Entscheidungsstichwort (Thema)

Status einer Lehrkraft

 

Leitsatz (redaktionell)

Hinweise des Senats: Vgl. Urteil vom 12. September 1996 – 5 AZR 850/95

 

Normenkette

BGB § 611

 

Verfahrensgang

LAG Köln (Urteil vom 28.04.1995; Aktenzeichen 13 Sa 48/95)

ArbG Bonn (Urteil vom 14.09.1994; Aktenzeichen 2 Ca 255/94)

 

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 28. April 1995 – 13 Sa 48/95 – wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision und der Berufung zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin Arbeitnehmerin der Beklagten ist.

Die Beklagte unterhält die Lehranstalt für pharmazeutisch-technische Assistenten (PTA). Die Lehranstalt führt zweijährige Lehrgänge mit einer anschließenden sechsmonatigen praktischen Ausbildung durch. Die Ausbildung qualifiziert zum pharmazeutisch-technischen Assistenten und endet mit einer staatlich anerkannten Abschlußprüfung.

Die Klägerin, approbierte Apothekerin, unterrichtet dort seit dem 7. Januar 1986. Grundlage dieser Tätigkeit war zunächst die mit „Arbeitsvertrag” überschriebene Vereinbarung vom 27. Januar 1985. Dieser Vertrag war aufgrund § 1 BeschFG bis zum 30. Juni 1987 befristet. Die Probezeit betrug sechs Monate. Weiter heißt es in diesem Vertrag:

„…

4. Die wöchentliche Unterrichtungszeit beträgt 10 Stunden zu 45 Minuten.

Der regelmäßige Einsatz richtet sich nach einem von der Lehranstalt für pharmazeutisch-technische Assistenten aufzustellenden Unterrichtsstundenplan; er wird der Lehrkraft rechtzeitig (jeweils mindestens 4 Tage im voraus) zur Kenntnis gegeben. Die sich aus dem Unterrichtsstundenplan ergebenden arbeitstäglichen Stundenzahlen gelten dann jeweils als vereinbart.

5. Die Lehrkraft verpflichtet sich zur Teilnahme an Prüfungen und Konferenzen, die ihre Unterrichtsfächer betreffen, sofern die Teilnahme aus zwingenden Gründen erforderlich ist.

Diese Verpflichtung bleibt auch nach Beendigung der Unterrichtstätigkeit als Lehrkraft bestehen.

6. Die für jede Unterrichtsstunde zu zahlende Vergütung entspricht dem Vergütungssatz für eine Mehrarbeitsunterrichtsstunde für Lehrer im Angestelltenverhältnis an beruflichen Schulen (Nr. 3.6 des Runderlasses des Kultusministers Nordrhein-Westfalen vom 22.08.1980, GMBl. NW 1980, S. 319, in der jeweils geltenden Fassung).

Dieselbe Vergütung wird bei der Teilnahme an Prüfungen und Konferenzen für volle 45 Minuten Teilnahme gezahlt; es ist jedoch mindestens die Vergütung für 45 Minuten zu zahlen.

Zur Abgeltung aller mit der Unterrichtsstunde verbundenen Erschwernisse, wie Arbeiten mit gesundheitsschädigenden, ätzenden oder giftigen Stoffen, wird zusätzlich je Unterrichtstag oder Prüftag die Hälfte der Vergütung für eine Unterrichtsstunde gezahlt.

…”

Die Klägerin unterrichtete über den vereinbarten Fristablauf hinaus weiter. Am 2. November 1987 wurde eine mit „Vertrag” überschriebene Vereinbarung abgeschlossen. Danach hatte die Klägerin insgesamt 440 Unterrichtsstunden im Schuljahr zu leisten. Wörtlich heißt es in diesem Vertrag:

„Der Einsatz richtet sich nach dem Arbeitsanfall. Dieser ergibt sich aus einem von der Lehranstalt aufzustellenden Unterrichtsstundenplan, der der Lehrkraft jeweils mindestens 4 Tage im voraus zur Kenntnis gegeben wird.

Als Arbeitszeit werden pro Einsatztag zwei Stunden zu 45 Minuten vereinbart. Sollten sich aus dem jeweiligen Unterrichtsstundenplan an einem Einsatztag höhere Stundenzahlen ergeben, so gelten diese jeweils als vereinbart.”

Die Ziffern 1 Abs. 1, 2–4, 6, 8 des Vertrages vom 2. November 1987 entsprechen im wesentlichen den Ziffern 1,5–9 des „Arbeitsvertrages” vom 27. Januar 1985.

Vor Abschluß des Vertrages vom 2. November 1987 hatte die Beklagte die Zustimmung des Personalrats eingeholt; in dem Antrag heißt es, der Arbeitsvertrag mit der Klägerin sei bis zum Ablauf des Schuljahres 1986/87 befristet gewesen, nunmehr seien unbefristete Arbeitsverträge vorgesehen.

Im Jahre 1989 wollte die Beklagte die Stundenzahl für die Klägerin reduzieren. Sie beabsichtigte den Ausspruch einer Änderungskündigung und beteiligte deshalb erneut den Personalrat. Am 25. Juli 1989 kam es zum Abschluß eines „Änderungsvertrag(es) zum Vertrag vom 02. November 1987”, mit dem die Zahl der Unterrichtsstunden auf 220 im Schuljahr herabgesetzt wurde. Die Beklagte übersandte der Klägerin ein Exemplar des Änderungsvertrages, wobei sie als Betreff „Ihr Arbeitsverhältnis” angab.

Nach eigenen Angaben verdiente die Klägerin 1992 bei der Beklagten 37.413,85 DM und aufgrund einer unregelmäßig vertretungsweise in einer Apotheke ausgeübten Tätigkeit 21.970,00 DM brutto.

Mit Schreiben vom 11. Mai 1993 teilte die Beklagte der Klägerin mit, ihre Lehrtätigkeit werde nunmehr als freiberufliche Tätigkeit gewertet. Nach nochmaliger Überprüfung sei die AOK zu dem Ergebnis gekommen, daß die Beschäftigung auch in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht freiberuflich sei. Damit entfalle ab 1. Mai 1993 die Sozialversicherungspflicht insgesamt, 1988 hatte die Beklagte der Krankenversicherung der Klägerin auf Antrage mitgeteilt, die AOK habe bei ihrer letzten Betriebsprüfung wiederum festgestellt, daß es sich um ein Arbeitsverhältnis im sozialversicherungsrechtlichen Sinne handele. Das zuständige Finanzamt hatte die Tätigkeit der teilzeitbeschäftigten Lehrkräfte an der Lehranstalt von vornherein als selbständige Tätigkeit eingeordnet, die nicht der Lohnsteuer unterliege. Dementsprechend führte die Beklagte auch keine Lohnsteuerbeträge zu Lasten der Klägerin ab.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, in einem Arbeitsverhältnis zu stehen. Sie hat vorgetragen: Nach Ablauf des befristeten Arbeitsvertrages sei das Arbeitsverhältnis unbefristet fortgesetzt worden. Sie sei nicht durch Abschluß des „Vertrages” vom 2. November 1987 zur freien Mitarbeiterin geworden. Dazu hätte die Beklagte eine Änderungskündigung aussprechen müssen.

Im übrigen werde das Beschäftigungsverhältnis auch tatsächlich als Arbeitsverhältnis gehandhabt. Sie sei an die Ausbildungs- und Prüfungsordnungen für PTA gebunden. Die Beklagte habe ihr Stoffpläne als Vorgabe für die Unterrichtsgestaltung ausgehändigt. Die Beklagte bestimme einseitig Lage und Umfang der Unterrichtszeit und gebe vor, ob sie im Ober- oder Unterkurs unterrichte. Zum Teil würden die Stundenpläne für jede Woche neu erstellt. Zwar werde sie gelegentlich nach ihren Wünschen hinsichtlich der Unterrichtszeiten gefragt. Ihren Vorstellungen habe man aber nur selten Rechnung getragen. Sie müsse ein Klassenbuch führen und laufende Leistungskontrollen durchführen. Die Teilnahme an den regelmäßig anberaumten Fachkonferenzen sei verbindlich. Die Schulleitung erteile in erheblichem Umfang auch Weisungen zum Inhalt und zur Gestaltung des Unterrichts. Sie habe an Prüfungen teilzunehmen und sei angewiesen worden, schwächere Schüler besonders zu fördern. Ihr Unterricht sei insgesamt dem an allgemeinbildenden Schulen vergleichbar. Sie sei daher auch nach der typisierenden Betrachtungsweise des Senats Arbeitnehmerin.

Die Klägerin hat beantragt

festzustellen, daß zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, das Beschäftigungsverhältnis sei kein Arbeits-, sondern ein freies Mitarbeiterverhältnis. Der Status richte sich nicht nach der Bezeichnung des Vertragsverhältnisses, sondern nach objektiven Umständen. Durch Abschluß des „Vertrages” vom 2. November 1987 habe sich ein etwa bestehendes Arbeitsverhältnis in ein freies Mitarbeiterverhältnis umgewandelt. Das Beschäftigungsverhältnis sei auch als freies Mitarbeiterverhältnis durchgeführt worden. Die Lehrinhalte seien der Klägerin lediglich rahmenmäßig vorgegeben worden. Dabei habe es nur eine Aufzählung des Lehrstoffes ohne Vorgaben der Reihenfolge und des zeitlichen Umfangs gegeben. Die Klägerin könne bei der Stundenplangestaltung Wünsche äußern. Diese würden im Rahmen des Möglichen auch berücksichtigt. Die ihr obliegenden Nebenarbeiten ergäben sich aus der übernommenen Dienstleistungsverpflichtung. Auch von freien Mitarbeitern werde erwartet, daß sie die Schüler zu dem angestrebten Berufsabschluß führten. Dazu gehöre auch, Schwächere im Rahmen der Praktika besonders zu fördern und hierdurch an das Berufsziel heranzuführen. Zudem sei die Klägerin nicht verpflichtet, Vertretungen zu übernehmen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht ihr stattgegeben. Mit der Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet. Die Vorinstanzen haben zutreffend erkannt, daß die Klägerin Arbeitnehmerin der Beklagten ist.

I. Die Parteien streiten um die Arbeitnehmereigenschaft der Klägerin ab Beginn ihres Beschäftigungsverhältnisses, also für die Zeit ab 7. Januar 1986. So ist der Feststellungsantrag der Klägerin trotz seiner gegenwartsbezogenen Formulierung zu verstehen. Das haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat noch einmal klargestellt. Auch die Vorinstanzen haben in der Sache über die Arbeitnehmereigenschaft der Klägerin während der gesamten Dauer der Beschäftigung entschieden.

II. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats unterscheidet sich das Arbeitsverhältnis von dem Rechtsverhältnis eines freien Mitarbeiters durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit, in der sich der zur Dienstleistung Verpflichtete befindet. Arbeitnehmer ist derjenige Mitarbeiter, der seine Dienstleistung im Rahmen einer von Dritten bestimmten Arbeitsorganisation erbringt. Wer in eine fremde Arbeitsorganisation eingegliedert ist, ist – anders als der selbständige Unternehmer – typischerweise auf die Anwendung arbeitsrechtlicher Vorschriften angewiesen.

1. Für Lehrkräfte außerhalb von Universitäten und Hochschulen hat das Bundesarbeitsgericht diese Grundsätze dahin konkretisiert, daß diejenigen, die an allgemeinbildenden Schulen unterrichten, in aller Regel Arbeitnehmer sind, auch wenn es sich bei ihrem Unterricht um eine nebenberufliche Tätigkeit handelt (Urteil vom 16. März 1972 – 5 AZR 460/71 – AP Nr. 10 zu § 611 BGB Lehrer, Dozenten; BAGE 37, 305, 312 ff. = AP Nr. 65 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu B I 1 der Gründe). Dagegen können Volkshochschuldozenten, die außerhalb schulischer Lehrgänge unterrichten, und Musikschullehrer auch als freie Mitarbeiter beschäftigt werden, und zwar selbst dann, wenn es sich bei ihrem Unterricht um aufeinander abgestimmte Kurse mit vorher festgelegtem Programm handelt (BAG Urteil vom 26. Januar 1977 – 5 AZR 796/75 – AP Nr. 13 zu § 611 BGB Lehrer, Dozenten; BAGE 37, 58 und 39, 329 = AP Nr. 22, 32 zu § 611 BGB Lehrer, Dozenten). Sie sind u.a. dann Arbeitnehmer, wenn im Einzelfall festzustellende Umstände hinzutreten, aus denen sich ergibt, daß der für das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses erforderliche Grad der persönlichen Abhängigkeit gegeben ist. Solche Umstände können etwa sein das vom Schulträger beanspruchte Recht, die zeitliche Lage der Unterrichtsstunden einseitig zu bestimmen oder das Rechtsverhältnis umfassend durch – einseitig erlassene – „Dienstanweisung” zu regeln (Senatsurteil vom 24. Juni 1992 – 5 AZR 384/91 – AP Nr. 61 zu § 611 BGB Abhängigkeit; vgl. auch BAG Urteil vom 13. November 1991 – 7 AZR 31/91BAGE 69, 62 = AP Nr. 60 zu § 611 BGB Abhängigkeit).

2. Das Bundesarbeitsgericht hat in ständiger Rechtsprechung ausgeführt, daß es für die rechtliche Einordnung eines Vertrages als Arbeitsvertrag oder freier Mitarbeitervertrag nicht darauf ankommt, wie die Parteien das Arbeitsverhältnis bezeichnen. Der Status des Beschäftigten richtet sich nicht nach den subjektiven Vorstellungen der Vertragspartner, sondern danach, wie die Vertragsbeziehung nach ihrem objektiven Geschäftsinhalt einzuordnen ist. Der wirkliche Geschäftsinhalt ist den ausdrücklich getroffenen Vereinbarungen und der praktischen Durchführung des Vertrages zu entnehmen. Wird der Vertrag abweichend von den ausdrücklich getroffenen Vereinbarungen vollzogen, ist die tatsächliche Durchführung maßgebend. Zur Begründung hat der Senat ausgeführt, durch Parteivereinbarung könne die Bewertung einer Rechtsbeziehung als Arbeitsverhältnis nicht abbedungen und der Geltungsbereich des Arbeitnehmerschutzes nicht eingeschränkt werden. Bereits aus dieser Begründung folgt, daß die dargestellten Grundsätze nur für solche Fälle gelten, in denen die Parteien ihr Rechtsverhältnis gerade nicht als Arbeitsverhältnis bezeichnet haben, sondern etwa als freies Mitarbeiter- oder Dienstverhältnis (vgl. etwa BAG Urteil vom 20. Juli 1994 – 5 AZR 627/93BAGE 77, 226 = AP Nr. 73 zu § 611 BGB Abhängigkeit). Haben die Parteien dagegen ein Arbeitsverhältnis vereinbart, so ist es auch als solches einzuordnen. So hat der Senat in Bezug auf Lehrkräfte mehrfach ausgesprochen, daß diese Arbeitnehmer sind, wenn die Parteien es vereinbart haben (BAG Urteil vom 24. Juni 1992 – 5 AZR 384/91 – AP Nr. 61 zu § 611 BGB Abhängigkeit; Urteile vom 1. November 1995 – 5 AZR 84/94 – NZA 1996, 813, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen; und – 5 AZR 880/94 – NZA 1996, 816).

An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest. Die Schutzfunktion des Arbeitsrechts erfordert seine Anwendung auf alle Sachverhalte, in denen der Mitarbeiter seine vertraglich geschuldete Dienstleistung im Rahmen einer von Dritten bestimmten Arbeitsorganisation erbringt. Ein freies Mitarbeiterverhältnis kann daher durch die tatsächliche Erteilung von Weisungen und deren Befolgung zu einem Arbeitsverhältnis werden. Hieraus folgt aber nicht, daß ein Rechtsverhältnis, das als Arbeitsverhältnis vereinbart wurde, durch bloße Nichtausübung der Weisungsrechte zu einem freien Mitarbeiter- oder Dienstverhältnis würde oder gar – wie die Revision annimmt – von vornherein als solches zu qualifizieren sei.

Dies hindert die Parteien eines Arbeitsverhältnisses allerdings nicht zu vereinbaren, daß ihr Rechtsverhältnis künftig als freies Mitarbeiterverhältnis fortgesetzt wird. Wegen der weitreichenden Folgen für den bisherigen Arbeitnehmer ist aber zu verlangen, daß eine solche Vereinbarung klar und unmißverständlich getroffen wird. Eine bloße andere Bezeichnung des bisherigen Arbeitsverhältnisses reicht dafür nicht aus. Eine derartige Änderungsvereinbarung ist auch nur dann wirksam, wenn die Parteien die Bedingungen, unter denen die Dienste zu leisten sind, vertraglich so gestalten, daß eine Eingliederung in die fremde Arbeitsorganisation nicht mehr stattfindet, und das Vertragsverhältnis dann auch so durchführen.

III. Für den Streitfall gilt folgendes:

1. Es bedarf keiner Entscheidung, ob die Vertragsfreiheit es erlaubt, die Anwendung des Arbeitsrechts auch für solche Fälle zu vereinbaren, in denen der Mitarbeiter seine Dienstleistung nicht im Rahmen einer von Dritten bestimmten Arbeitsorganisation erbringt. Denn die Parteien hatten ihren Vertrag vom 27. Januar 1985 nicht nur als Arbeitsvertrag bezeichnet, sondern auch Bedingungen vereinbart, nach denen die Klägerin ihre Dienste im Rahmen der von der Beklagten bestimmten Arbeitsorganisation zu erbringen hatte. Die Beklagte hatte ein umfassendes Weisungsrecht. Das hat das Landesarbeitsgericht richtig erkannt.

Durch Vertrag vom 2. November 1987 haben die Parteien den Status der Klägerin nicht verändert. Auch darin ist dem Landesarbeitsgericht zuzustimmen. Eine Vereinbarung, daß der Beklagten ein für Arbeitsverträge mit Lehrkräften typisches Weisungsrecht nicht mehr zustehen sollte, ist auch später nicht zustande gekommen. Dabei kann zugunsten der Beklagten unterstellt werden, daß sie die Terminwünsche der Klägerin im Rahmen des Möglichen berücksichtigt.

a) Die Beklagte hatte sich durch Nr. 4 Abs. 2 des Arbeitsvertrages vom 27. Januar 1985 ein Weisungsrecht hinsichtlich der zeitlichen Lage des Unterrichts einräumen lassen. Auch Nr. 6 und 8 dieses Vertrages deuten auf ein Arbeitsverhältnis hin. Bereits daraus ergibt sich die Arbeitnehmereigenschaft, und zwar sowohl nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats (Urteil vom 24. Juni 1992 - 5 AZR 384/91 - AP Nr. 61 zu § 611 BGB Abhängigkeit), als auch nach der des Siebten Senats (BAGE 69, 62 = AP Nr. 60 zu § 611 BGB Abhängigkeit). Auf die Frage, ob die Unterrichtstätigkeit an der Lehranstalt für pharmazeutisch-technische Assistenten schon wegen ihrer Art und Organisation typischerweise nur in einem Arbeitsverhältnis ausgeübt werden kann, wie der Senat für den Unterricht an allgemeinbildenden Schulen angenommen hat, kommt es daher nicht mehr an.

Die Vereinbarung vom 2. November 1987 ist zwar nicht mehr mit "Arbeitsvertrag" überschrieben, sondern nur noch mit "Vertrag". Darin liegt aber keine Änderung des Status der Klägerin. Die Beklagte behauptet selbst nicht, eine solche Statusänderung angestrebt zu haben. Andernfalls hätte sie sicher nicht vorbehaltlos den Personalrat eingeschaltet und auch später - 1989 - der Klägerin den nochmals geänderten Vertrag unter dem Betreff "Ihr Arbeitsverhältnis" zugesandt. Auch die Klägerin hat keine Willenserklärung dahin abgegeben, ihren Status als Arbeitnehmerin aufzugeben. Es fehlt also bereits an einer klaren und unmißverständlichen Vereinbarung der Parteien.

Hinzu kommt, daß die beiden Vereinbarungen in vielen Punkten gleich lauten und daß sich die Beklagte durch den Vertrag vom 2. November 1987 ein noch weitergehendes Direktionsrecht hat einräumen lassen als im "Arbeitsvertrag" zuvor. Der Vertrag vom 2. November 1987 enthält in Nr. 1 Abs. 2 die - von § 4 Abs. 1 BeschFG abweichende - Bestimmung, daß sich der "Einsatz ... nach dem Arbeitsanfall richtet". Nach dem Vertragswortlaut hatte die Beklagte damit das Recht, die Zahl der zu leistenden Stunden festzusetzen. Ferner heißt es wiederum ausdrücklich, daß der Unterrichtsplan von der Lehranstalt aufzustellen ist. Die Bestimmung, daß der Unterrichtsplan "der Lehrkraft mindestens vier Tage im Voraus zur Kenntnis gegeben wird", entspricht § 4 Abs. 2 BeschFG. Mit der Vereinbarung einer Arbeitszeit von zwei Stunden pro Einsatztag wird § 4 Abs. 3 BeschFG Rechnung getragen, wonach der Arbeitnehmer bei Fehlen einer Vereinbarung über die tägliche Arbeitszeit jeweils mindestens drei aufeinander folgende Stunden in Anspruch zu nehmen ist.

b) Die Parteien haben zu keinem Zeitpunkt vereinbart, daß ihr Arbeitsverhältnis als freies Mitarbeiterverhältnis fortgeführt wird. Eine solche Vereinbarung folgt auch nicht aus der Vertragspraxis. Es mag sein, daß die Beklagte ihr Weisungsrecht nur zurückhaltend ausgeübt und bei der Aufstellung der Stundenpläne die Einsatzwünsche der Klägerin soweit als möglich berücksichtigt hat. Die Beklagte behauptet selbst nicht, daß sie alle Einsatzzeiten und Einsatzarten jeweils mit der Klägerin abgesprochen hat. Es ist durchaus nicht ungewöhnlich, daß der Arbeitgeber bei Ausübung seines Weisungsrechts - nicht zuletzt in eigenem Interesse - auf Wünsche seiner Arbeitnehmer eingeht. Das gilt gerade für qualifizierte Tätigkeiten wie die von Lehrkräften. Das gilt auch für Teilzeitbeschäftigte, von denen der Arbeitgeber von vornherein nicht erwarten kann, daß sie in demselben Umfang wie Vollzeitkräfte zur Verfügung stehen. Die Rücksichtnahme auf Wünsche ändert nichts daran, daß die Beklagte die Unterrichtspläne einseitig festlegt und diese nicht mit der Klägerin vereinbart.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1100148

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