Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung bei ständiger Unterstellung von Angestellten

 

Leitsatz (amtlich)

Die “ständige Unterstellung von Angestellten” i. S. der VergGr. Ib, Ia und I BAT setzt voraus, daß zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, bei denen – für sich genommen – dem Angestellten die erforderliche Zahl von Angestellten unterstellt ist.

 

Normenkette

BAT 1975 §§ 22-23; BAT 1975 Anlage 1a, Teil I, VergGr. I Fallgruppe 1b

 

Verfahrensgang

LAG Niedersachsen (Urteil vom 17.04.1991; Aktenzeichen 4 (3) Sa 1779/90 E)

ArbG Osnabrück (Urteil vom 04.09.1990; Aktenzeichen 1 Ca 329/90 E)

 

Tenor

Auf die Revision des beklagten Landes wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 17. April 1991 – 4 (3) Sa 1779/90 E – aufgehoben.

Auf die Berufung des beklagten Landes wird das Urteil des Arbeitsgerichts Osnabrück vom 4. September 1990 – 1 Ca 329/90 E – abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Der Kläger hat von 1966 bis 1969 sieben Semester die Pädagogische Hochschule Niedersachsen, Abteilung Göttingen, besucht und dort am 6. Dezember 1969 die “Prüfung für das Lehramt an Volksschulen” bestanden. Von 1970 bis 1972 studierte er an derselben Hochschule die Fächer Pädagogik, Soziologie und Psychologie.

Seit 1. Mai 1972 steht der Kläger in den Diensten des beklagten Landes. Im schriftlichen Arbeitsvertrag vom 18. April 1972 haben die Parteien die Anwendung des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) und der diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträge auf das Arbeitsverhältnis vereinbart.

Mit Schreiben des Rektors der Universität O… vom 1. März 1974 wurde der Kläger mit Wirkung zum 1. März 1974 mit der Leitung des Zentrums für pädagogische Berufspraxis und wissenschaftliche Weiterbildung der Universität O… (ZpB) betraut. Das ZpB ist gemäß § 1 Abs. 1 der Ordnung des Zentrums für pädagogische Berufspraxis an der Universität O… (Ordnung ZpB) in Verbindung mit § 108 Abs. 1 Niedersächsisches Hochschulgesetz eine zentrale Einrichtung der Universität O…. Es hat gemäß § 3 Abs. 1 Ordnung ZpB, § 108 Abs. 1 Niedersächsisches Hochschulgesetz die Aufgabe, der gemeinsamen Kommission für Lehrerausbildung bei der Erfüllung ihre Aufgaben gemäß § 100 Niedersächsisches Hochschulgesetz zu dienen. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 Ordnung ZpB ist der Leiter des Zentrums für pädagogische Berufspraxis Vorgesetzter der Bediensteten. Im ZpB sind mindestens vier Angestellte mindestens der VergGr. IIa BAT beschäftigt.

Mit Schreiben des Präsidenten der Universität O… vom 24. April 1981 wurde dem Kläger zusätzlich die Leitung der zentralen Studienberatungsstelle für die Hochschulregion O… (ZSB) übertragen. Die ZSB ist gemäß § 1 der Ordnung für die gemeinsame zentrale Studienberatungsstelle der Hochschulregion O – … (Ordnung ZSB) als Betriebseinheit i.S. von § 102 Niedersächsisches Hochschulgesetz errichtet und hat gemäß § 2 Abs. 1 Ordnung ZSB, § 24 Niedersächsisches Hochschulgesetz die Aufgabe der allgemeinen Studien- und Studentenberatung. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 3 Ordnung ZSB ist der Leiter der ZSB unmittelbarer Vorgesetzter der Mitarbeiter. In der ZSB sind mindestens vier Angestellte mindestens der VergGr. IIa BAT beschäftigt.

Dem Kläger obliegen folgende Tätigkeiten mit den angegebenen Zeitanteilen an der Gesamtarbeitszeit:

1.

Leitung der ZSB für die Hochschulregion O… – … (Personalplanung, Personalführung, Planung von Schwerpunktaktivitäten und Koordination der lfd. Beratungstätigkeiten, Haushaltsplanung sowie Geschäftsführung des gemeinsamen Ausschusses)

40 %

2.

Leitung des Zentrums für pädagogische Berufspraxis und wiss. Weiterbildung (Grundsatzangelegenheiten, Personalplanung, Planung von Schwerpunktaktivitäten außerhalb des lfd. Geschäftsbetriebes)

15 %

3.

Beratung und Information über allgemeine Ausbildungs- und Studienmöglichkeiten im Hochschulbereich, Strukturierung und Motivationsklärung der Berufs- und Studienwünsche, Bereitstellung von Entscheidungshilfen bei der Findung alternativer Studien- und Berufsperspektiven im universitären-, fachhochschul- und außeruniversitären Bereich

5 %

4.

Studienbegleitende Beratung und Koordination der Fachberatung in Zusammenarbeit mit den Studienkommissionen in den Fachbereichen

20 %

5.

Beratung und Information über hochschulische und außerhochschulische Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten nach Abschluß eines ersten Studiums sowie studienabschließende Beratung in Zusammenarbeit mit dem örtlichen Arbeitsamt, der zentralen Arbeitsvermittlung in Frankfurt, den Prüfungsämtern und Studienkommissionen, insbesondere…

10 %

6.

Ausbau und Betreuung des Informations- und Dokumentationssystems der ZSB, Erstellung von studiengangsbezogenen Merkblättern, …

10 %

Der Kläger erhält derzeit Vergütung nach VergGr. Ia BAT. Mit Schreiben vom 17. November 1989 hat er erfolglos seine Höhergruppierung in die VergGr. I BAT beantragt.

Der Kläger hat vorgetragen, mehr als die Hälfte der ihm übertragenen und von ihm ausgeübten Tätigkeiten erfüllten die Tätigkeitsmerkmale der VergGr. I Fallgr. 1b der Anlage 1a zum BAT. Dies ergebe sich bereits aus seiner Arbeitsplatzbeschreibung. Er habe eine abgeschlossene wissenschaftliche Hochschulbildung. Zur Erfüllung seiner Aufgaben benötige er Kenntnisse zahlreicher Rechtsvorschriften, Erfahrungen im universitären Bereich sowie umfangreiche und detaillierte Kenntnisse des Bildungs- und Beschäftigungssystems. Als Leiter des Zentrums für pädagogische Berufspraxis und der zentralen Studienberatungsstelle seien ihm mindestens acht Angestellte mindestens der VergGr. IIa BAT durch ausdrückliche Anordnung des beklagten Landes ständig unterstellt.

Der Kläger hat beantragt

festzustellen, daß das beklagte Land verpflichtet ist, dem Kläger Vergütung nach VergGr. I der Anlage 1a zum BAT seit dem 1. Juni 1989 zu zahlen.

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat die Auffassung vertreten, der Kläger übe keine einer wissenschaftlichen Hochschulbildung entsprechende Tätigkeit aus. Die Angestellten mindestens der VergGr. IIa BAT seien dem Kläger nicht ständig unterstellt im Tarifsinne, da die hierfür erforderliche ausdrückliche Anordnung fehle. Im übrigen erfülle keiner der bei der Tätigkeit des Klägers anfallenden Arbeitsvorgänge für sich genommen die Anforderungen der VergGr. I BAT Fallgr. 1b. Die Leitung des Zentrums für pädagogische Berufspraxis und die Leitung der zentralen Studienberatungsstelle seien eigenständige Arbeitsvorgänge, wobei dem Kläger allenfalls jeweils vier Angestellte mindestens der VergGr. IIa BAT unterstellt seien.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des beklagten Landes zurückgewiesen.

Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt das beklagte Land sein Klageabweisungsbegehren weiter. Der Kläger beantragt Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der vorinstanzlichen Urteile und zur Klageabweisung. Das beklagte Land ist nicht verpflichtet, dem Kläger Vergütung nach VergGr. I BAT zu zahlen. Denn der Kläger erfüllt nicht das Tätigkeitsmerkmal der von ihm in Anspruch genommenen Fallgr. 1b dieser Vergütungsgruppe. Ihm sind bei keinem der für seine Eingruppierung maßgebenden Arbeitsvorgänge mindestens acht Angestellte der VergGr. IIa BAT unterstellt.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft einzelvertraglicher Vereinbarung der BAT als Vertragsrecht Anwendung. Damit hängt die Entscheidung des Rechtsstreits davon ab, ob die Hälfte der Gesamtarbeitszeit des Klägers ausfüllende Arbeitsvorgänge einem Tätigkeitsmerkmal der von ihm in Anspruch genommenen VergGr. I BAT entsprechen (§ 22 Abs. 1, Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 BAT). Dabei ist von dem von der Senatsrechtsprechung entwickelten Begriff des Arbeitsvorganges auszugehen, nach dem darunter eine unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten und bei Berücksichtigung einer sinnvollen, vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbare und rechtlich selbständig zu bewertende Arbeitseinheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit eines Angestellten zu verstehen ist (BAGE 51, 59, 65 = AP Nr. 115 zu § 22, 23 BAT 1975; BAGE 51, 282, 287 = AP Nr. 116 zu §§ 22, 23 BAT 1975; BAGE 51, 356, 360 = AP Nr. 120 zu §§ 22, 23 BAT 1975).

Das Landesarbeitsgericht geht in einer Hilfserwägung ohne nähere Begründung von zwei Arbeitsvorgängen aus, soweit es die Leitung der beiden Institute ZpB und ZSB betrifft. Dies trifft im Ergebnis zu. Dem Kläger obliegt nach der unstreitigen Tätigkeitsbeschreibung während 40 v. H. seiner Arbeitszeit die Leitung der ZSB und während 15 v. H. seiner Arbeitszeit die Leitung des ZpB. Beide Leitungstätigkeiten sind je ein einzelner Arbeitsvorgang, da sie voneinander tatsächlich trennbar sind und auch die Parteien bestimmte Zeitanteile der Arbeitszeit des Klägers nur je einer Leitungstätigkeit zuordnen. Die Leitungstätigkeit für jedes der beiden Institute ist nicht in weitere Arbeitsvorgänge aufspaltbar. Arbeitsergebnis des Klägers ist jeweils die nach der Ordnung ZSB und der Ordnung ZpB beschriebene Leitungsaufgabe. Alle bei der Tätigkeitsbeschreibung zu 1 (ZSB) und 2 (ZpB) aufgeführten Einzelaufgaben sind typische Leitungsaufgaben, dienen damit dem Arbeitsergebnis “Leitung” und sind von diesem nicht abspaltbar. Ob die weiteren Tätigkeiten des Klägers zu Ziff. 3 bis 6 der Tätigkeitsbeschreibung den jeweiligen Leitungsaufgaben als Zusammenhangstätigkeiten zugeordnet werden können (Tätigkeiten zu 3, 4 und 6 der Leitungstätigkeit zu 1, Tätigkeit zu 5 der Leitungstätigkeit zu 2), kann offenbleiben, da insoweit vom Kläger das besondere Qualifikationsmerkmal der VergGr. I BAT “Unterstellung von Angestellten der VergGr. II a” nicht behauptet wird und diese Tätigkeiten weniger als die Hälfte der Arbeitszeit des Klägers in Anspruch nehmen.

Für die Eingruppierung des Klägers sind danach folgende Tätigkeitsmerkmale des Teils I der Anlage 1a zum BAT heranzuziehen:

  • VergGr. IIa
  • Angestellte mit abgeschlossener wissenschaftlicher Hochschulbildung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben.

    (Hierzu Protokollnotiz Nr. 1)

  • VergGr. Ib
  • Angestellte mit abgeschlossener wissenschaftlicher Hochschulbildung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben,

    denen mindestens drei Angestellte mindestens der VergGr. IIa durch ausdrückliche Anordnung ständig unterstellt sind.

    (Hierzu Protokollnotizen Nrn. 1 und 6)

  • VergGr. Ia
  • Angestellte mit abgeschlossener wissenschaftlicher Hochschulbildung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben,

    denen mindestens fünf Angestellte mindestens der VergGr. IIa durch ausdrückliche Anordnung ständig unterstellt sind.

    (Hierzu Protokollnotizen Nrn. 1 und 6)

  • VergGr. I
  • Angestellte mit abgeschlossener wissenschaftlicher Hochschulbildung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben,

    denen mindestens acht Angestellte mindestens der VergGr. IIa durch ausdrückliche Anordnung ständig unterstellt sind.

    (Hierzu Protokollnotizen Nrn. 1 und 6).

Da die VergGr. I BAT Fallgr. 1b auf den VergGr. IIa, Ib und Ia BAT aufbaut, ist zunächst das Vorliegen der Merkmale der Ausgangsfallgruppe und als dann das Vorliegen der weiteren qualifizierenden Tätigkeitsmerkmale zu überprüfen (vgl. BAG Urteil vom 20. März 1991 – 4 AZR 471/90 – zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen; BAGE 51, 282, 292 = AP Nr. 116 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Diese Überprüfung ergibt, daß der Kläger entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts das Merkmal der VergGr. IIa BAT “abgeschlossene wissenschaftliche Hochschulbildung” nicht erfüllt.

Nach dem Klammerzusatz der Fallgr. 1a der VergGr. IIa BAT ist für den Begriff der abgeschlossenen wissenschaftlichen Hochschulbildung die Protokollnotiz Nr. 1 zu Teil I der Anlage 1a zum BAT heranzuziehen. Hiernach sind wissenschaftliche Hochschulen “Universitäten, technische Hochschulen sowie andere Hochschulen, die nach Landesrecht als wissenschaftliche Hochschulen anerkannt sind”. Die (ehemalige) Pädagogische Hochschule Niedersachsen, die der Kläger besucht hat, ist keine wissenschaftliche Hochschule in diesem Sinne. Die nach Landesrecht als wissenschaftliche Hochschulen anerkannten Hochschulen ergeben sich aus § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Niedersächsischen Hochschulgesetzes (vgl. BAG Urteil vom 23. Oktober 1991 – 4 AZR 500/90 – nicht veröffentlicht; Böhm/Spiertz/Sponer/Steinherr, BAT, Teil II, Anlage 1a/BL Teil I Protokollnotiz Nr. 1 Rz 2). Die Pädagogische Hochschule Niedersachsen ist hier weder in der heutigen noch in der gleichlautenden Erstfassung des Gesetzes vom 1. Juni 1978 (Nds. GVBl. 1978, 473) aufgeführt. Sonstiges, insbesondere zum Zeitpunkt des Studiums des Klägers geltendes Landesrecht, nach welchem die Pädagogische Hochschule Niedersachsen als wissenschaftliche Hochschule anerkannt war, wurde vom Kläger nicht behauptet und ist auch nicht ersichtlich.

Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts führt auch nicht die “Kombination eines Studiums für Grund- und Hauptschule i. Verb. m. einem pädagogischen Aufbaustudium” zu einer abgeschlossenen Hochschulbildung. Das vom Landesarbeitsgericht als pädagogisches Aufbaustudium bezeichnete Studium hat der Kläger nämlich ebenfalls an der Pädagogischen Hochschule Niedersachsen und damit nicht an einer wissenschaftlichen Hochschule im Tarifsinne absolviert.

Ob der Kläger als sonstiger Angestellter i. S. der VergGr. IIa BAT Fallgr. 1a angesehen werden kann, der aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und seiner Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausübt, hat das Landesarbeitsgericht – von seinem Standpunkt aus zu Recht – nicht geprüft und kann auch vom Senat wegen insoweit fehlender tatsächlicher Feststellungen nicht geprüft werden. Gleichwohl braucht der Rechtsstreit nicht zur weiteren Sachaufklärung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen zu werden, weil die Klage bereits aus anderen Gründen abweisungsreif ist. Denn der Kläger erfüllt nicht das Qualifikationsmerkmal der VergGr. I BAT Fallgr. 1b, daß ihm “mindestens acht Angestellte mindestens der VergGr. IIa … unterstellt sind”.

Nach § 22 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 BAT müssen zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals der vom Angestellten in Anspruch genommenen Vergütungsgruppe – hier: VergGr. I BAT – erfüllen. Bei der Tätigkeit des Klägers fällt jedoch kein einziger Arbeitsvorgang an, der die Anforderungen der Unterstellung von acht Angestellten erfüllt. Vielmehr sind dem Kläger bei zwei verschiedenen Arbeitsvorgängen nur je vier Angestellte unterstellt. Diese beiden Arbeitsvorgänge könnten zur Feststellung der Zahl der unterstellten Angestellten nur dann zusammengefaßt werden, wenn im Sinne des § 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 2 BAT die Erfüllung der Anforderungen in der Regel erst bei der Betrachtung mehrerer Arbeitsvorgänge festgestellt werden kann, wobei die Tarifvertragsparteien hierfür das Beispiel “vielseitige Fachkenntnisse” nennen. Diese Voraussetzung ist nur dann gegeben, wenn – wie bei vielseitigen Fachkenntnissen – ein Tätigkeitsmerkmal eine qualitative Steigerung durch Zusammenfassung verschiedener Umstände beschreibt. Vielseitigkeit kann erst aufgrund einer Gesamtbetrachtung festgestellt werden. Demgegenüber stellt die Zahl von unterstellten Mitarbeitern keine Qualifikation dar, die nur bei einer zusammenfassenden Betrachtung und nicht bei isolierter Betrachtung der Arbeitsvorgänge festgestellt werden kann.

Diese Auslegung entspricht auch dem Sinn des Tätigkeitsmerkmals “mindestens acht Angestellte … ständig unterstellt”. Wenn eine bestimmte Zahl von unterstellten Angestellten zu einer höheren Eingruppierung des Vorgesetzten führt, wird damit dem Umstand Rechnung getragen, daß bei einer höheren Zahl von Untergebenen dem Vorgesetzten mehr und schwierigere Koordinationsaufgaben obliegen. Die Koordination der Arbeitsaufgaben von acht Mitarbeitern und die entsprechende Aufgabenverteilung ist schwieriger als die Koordination der Aufgaben von vier Mitarbeitern. Wenn aber – wie im vorliegenden Fall – ein Angestellter zwei getrennte Arbeitsbereiche führt und insoweit nach dem festgestellten Sachverhalt keine übergeordnete Koordination erforderlich ist, hat er nur innerhalb des jeweiligen Arbeitsbereichs die Arbeit zu koordinieren, d. h. im vorliegenden Fall jeweils nur die Arbeit von vier Angestellten.

Wollte man der gegenteiligen Auffassung folgen, müßte z. B. ein Angestellter, dem während 90 v. H. seiner Arbeitszeit ein Mitarbeiter unterstellt ist und in 10 v. H. seiner Arbeitszeit sieben Mitarbeiter, höhergruppiert werden, auch wenn es sich um zwei völlig verschiedene Arbeitsvorgänge handelte. Dies widerspräche § 22 BAT, wonach für die Eingruppierung der Arbeitsvorgang maßgebend ist, der zeitlich mindestens die Hälfte – im Beispielsfall sogar 90 v. H. – der Arbeitszeit eines Angestellten in Anspruch nimmt.

Nach der Senatsrechtsprechung sind zwar einem Angestellten mit Leitungsfunktion die untergebenen Mitarbeiter während der gesamten Arbeitszeit unterstellt, wenn die Dienst- und Fachaufsicht während der ganzen Arbeitszeit durchgeführt wird. Dabei ist es unschädlich, daß sich der Arbeitnehmer auch mit anderen Aufgaben beschäftigt, solange er nur jederzeit und sofort in der Lage ist, aktiv durch Erteilung der erforderlichen Anordnungen und fachlichen Weisungen einzugreifen (BAG Urteil vom 17. Dezember 1980 – 4 AZR 852/78 – AP Nr. 38 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Innerhalb eines Arbeitsvorgangs “Leitung einer Abteilung” sind insoweit dem Leiter die Mitarbeiter auch dann unterstellt, wenn er sich nicht gerade um sie kümmert, sondern mit anderen Aufgaben beschäftigt ist. Wenn jedoch – wie im vorliegenden Fall – einem Arbeitnehmer zwei trennbare und von ihm tatsächlich getrennte Leitungsaufgaben übertragen sind, übt er nur während seiner jeweiligen Leitungstätigkeit für die in dieser Abteilung unterstellten Mitarbeiter die Dienst- und Fachaufsicht aus, nicht jedoch gleichzeitig für die Mitarbeiter der anderen Abteilung. Andernfalls wäre die Leitungstätigkeit des Klägers tatsächlich nicht trennbar, was aber nach der unstreitigen Tätigkeitsbeschreibung nicht zutrifft, die jeder Leitungstätigkeit des Klägers (Tätigkeitsbeschreibung zu 1 und 2) einen bestimmten zeitlichen Anteil an seiner Gesamtarbeitszeit zuordnet.

Der Kläger hat als unterlegene Partei gemäß § 91 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

 

Unterschriften

Schaub, Dr. Etzel, Dr. Knapp, Schmalz

Für Richter Schneider der sich im Urlaub befindet.

Schaub

 

Fundstellen

Haufe-Index 838580

BAGE, 309

NZA 1992, 711

RdA 1992, 223

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