Anspruch auf Vergütung nach Lohngr. 6a des Lohngruppenverzeichnisses, da er seit 1990 die Voraussetzungen der für den Bewährungs- und Zeitaufstieg in diese Lohngruppe maßgeblichen AusgangsLohngr. 5 Abschn. b erfülle, und hat vorgetragen, bei der Tätigkeit als Baggerfahrer verwende er einschlägige Berufsausbildungskenntnisse seiner Berufsausbildung als Schlosser. So habe er Reparaturen an Fahrzeugen der Beklagten vorgenommen, etwa Hydraulikstempel ausgewechselt oder ein Baggerschild geschweißt. Er habe diese Tätigkeiten nur verrichten können, weil er Fähigkeiten und Kenntnisse in seiner Ausbildung als Schlosser erworben habe. In seiner langjährigen Beschäftigung als Baggerführer habe er sich bewährt, so daß er zwischenzeitlich in die Lohngr. 6a aufgestiegen sei.

Der Kläger hat zuletzt beantragt

festzustellen, daß die beklagte Stadt verpflichtet ist, an ihn ab 1. Januar 2000 eine Vergütung nach der Lohngr. 6a des BZT-G/NRW zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen, der Kläger habe die für sich in Anspruch genommenen Kenntnisse nicht in seiner Berufsausbildung erworben. Kenntnisse, die er in seiner nachfolgenden Berufstätigkeit erworben habe, könnten nicht anspruchsbegründend herangezogen werden.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und die Revision für die Beklagte zugelassen. Mit ihrer Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist begründet.

  • Mit Recht hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Denn die als Eingruppierungsfeststellungsklage zulässige Klage ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht begründet. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, an den Kläger ab 1. Januar 2000 Lohn nach Lohngr. 6a des BZT-G/NRW zu zahlen.

    1. Für das Arbeitsverhältnis der Parteien gilt der BZT-G/NRW kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit unmittelbar und zwingend (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG).

    2. Nach § 4 Abs. 1 Unterabs. 1 BZT-G/NRW ist der Arbeiter in die Lohngruppe des Lohngruppenverzeichnisses im Anhang 2 eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmalen die von ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit zeitlich mindestens zur Hälfte entspricht. Sofern ein hiervon abweichendes zeitliches Maß bestimmt ist, gilt dieses (§ 4 Abs. 1 Unterabs. 2 BZT-G/NRW).

    Für den Rechtsstreit maßgeblich sind die folgenden Bestimmungen des Lohngruppenverzeichnisses in der Fassung des 59. Änderungstarifvertrages zum BZT-G/NRW vom 28. Juli 1994, gültig ab 1. September 1994:

    Lohngruppe 5

    1. Arbeiter mit erfolgreich abgeschlossener Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungsdauer von mindestens zweieinhalb Jahren, die in ihrem oder in einem diesem verwandten Beruf beschäftigt werden (gelernte Arbeiter) sowie Arbeiter mit einer der Tätigkeit eines solchen gelernten Arbeiters gleichwertigen Tätigkeit.

    Abschnitt b)

    Gelernte Handwerker, Angehörige anderer anerkannter Ausbildungsberufe (Lehrberufe) mit einer Ausbildungsdauer von mindestens zweieinhalb Jahren, die zwar nicht in ihrem Ausbildungsberuf (Lehrberuf), aber in einer der folgenden Tätigkeiten beschäftigt werden, in denen die Verwendung einschlägiger Berufsausbildungskenntnisse (Lehrkenntnisse) möglich ist:

    1. Baggerführer, …

    Lohngruppe 6

    2. Arbeiter der Lohngruppe 5 nach vierjähriger Bewährung

    Abschnitt e)

    Arbeiter der Lohngruppe 5 Abschnitt a) Nr. 1 Unterabschnitt b), c) und d) nach vierjähriger Bewährung in dieser Lohngruppe und diesen Abschnitten

    Lohngruppe 6a

    Abschnitt a)

    Arbeiter der Lohngruppe 6 Abschnitt e) nach vierjähriger Tätigkeit in dieser Lohngruppe und diesem Abschnitt

    Ergänzend heranzuziehen sind die “Vorbemerkungen zu allen Lohngruppen”, die – soweit hier von Interesse – folgenden Wortlaut haben:

    3. Die in den jeweiligen Lohngruppen in Fettdruck vorangestellten Überschriften sind keine Tätigkeitsmerkmale, auf die eine Eingruppierung gestützt werden kann; sie umschreiben als Oberbegriffe aus dem Rahmentarifvertrag zu § 20 BMT-G II nur das von den Tarifvertragsparteien vorgegebene systematische Wertgefüge für die einzelnen Tätigkeitsmerkmale.

    3. Streitig ist zwischen den Parteien allein, ob der Kläger als Baggerführer bei der Beklagten in einer Tätigkeit beschäftigt wird, in der iSd. Lohngr. 5 Abschn. b “die Verwendung einschlägiger Berufsausbildungskenntnisse (Lehrkenntnisse)” seiner Ausbildung zum Schlosser – Fachrichtung Stahlbau – “möglich ist”. Die übrigen Voraussetzungen der genannten Tarifbestimmung – gelernter Handwerker mit einer Ausbildungsdauer von mindestens zweieinhalb Jahren, Beschäftigung in einer anderen Tätigkeit als derjenigen des Ausbildungsberufs (Lehrberufs), aber in einer der in Lohngr. 5 Abschn. b genannten Tätigkeiten – sind streitlos erfüllt. Ebenso ist zwischen den Parteien unstreitig, daß der Kläger bei Erfüllung der Anforderungen für die Eingruppierung in der Lohngr. 5 die Voraussetzungen für den Aufstieg in die Lohngr. 6a am 1. Januar 2000 erfüllt hätte.

    4. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts wird der Kläger als Baggerführer nicht in einer Tätigkeit beschäftigt, in der iSd. Lohngr. 5 Abschn. b die Verwendung seiner einschlägigen Berufsausbildungskenntnisse (Lehrkenntnisse) zum Schlosser – Fachrichtung Stahlbau – möglich ist.

    a) Auf die Auslegung der zwischen den Parteien streitigen Anforderungen der genannten Tarifnorm geht das Landesarbeitsgericht nur hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals “möglich” ein. Hingegen macht es keine Ausführungen dazu, wie die Anforderungskombination “einschlägige Berufsausbildungskenntnisse (Lehrkenntnisse)” auszulegen ist. Dies hält der Revision nicht stand.

    aa) Den Ausführungen des Landesarbeitsgerichts zur Auslegung der Anforderung, dem gelernten Handwerker müsse die Verwendung einschlägiger Berufsausbildungskenntnisse (Lehrkenntnisse) in der ausgeübten Tätigkeit “möglich” sein, ist darin zuzustimmen, daß dafür ein Vergleich des erlernten Berufs und der Tätigkeit – nicht notwendig des Berufs, da es sich bei den in der Lohngr. 5 Abschn. b Nr. 1 bis 9 aufgeführten Tätigkeiten nicht durchweg um Ausbildungsberufe handelt –, die der Arbeiter ausübt, vorzunehmen ist. Das Eigenschaftswort “möglich” in der hier maßgeblichen Tarifnorm hat nicht die Bedeutung von “denkbar”, “theoretisch nicht ausgeschlossen”, sondern meint – auch nach der vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vertretenen Auffassung – im vorliegenden Regelungszusammenhang “anwendbar”, “verwendbar”. Dies zeigt der Vergleich der Abschn. a und b der Lohngr. 5. Der Unterschied zwischen beiden Abschnitten besteht – wie die Beklagte in anderem Zusammenhang mit Recht ausführt – darin, daß im Abschn. a die Verwendung der Berufsausbildungskenntnisse im “erlernten oder einem verwandten Fach” gefordert ist, während im Abschn. b die Verwendung einschlägiger Berufsausbildungskenntnisse (Lehrkenntnisse) “möglich” sein muß. Der Unterschied besteht in einer graduellen Abstufung der Verwendung bzw. Verwendbarkeit der Berufsausbildungskenntnisse. Im Abschn. b ist die feste Verwandtschaft der Ausbildungskenntnisse zum ausgeübten Beruf des Abschn. a gelockert. Die Lockerung ist dadurch gerechtfertigt, daß in den Merkmalen des Abschn. b der Lohngr. 5 spezielle Tätigkeiten aufgeführt sind, die sich nicht unbedingt mit dem Berufsbild von Ausbildungsberufen decken. Es soll deshalb ausreichen, wenn Ausbildungskenntnisse bei der Tätigkeit so von Nutzen sind, daß dadurch zB die Qualität der Arbeitsleistung in der Regel erkennbar angehoben wird oder bei Wartungen oder Reparaturen der Einsatz eines speziellen weiteren Handwerkers entbehrlich ist. Daraus folgt, daß das hier behandelte Tatbestandsmerkmal, die Verwendung einschlägiger Berufsausbildungskenntnisse (Lehrkenntnisse) müsse in der ausgeübten Tätigkeit “möglich” sein, geringere Anforderungen an die Schnittmenge übereinstimmender Fachkenntnisse von Berufsausbildungsberuf (Lehrberuf) und ausgeübter Tätigkeit stellt als die Anforderung des “verwandten Fachs” in Lohngr. 5 Abschn. a (vgl. dazu zB Senat 18. Dezember 1996 – 4 AZR 313/95 – ZTR 1997, 269 mwN). Andererseits kann eine Überschneidung der einschlägigen Fachkenntnisse auf eng begrenzten Teilgebieten des Ausbildungsberufs (Lehrberufs) und der ausgeübten Tätigkeit nicht ausreichen, die Erfüllung der Anforderung im Tarifsinne anzunehmen. Denn dann wäre der Zweck der Regelung, unter Lohngr. 5 Abschn. b Tätigkeiten zu erfassen, bei der die Ausbildung für die ausgeübte Tätigkeit – und damit für den Arbeitgeber – von (relevantem) Nutzen ist, verfehlt. Den Ausführungen des Landesarbeitsgerichts ist nicht zu entnehmen, ob es die Anforderung in diesem letzteren Sinne versteht.

    bb) Unter “einschlägigen” Berufsausbildungskenntnissen (Lehrkenntnissen) iSd. Lohngr. 5 Abschn. b sind nicht solche Kenntnisse zu verstehen, die generell in der Berufsausbildung vermittelt werden, also nicht etwa Kenntnisse über Sicherheit und Gesundheitsschutz und im Berufsbildungs- oder Arbeitsrecht. Anderenfalls wäre diese Anforderung durch jede Berufsausbildung erfüllt und damit überflüssig. Die Anforderung kann daher nur durch fachspezifische Berufsausbildungskenntnisse (Lehrkenntnisse) erfüllt werden.

    cc) Auf den Gesichtspunkt des Nutzens der erlernten einschlägigen Berufsausbildungskenntnisse (Lehrkenntnisse) für die ausgeübte Tätigkeit ist auch bei der Auslegung der Tatbestandsmerkmale “Berufsausbildungskenntnisse (Lehrkenntnisse)” abzustellen. Damit sind nur diejenigen Kenntnisse gemeint, die der Arbeiter in seiner Berufsausbildung (Lehre) erhalten hat. Dafür ist auf das Ausbildungsberufsbild abzustellen, nach welchem sich seine Ausbildung richtete. Kenntnisse, die er nach Abschluß seiner Berufsausbildung (Lehre), also außerhalb derselben erworben hat, können nach dem eindeutigen Tarifwortlaut ohnehin nicht berücksichtigt werden.

    b) Auf der Grundlage dieser Auslegung folgt der Senat nicht dem Landesarbeitsgericht darin, daß die Verwendung der Lehrkenntnisse, die der Kläger in seiner Ausbildung als Schlosser – Fachrichtung Stahlbau – erworben hat, im Tarifsinne in seiner Tätigkeit als Baggerführer “möglich ist”.

    aa) Entgegen der Auffassung des Klägers und des Landesarbeitsgerichts kommt es auf das Berufsbild des Metallbauers/der Metallbauerin für die Eingruppierung des Klägers nicht an. Denn auf der Grundlage dieses Berufsbildes ist der Kläger nicht ausgebildet worden.

    bb) Maßgebend sind vielmehr die einschlägigen Berufsausbildungskenntnisse des Schlosserberufs – Fachrichtung Stahlbau –, den der Kläger erlernt hat. Das Berufsbild dieses Berufs war zur Zeit der Berufsausbildung des Klägers, basierend auf der Ausbildungsverordnung vom 28. Januar 1939 (Erl. RWM III SW 419/39), in den fachlichen Vorschriften zur Regelung des Lehrlingswesens im Schlosserhandwerk geregelt. Für das Berufsbild maßgebend war zum Zeitpunkt der Lehre des Klägers der Erlaß des Bundesministers für Wirtschaft II A 1-46 7216 – vom 18. Juni 1963 (BAnz Nr. 120 vom 4. Juli 1963). Hiernach waren folgende Grundfertigkeiten und -kenntnisse zu vermitteln:

    Lesen und Anfertigen von Zeichnungen

    Entwerfen und Skizzieren

    Messen und Anreißen

    Feilen

    Bohren

    Gewindeschneiden

    Richten, Blechspannen, Zusammenpassen

    Biegen und Kröpfen

    Meißeln, Scheren, Lochen, Stanzen

    Sägen

    Schmieden

    Nieten und Stemmen

    Schmelzschweißen (autogen und elektrisch)

    Brennschneiden

    Hart- und Weichlöten

    Härten

    Schleifen

    Einbauen und Montieren und Zusammenpassen

    Oberflächenbehandlung und Korrosionsschutz

    Werkstattmäßiges Prüfen von Werkstoffen

    Pflegen und Instandsetzen von Werkzeugen und Maschinen

    Kenntnisse über Fachnormen und Unfallverhütungsvorschriften

    Kenntnisse über Arten, Eigenschaften, Herstellung, Verwendung und Verarbeitung der Werk- und Hilfsstoffe.

    Als Spezialfertigkeiten und -kenntnisse wurden für den “Bauschlosser” verlangt:

    Anschlagen auf Holz, Befestigung im Mauerwerk, Polieren, Beizen, Metallfärben, Ausführen von Rostschutzanstrichen, Kenntnisse aus der Statik und Festigkeitslehre.

    Für Baggerfahrer ist eine Berufsausbildung erst durch die Verordnung über die Berufsausbildung zum Baugeräteführer/zur Baugeräteführerin vom 12. Mai 1997 (BGBl. I S 1038) eingeführt worden. Nach dessen § 3 sind “Gegenstand der Berufsausbildung … mindestens die folgenden Fertigkeiten und Kenntnisse”:

    • Berufsbildung,
    • Aufbau und Organisation des Ausbildungsbetriebes,
    • Arbeits- und Tarifrecht,
    • Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz, Umweltschutz und rationelle Energieverwendung,
    • Arbeitsplanung,
    • Einrichten und Sichern von Baustellen, Arbeits- und Schutzgerüsten,
    • Verarbeiten von Bau- und Bauhilfsstoffen,
    • Arbeiten in der Bautechnik,
    • Handhaben von Vermessungsgeräten,
    • Be- und Verarbeiten von Metallen und Kunststoffen,
    • Handhaben von Bauteilen, Baugruppen und Systemen von Baugeräten,
    • Inbetriebnehmen, Führen und Außerbetriebnehmen von Baugeräten,
    • Warten von Baugeräten, Verwenden von Kraft- und Schmierstoffen sowie von Hydraulikölen,
    • Feststellen von Störungen sowie Einleiten von Maßnahmen zur Fehlerbeseitigung an Baugeräten,
    • Instandsetzen von Bauteilen und Baugruppen.

    cc) Der Vergleich der vorstehenden Berufsbilder zeigt, daß sich die Fertigkeiten und Kenntnisse des Schlossers – Fachrichtung Stahlbau – und diejenigen des Baugeräteführers/der Baugeräteführerin nur auf einem eng begrenzten Teilgebiet überschneiden.

    (1) Inhalt der Ausbildung zum Schlosser waren im wesentlichen Fertigkeiten der Metallbearbeitung (Feilen, Bohren, Gewindeschneiden, Richten, Blechspannen, Zusammenpassen, Biegen und Kröpfen, Meißeln, Scheren, Lochen, Stanzen, Sägen, Schmieden, Nieten und Stemmen, Schmelzschweißen [autogen und elektrisch], Brennschneiden, Hart- und Weichlöten, Schleifen, Oberflächenbehandlung und Korrosionsschutz). Von insgesamt 23 – auf der Grundlage der dortigen Zusammenfassung verschiedener Einzeltätigkeiten – im Berufsbild genannten Fertigkeiten und Kenntnissen betreffen 15 diesen Fachbereich. Für den Baugeräteführer ist das Be- und Verarbeiten von Metallen nur ein Teilgebiet eines von 15 Gegenständen seiner Berufsausbildung, nämlich des Ausbildungsgegenstandes Nr. 10 “Be- und Verarbeiten von Metallen und Kunststoffen”.

    (2) Der Auffassung des Landesarbeitsgerichts, die Verwendung von Kenntnissen und Fertigkeiten des Schlossers im “Pflegen und Instandhalten” – richtig: Instandsetzen – “von Werkzeugen und Maschinen” sei in der Tätigkeit des Baggerführers im Tarifsinne möglich, da der Baugeräteführer nach seinem Berufsbild auch im “Warten von Baugeräten, Verwenden von Kraft- und Schmierstoffen sowie von Hydraulikölen” – Gegenstand Nr. 13 des Berufsbildes “Baugeräteführer/Baugeräteführerin” – und im “Feststellen von Störungen sowie Einleiten von Maßnahmen zur Fehlerbeseitigung an Baugeräten” – Gegenstand Nr. 14 dieses Berufsbildes – ausgebildet werde, folgt der Senat nicht. Allein der Umstand, daß Ausbildungsinhalte – grob gesagt – in beiden Berufen Pflege und Instandsetzung von Maschinen sind, ist nicht geeignet, die Nützlichkeit der Ausbildung (Lehre) auf diesen Gebieten in dem einen Beruf für die Tätigkeit in dem anderen zu begründen. Denn Pflege und Instandsetzung von im Beruf benutzten Maschinen gehören zum Inhalt sehr vieler Ausbildungsberufe. Zu fordern ist vielmehr bei diesen Kenntnissen und Fertigkeiten, daß sich die Kenntnisse und Fertigkeiten des Ausbildungsberufs auf Maschinen beziehen, die entweder in der ausgeübten Tätigkeit verwendet werden oder doch den in dieser Tätigkeit benutzten Maschinen in Technik und Funktion ähnlich sind. Das ist hier nicht der Fall. An “mindestens” im Lehrbetrieb für das Schlosserhandwerk erforderlichen Maschinen waren seinerzeit in § 5 der fachlichen Vorschriften zur Regelung des Lehrlingswesens im Schlosserhandwerk Hebezeuge (Flaschenzug, Werkstattkran), Bohrmaschine und Schleifmaschine genannt. Die wichtigsten Baugeräte, deren Führung der Baugeräteführer erlernt, sind Kräne, Bagger, Radlader, Planierraupen und Walzen (Blätter zur Berufskunde Baugeräteführer/Baugeräteführerin 1-IV B 104 2. Aufl. Ziff. 1.1 “Aufgaben”). Die Maschinen, auf deren Pflege und Instandsetzung sich die Ausbildung des Klägers bezog, haben nur sehr begrenzt Ähnlichkeit mit der Technik eines solchen Baugerätes, von ihrer Funktion her überhaupt keine. Die Nützlichkeit der Lehrkenntnisse des Schlossers für sonstige Tätigkeiten des Baugeräteführers nimmt das Landesarbeitsgericht, vom Kläger unbeanstandet, nicht an. Sie ist auch nicht zu erkennen.

    (3) Schließlich ist nicht zu erkennen, daß die Kenntnisse des Schlossers “über Unfallverhütungsvorschriften” denen des Baugeräteführers von “Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz” entsprechen und für den letztgenannten Beruf daher nützlich sind. Denn entweder sind diese Kenntnisse so allgemein, daß sie für alle Ausbildungsberufe passen, haben somit für die hier behandelte Anforderung außer Betracht zu bleiben (siehe oben I 4a bb), oder sie sind darauf zu prüfen, ob sie für die ausgeübte Tätigkeit einschlägig sind, was vom Kläger nicht dargelegt und vom Landesarbeitsgericht demzufolge nicht festgestellt ist.

  • Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 97 ZPO.
 

Unterschriften

Schliemann, Friedrich, Bott, E. Wehner, v. Dassel

 

Fundstellen

NZA 2003, 688

ZTR 2003, 347

NJOZ 2003, 1581

Tarif aktuell 2003, 8

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