Entscheidungsstichwort (Thema)

Insolvenzschutz im Konzern mit Auslandsgesellschaften

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der gesetzliche Insolvenzschutz erstreckt sich auf alle Formen der betrieblichen Altersversorgung. Soweit die §§ 7 und 10 BetrAVG den Arbeitgeber nennen, meinen sie ganz allgemein denjenigen, der selbst oder über Versorgungseinrichtungen Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zusagt und erbringt.

2. Um betriebliche Altersversorgung handelt es sich auch dann, wenn der Versorgungsschuldner nicht der unmittelbare Arbeitsvertragspartner des berechtigten Arbeitnehmers ist, weil eine Konzern-Muttergesellschaft eine zentrale Unterstützungskasse führt, die konzerneinheitliche Versorgungsleistungen an die Arbeitnehmer ihrer Tochtergesellschaften erbringt.

3. Wird ein Arbeitnehmer von der Konzern-Muttergesellschaft mit einer Versorgungszusage zu einer ausländischen Verkaufsgesellschaft entsandt, die zwar ihrerseits einen Arbeitsvertrag schließt, aber nicht in die Versorgungsverpflichtung eintritt, und fällt die Konzern-Muttergesellschaft später in Konkurs, so muß der Pensions-Sicherungs-Verein die Versorgungsanwartschaft übernehmen.

 

Normenkette

BGB § 242; BetrAVG §§ 9, 1, 7, 10

 

Verfahrensgang

LAG Köln (Entscheidung vom 02.02.1983; Aktenzeichen 7 Sa 200/82)

ArbG Köln (Entscheidung vom 17.11.1981; Aktenzeichen 1 Ca 6674/81)

 

Tatbestand

Die im Jahre 1935 geborene Klägerin trat nach der Berufsausbildung und einigen anderen Arbeitsverhältnissen am 1. Oktober 1960 als kaufmännische Angestellte in die Dienste der A -WerkeAG. Bereits im Arbeitsvertrag vom 22. Juli 1960 ist vorgesehen, daß sie nach einer Einarbeitungszeit von einem Tochterunternehmen in Schweden, der A AB, übernommen wird. Unter dem Datum vom 22. Juni 1961 schloß sie mit Wirkung vom 15. Juli 1961 einen Arbeitsvertrag mit dem in Stockholm ansässigen Unternehmen. Nach Beendigung dieser Tätigkeit am 31. März 1967 kehrte sie mit Wirkung vom 1. April 1967 wieder zurück zu den A-Werken, und zwar als kaufmännische Angestellte. In zusätzlichen Vertragsbedingungen wurde die Klägerin darauf hingewiesen, daß ihre Beschäftigungszeit bei den A-Werken und bei der A AB, Stockholm, sowohl für ihr Arbeitsjubiläum als auch für ihre Teilnahme an den Leistungen der A Unterstützungsvereine angerechnet wird. Mit Schreiben vom 29. Dezember 1967 wurde die Klägerin von den A -WerkenAG und der inzwischen neu gegründeten A (ADS) Verkaufszentrale GmbH, B, davon unterrichtet, daß ihr Arbeitsverhältnis am 31. Dezember 1967 bei den A-Werken ende und in unmittelbarem Anschluß daran von der ADS Verkaufszentrale GmbH zu denselben Vertragsbedingungen übernommen werde. Ausdrücklich wurde hervorgehoben, daß die Klägerin an den Leistungen des O K Ruhegehalts- und Unterstützungsvereins e.V. gemäß einer besonderen Bestätigung des Vereinsvorstandes weiterhin teilnehme, solange und soweit nicht Leistungen gleichartiger sozialer Einrichtungen an dessen Stelle träten. Der O K Ruhegehalts- und Unterstützungsverein e.V. bestätigte der Klägerin, daß ihr durch die Übernahme des Arbeitsverhältnisses durch die ADS Verkaufszentrale keine Versorgungsnachteile erwüchsen. Unter dem Datum vom 12. Februar 1971 faßte die Arbeitgeberin, die inzwischen ADS-A GmbH firmierte, vorausgegangene Gespräche zusammen. In dem Schreiben heißt es, daß die Tätigkeit der Klägerin in der Abteilung Auslandsverkauf mit dem 15. Februar 1971 ende; ab 16. Februar 1971 werde sie für die Dauer von voraussichtlich 1 1/2 Jahren in der Verkaufsgesellschaft ADS-A-A/S, K ,Oslo, eingesetzt. Die Vertragsbedingungen blieben bestehen, soweit nicht besondere Regelungen getroffen würden. Die Dienstanweisungen der Verkaufsgesellschaft in Oslo erfolgten in ihrem Namen. Eine vorzeitige Rückberufung sei möglich, wenn wirtschaftliche Rücksichten es zweckmäßig erscheinen ließen oder wenn sie infolge Krankheit, Unfall oder aufgrund der klimatischen Verhältnisse nicht in der Lage sein sollte, den vertraglichen Pflichten nachzukommen. Die norwegische Verkaufsgesellschaft war ein Tochterunternehmen des A-Konzerns; an dem Stammkapital in Höhe von 600.000 Norwegischen Kronen waren die A-Werke AG mit 540.000 Kronen und zwei Mitarbeiter mit zusammen 60.000 Kronen beteiligt. Am 8. August 1973 teilte die ADS-A GmbH dem Vorgesetzten der Klägerin mit, daß diese im Fall ihrer Rückkehr als Sachbearbeiterin in der zentralen Auftragsabwicklung eingesetzt werde. Sofern sie sich aber entschließe, noch ein bis zwei Jahre in Oslo zu bleiben, müsse ihr späterer Einsatz erneut geklärt werden.

Unter dem Datum vom 1. November 1973 unterrichtete die Verkaufsgesellschaft in Oslo die Klägerin, daß sie ab 1. Januar 1974 ganz in ihre Dienste übernommen werde, da das Doppelbesteuerungsabkommen der Bundesrepublik mit Norwegen im Jahre 1973 auslaufe. Von diesem Zeitpunkt an wurden ihre Bezüge in Norwegen ausgezahlt. Am 29. Oktober 1975 wandte sich die Klägerin an den Personalvorstand der A-Werke AG und bat um Mitteilung, inwieweit ihre Tätigkeit in ausländischen ADS Verkaufsgesellschaften als Dienstjahre für ihre Zusatzversorgung angerechnet würden. Auf einem Briefkopf der ADS-A GmbH antwortete die A-Werke AG zugleich für den O K Ruhegehalts- und Unterstützungsverein, daß sie die im A-Unternehmensverband zurückgelegten Beschäftigungsjahre der Klägerin dem O K Unterstützungsverein als Berechnungsbasis für deren Firmenrente nennen werde. Die Klägerin werde damit den ununterbrochen in der Bundesrepublik beschäftigten Mitarbeitern gleichgestellt. Die Unverfallbarkeit ihres Anspruches sei durch das Betriebsrentengesetz gewährleistet.

Die A-Werke AG und ihre deutschen Konzerntöchter haben Leistungen der betrieblichen Altersversorgung durch die O K Stiftung gewährt, die bereits im Jahre 1940 in einen eingetragenen Verein umgewandelt worden ist. In § 2 Buchst. a der Vereinssatzung heißt es:

§ 2. Zweck und Leistungen

a) Ausschließlicher und unmittelbarer Zweck des

Vereins ist, Belegschaftsmitglieder - und zwar

Angestellte und ehemalige Angestellte der A -

-Werke AG. und deren Hinterbliebene - im

Falle der Versetzung in den Ruhestand oder in

sonstigen Fällen der Bedürftigkeit zu unter-

stützen. Zu dem Kreis der Unterstützungsanwär-

ter zählen auch

1) die Angestellten der mit der A -Werke AG.

verbundenen in - und ausländischen Tochter-

gesellschaften und Betriebsstätten,

2) die Angestellten der mit der A -Werke AG.

verbundenen Gesellschaften, sofern und so-

weit die betreffenden Personen ein Bestäti-

gungsschreiben des Vereins über eine Teilnah-

me an den Leistungen des Vereins erhielten,

3) die Handelsvertreter und ehemalige Handels-

vertreter dieser Gesellschaften

und deren Hinterbliebene. Außer für die Fest-

setzung von Ruhegehältern ist Notlage Voraus-

setzung für jede Festsetzung von Unterstützun-

gen.

....

Nach den Richtlinien des Vereins wird ein Ruhegeld bei Erreichen der Altersgrenze sowie bei Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit gezahlt. Die Höhe des Ruhegeldes richtet sich grundsätzlich nach dem Verdienst des letzten Jahres vor Eintritt des Versorgungsfalles und nach der zurückgelegten Dienstzeit. Sie beträgt nach zehn Jahren 2% des ruhegeldfähigen Entgelts und steigt für jedes weitere Dienstjahr um 1 % bis zum Höchstbetrag von 50 % des ruhegeldfähigen Einkommens. Für Beschäftigte in ausländischen Tochterunternehmen ist die Berechnung der ruhegeldfähigen Bezüge modifiziert. Träger des Unterstützungsvereins waren die A - Werke AG sowie inländische Tochtergesellschaften.

Am 27. April 1976 wurde über das Vermögen der A-Werke AG das Konkursverfahren eröffnet. Zugleich wurden inländische Tochtergesellschaften der A-Werke insolvent. Der O K Ruhegehalts- und Unterstützungsverein verlor sein gesamtes Vermögen. Das Aktienkapital des norwegischen Tochterunternehmens wurde von dessen leitenden Angestellten und einer norwegischen Bank übernommen. Der Konkursverwalter der A-Werke AG teilte der Klägerin am 5. Januar 1978 mit, daß sie wahrscheinlich eine unverfallbare Versorgungsanwartschaft in Höhe von monatlich 188,-- DM besitze. Der Beklagte werde die Forderung jedoch nach Grund und Höhe prüfen. Dieser lehnte jegliche Ansprüche ab.

Die Klägerin hat behauptet, obwohl sie seit dem 1. Januar 1974 formal in den Diensten des Unternehmens in Oslo gestanden habe, seien ihre vertragsrechtlichen Beziehungen zu den A -WerkenAG und deren Verkaufszentrale, der ADS-A GmbH, niemals gelöst worden. So sei bei den A -Werken eine Personalakte über sie geführt worden. Die Verkaufszentrale sei nur deshalb rechtlich verselbständigt worden, um eine bessere kostenmäßige Erfassung von Produktion und Vertrieb zu ermöglichen. Von den A-Werken und deren Verkaufszentrale sei jeweils ihr Arbeitseinsatz bei den verschiedenen Unternehmen der Gruppe geregelt worden. Sie habe auf die Übung vertrauen dürfen, daß ihre Versorgungsansprüche über den Unterstützungsverein abgewickelt würden, unabhängig davon, bei welchem Unternehmen sie tätig werde. So sei auch bei ihren Kollegen im Ausland verfahren worden.

Die Klägerin hat beantragt

1. festzustellen, daß ihr eine unverfallbare

Ruhegeldanwartschaft für die Zeit vom 1. Ok-

tober 1960 bis zum 27. April 1976, hilfs-

weise für die Zeit bis zum 31. Dezember 1973

aufgrund der Richtlinien für die Leistun-

gen aus dem O K Ruhegehalts- und

Unterstützungsverein B zusteht,

für die der Beklagte einstandspflichtig

ist,

2. den Beklagten zu verpflichten, der Kläge-

rin den ihr zustehenden Anspruch schrift-

lich mitzuteilen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten, daß er für die Versorgungsansprüche der Klägerin keinen Insolvenzschutz gewähren müsse, da seine Tätigkeit auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland beschränkt sei. Wenn die Klägerin eine Versorgungszusage der A-Werke besessen habe, so sei diese nicht insolvenzgeschützt, denn insoweit handele es sich nicht um betriebliche Altersversorgung. Außerdem habe die Klägerin keine unverfallbare Versorgungsanwartschaft erlangt. Ihr Arbeitsverhältnis zu den A-Werken habe bereits 1967 und dasjenige zu der ADS- A GmbH habe 1973 geendet. Zu diesem Zeitpunkt habe das Betriebsrentengesetz noch nicht gegolten.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich deren Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Der Beklagte muß für die von der Klägerin erworbene Versorgungsanwartschaft Insolvenzschutz gewähren und eine Bescheinigung über die Höhe der geschützten Versorgungsanwartschaft ausstellen.

I. Personen, die zum Kreis der Begünstigten einer Unterstützungskasse gehören, erhalten bei Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen des Trägerunternehmens der Unterstützungskasse einen Anspruch gegen den Beklagten, wenn sie im Zeitpunkt des Konkurses eine unverfallbare Versorgungsanwartschaft haben (§ 7 Abs. 2 Satz 1, 2 BetrAVG). Diese Voraussetzungen sind gegeben. Die Klägerin gehört zu den Begünstigten einer Unterstützungskasse, über deren Trägerunternehmen das Konkursverfahren eröffnet worden ist (unter I 1 und 2). Sie besaß eine unverfallbare Versorgungsanwartschaft (unter I 3).

1. Trägerunternehmen der für die Versorgung der Klägerin zuständigen Unterstützungskasse war die A (ADS) Verkaufszentrale GmbH, B, die spätere ADS-A GmbH.

a) Der Begriff des Trägerunternehmens ergibt sich aus § 7 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG. Trägerunternehmen ist der Arbeitgeber, der einer Unterstützungskasse Zuwendungen macht, damit diese Versorgungsleistungen an ihre Begünstigten erbringen kann. Der Anwendungsbereich des Insolvenzschutzes ist danach weit gefaßt.

Das Landesarbeitsgericht vertritt demgegenüber eine restriktive Auslegung. Es hat die Auffassung vertreten, daß der Insolvenzschutz nur eingreife, wenn über das Vermögen desjenigen Arbeitgebers das Konkursverfahren eröffnet wird, bei dem der Versorgungsberechtigte im Zeitpunkt der Konkurseröffnung beschäftigt ist. Dies sei im vorliegenden Fall nur die Verkaufsgesellschaft ADS-A-A/S, Oslo. Dieses Unternehmen erbringt aber weder Zuwendungen an die Unterstützungskasse noch ist über sein Vermögen das Konkursverfahren eröffnet worden. Deshalb könne die Klägerin den PSV nicht in Anspruch nehmen. Die Auffassung des Landesarbeitsgerichts zu den Voraussetzungen des Insolvenzschutzes ist zu eng.

Arbeitgeber im Sinne der Insolvenzsicherung sind Versorgungsschuldner, die selbst oder über Versorgungseinrichtungen Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zusagen und erbringen. Es ist der Zweck des § 7 BetrAVG, Anwartschafts- und Ruhegeldberechtigten das Risiko der Insolvenz ihrer Versorgungsschuldner abzunehmen, indem diese verpflichtet werden, die zu erwartenden Versorgungsleistungen bei dem Beklagten zu versichern (vgl. Ahrend/Förster/Rößler, Steuerrecht der betrieblichen Altersversorgung mit arbeitsrechtlicher Grundlegung, 1985, Teil 1 Rz 626; Blomeyer/Otto, BetrAVG, 1984, § 7 Rz 4; Heubeck/Höhne/Paulsdorff/Rau/Weinert, BetrAVG, 2. Aufl. 1982, Bd. I, § 7 Rz 1; Höfer/Abt, BetrAVG, 2. Aufl. 1982, Bd. I, § 7 Rz 2). Der Begriff des Versorgungsschuldners muß übereinstimmen mit dem des Beitragspflichtigen im Verhältnis zum Träger der Insolvenzsicherung. Nach § 10 Abs. 1 BetrAVG werden die Mittel für die Durchführung der Insolvenzsicherung durch Beiträge der Arbeitgeber aufgebracht, die Leistungen der betrieblichen Altersversorgung unmittelbar zugesagt haben oder über eine Unterstützungskasse gewähren.

Die der Klägerin zugesagten Leistungen sind solche der betrieblichen Altersversorgung. Dieser Begriff wird zu § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG dahin definiert, daß es sich um Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung handeln muß, die einem Arbeitnehmer aus Anlaß seines Arbeitsverhältnisses gewährt werden. Nach dem Wortlaut des Gesetzes ist nicht erforderlich, daß der Versorgungsschuldner zugleich unmittelbarer Vertragspartner und Gläubiger des Anspruchs auf Arbeitsleistung sein müßte (vgl. für das Steuerrecht Rau in Heubeck/Höhne/Paulsdorff/Rau/Weinert, BetrAVG, 1. Aufl., Bd. II, § 19 Rz 88). Dennoch geht man im Schrifttum regelmäßig ohne nähere Begründung davon aus, daß die Zusage vom Arbeitgeber als dem Vertragspartner des Arbeitnehmers abgegeben wird (Blomeyer/Otto, aa0, Einl. 2, 3 vor § 1 BetrAVG und Einl. 34 f. vor § 1 BetrAVG; Heubeck/Höhne/Paulsdorff/Weinert, aa0, § 1 BetrAVG Rz 38 a, 39; wohl ebenso, aber nicht eindeutig: Ahrend/Förster/Rößler, aa0, Teil 1 Rz 1 ff.; Höfer/Abt, aa0, ArbGr. Rz 11, 12). Bei einer Zusage von Versorgungsleistungen durch einen Dritten wird im allgemeinen nur dann von betrieblicher Altersversorgung gesprochen, wenn die Versorgungsleistungen dem Arbeitgeber zuzurechnen sind (Blomeyer/Otto, aa0, Einl. 36 zu § 1 BetrAVG) oder wenn eine Konzerngesellschaft Arbeitnehmern einer anderen Gesellschaft desselben Konzerns Altersversorgung zusagt (Heubeck/Höhne/Paulsdorff/Rau/Weinert, aa0, § 1 Rz 39; vgl. auch Blomeyer/Otto, aa0, Einl. 267 vor § 1 BetrAVG).

b) Es kann unentschieden bleiben, ob dieser einschränkenden Begriffsbildung zu folgen ist. Im Rahmen des Versorgungswerkes der A Werke AG und der an der Unterstützungskasse beteiligten Tochtergesellschaft sind selbst die strengen Voraussetzungen erfüllt, von denen das überwiegende Schrifttum ausgeht. Das Landesarbeitsgericht hat hinreichende Feststellungen getroffen. Danach ist in jedem Fall eine betriebliche Altersversorgung im Sinne des Betriebsrentengesetzes und seines Insolvenzschutzes anzunehmen.

Die Klägerin war am 1. Oktober 1960 in die Dienste der Anker Werke AG getreten und hatte von dieser eine Versorgungszusage erhalten. In dieses Arbeitsverhältnis war mit Wirkung vom 1. Januar 1968 die A (ADS) Verkaufszentrale eingetreten. Die A Werke AG und ihre Verkaufszentrale haben der Klägerin unter dem Datum vom 29. Dezember 1967 mitgeteilt, daß sie zu den gleichen Rechten und Pflichten wie bisher ab 1. Januar 1968 bei der Verkaufszentrale beschäftigt werde. Der Übernahme ihres Arbeitsverhältnisses hat die Klägerin zugestimmt, was sich allein daraus ergibt, daß sie in der folgenden Zeit den ihr erteilten Weisungen nachgekommen ist. Im Wege des dreiseitigen Verfügungsgeschäftes war die Überleitung des Arbeitsverhältnisses rechtlich möglich (BAG Urteil vom 24. Oktober 1972 - 3 AZR 102/72 - AP Nr. 31 zu § 74 HGB, zu II der Gründe). In der weiteren Entwicklung sind die Vertragsbeziehungen zwischen der Klägerin und der A Verkaufszentrale nie vollständig gelöst worden. Vielmehr haben vertragliche Bindungen bis zum gesetzlichen Sicherungsfall fortbestanden.

Bei ihrer Tätigkeit in Oslo stand die Klägerin bis zum 31. Dezember 1973 in den Diensten der A ADS Verkaufszentrale. Zu deren Gunsten und weitgehend auch auf deren Weisung entfaltete sie ihre Verkaufstätigkeit im Rahmen des Service-Systems der A Werke. An ihrer Tätigkeit änderte sich äußerlich nichts, als sie nach dem 1. Januar 1974 in ein Arbeitsverhältnis zur ADS-A-A/S, Oslo, überführt wurde. Ihre Personaldaten wurden weiter in der Verkaufszentrale erfaßt, von dieser und den A Werken wurde sie in Rechtsfragen betreut und ihr wurde die Möglichkeit offengehalten, aus dem Ausland in die Konzernzentrale zurückzukehren.

Das vertragsrechtliche Band wurde nur insoweit gelöst, wie es im betriebswirtschaftlichen und steuerrechtlichen Interesse der Beteiligten lag. Die ADS-A-A/S, Oslo, war eine Verkaufsgesellschaft der A ADS Verkaufszentrale; sie wurde vor allem im Interesse landesrechtlicher Vorschriften verselbständigt; ihre Funktionen hätten aber auch durch eine Betriebsabteilung der deutschen Verkaufsgesellschaft wahrgenommen werden können. Sie war wirtschaftlich und organisatorisch von den Konzernführungsgesellschaften völlig abhängig. Die für die Tochtergesellschaft erbrachte Tätigkeit und Betriebstreue kam unmittelbar der A Verkaufszentrale zugute. Von dieser wurde der Verkaufsservice organisiert; von ihr wurden die Mitarbeiter geschult. Würdigt man die vertragsrechtliche Lage vor diesem Hintergrund, so erweist sich die Aufrechterhaltung der Versorgungszusage während der Auslandstätigkeit der Klägerin als Fortsetzung des ursprünglichen Vertragsverhältnisses in seinem versorgungsrechtlichen Teil. Für die Tätigkeit in einem ausländischen Tochterunternehmen sollte die Klägerin Vergütung in der Form der konzerneinheitlichen Altersversorgung beziehen.

c) Der Beklagte irrt, soweit er die arbeitsrechtlichen Beziehungen zwischen der Klägerin und der deutschen Verkaufszentrale leugnet und die Auffassung vertritt, daß allenfalls die norwegische Verkaufsgesellschaft eine etwaige Versorgungsanwartschaft aufrechterhalten müsse. Dies läßt sich aus der gleichfalls den A Konzern betreffenden Entscheidung des Senats (BAG 32, 373 = AP Nr. 10 zu § 242 BGB Ruhegehalt-Unterstützungskasse) nicht ableiten. In dem früher entschiedenen Rechtsstreit hatte die Tochtergesellschaft anders als in dem jetzt zur Beurteilung stehenden Fall eigene Versorgungszusagen erteilt.

Aus der bloßen Tatsache, daß das Unternehmen in Oslo zum A Konzern gehört hat, folgt nicht, daß es für die Versorgungslasten einer anderen Konzerngesellschaft eintreten müßte (Konzen, Arbeitnehmerschutz im Konzern, RdA 1984, 65, 69, 79; Martens, Das Arbeitsverhältnis im Konzern in 25 Jahre Bundesarbeitsgericht, S. 367, 383; vgl. auch Weinmann, Betriebliche Altersversorgung im Konzern, in Arbeitsrecht der Gegenwart, Bd. 22, 1984, S. 51, 59). Ein besonderer Rechtsgrund, aus dem sich eine solche Verpflichtung ableiten ließe, ist von keiner Seite dargetan.

2. Dem Insolvenzschutz durch den Beklagten steht nicht entgegen, daß die Klägerin in einem ausländischen Arbeitsverhältnis stand und ihre Arbeitsleistung im Ausland erbrachte. Maßgebend für den Geltungsbereich des Betriebsrentengesetzes ist der Sitz des Versorgungsschuldners und das Recht, dem das Versorgungsverhältnis unterliegt. Die A ADS Verkaufszentrale hat ihren Sitz im Bereich der Bundesrepublik Deutschland. Die Klägerin hat daher eine Versorgungsanwartschaft nach deutschem Recht erhalten und kann den dafür geschaffenen Insolvenzschutz beanspruchen.

3. Die Klägerin besaß bei Konkurseröffnung eine unverfallbare Versorgungsanwartschaft gegen die A ADS Verkaufsgesellschaft mbH, B.

a) Eine Versorgungsanwartschaft ist im Zeitpunkt des Sicherungsfalles unverfallbar, wenn der Arbeitnehmer das 35. Lebensjahr vollendet hat und entweder die Versorgungszusage für ihn mindestens zehn Jahre bestanden hat oder der Beginn der Betriebszugehörigkeit mindestens zwölf Jahre zurückliegt und die Versorgungszusage für ihn mindestens drei Jahre bestanden hat. Die Klägerin war im Zeitpunkt der Konkurseröffnung 41 Jahre alt. Sie verfügte über die erforderliche und von einer Zusage begleitete Betriebszugehörigkeit.

b) Die Klägerin besaß seit mehr als zehn Jahren eine ununterbrochene Versorgungszusage. Nach dem schriftlichen Arbeitsvertrag mit den A Werken AG vom 22. Juli 1960 richtete sich, soweit im einzelnen nichts anderes vereinbart war, das Arbeitsverhältnis nach den gesetzlichen und tariflichen Bestimmungen sowie der Betriebsordnung der A Werke AG. Zu den in Bezug genommenen Rechtsgrundlagen gehörten auch die Versorgungsrichtlinien des O K Ruhegehalts- und Unterstützungsvereins e.V. Zu dessen Begünstigten zählte die Klägerin als Belegschaftsmitglied der A Werke AG (§ 2 Abs. a Satz 1 Vereinssatzung). Diese Versorgungszusage wurde nicht unterbrochen, als die Klägerin von der A AB, Stockholm, übernommen wurde. Als Begünstigte des Unterstützungsvereins galten auch die Angestellten der mit der A Werke AG verbundenen in- und ausländischen Tochtergesellschaften und Betriebsstätten (§ 2 Abs. a Satz 2 Nr. 1 Vereinssatzung). Überdies war in der Anlage zum Arbeitsvertrag vom 6. Februar 1967 ausdrücklich klargestellt, daß die entsprechenden Beschäftigungszeiten für die Altersversorgung angerechnet werden sollten.

In die Verpflichtungen der A Werke sind die A (ADS) Verkaufszentrale GmbH, B, bereits vor Inkrafttreten des BetrAVG gemäß §§ 414, 415 BGB eingetreten. Die A Werke und ihre Verkaufszentrale haben der Klägerin unter dem Datum vom 29. Dezember 1967 mitgeteilt, daß sie zu den gleichen Rechten und Pflichten, die sie bei den A Werken gehabt habe, von der Verkaufszentrale übernommen werde. Hiermit war die Klägerin einverstanden.

Die Versorgungszusage blieb aufrechterhalten, als die Klägerin nach Oslo versetzt wurde und schließlich einen Arbeitsvertrag mit dem norwegischen Unternehmen schloß. Dies ergibt sich sowohl aus § 2 Abs. a Satz 2 Nr. 1 Vereinssatzung als auch aus dem klarstellenden Schreiben vom 10. November 1975, in dem die A Werke AG auf einem Briefbogen der A GmbH zugleich für den O K Ruhegehalts- und Unterstützungsverein den Fortbestand der Versorgungszusage klarstellten. Damit hat die Versorgungszusage zugunsten der Klägerin rund 16 Jahre bestanden.

c) Die vertraglichen Absprachen der Parteien waren so eindeutig, daß der Senat die Frage offen lassen kann, wie die Unverfallbarkeit im Konzern beurteilt werden muß, wenn der Versorgungsschuldner nicht näher bestimmt wird. Im Rahmen eines Konzerns mit einer Struktur wie im vorliegenden Fall könnte grundsätzlich von einer einheitlichen Betriebszugehörigkeit auszugehen sein. Der Arbeitnehmer trägt in jedem Betrieb zur Wertschöpfung eines solchen Konzerns bei und darf möglicherweise auch ohne ausdrückliche Klarstellung erwarten, daß seine gesamte Konzernzugehörigkeit berücksichtigt wird. Die Problematik des Arbeitsverhältnisses im Konzern wird im Schrifttum noch lebhaft diskutiert (PSVaG Merkblatt 300/M 5/11.80, Ziff. 4.1; Hanau, ZfA 1976, 485, 488; Heubeck/Höhne/Paulsdorff/Rau/Weinert, aa0, Bd. I, § 1 Rz 164; § 7 Rz 59; Kiefer/Giloy, BetrAVG, § 1 Anm. 83; Konzen, aa0, RdA 1984, 65, 74; Martens, aa0, in 25 Jahre Bundesarbeitsgericht, S. 374; Weinmann, aa0, in Arbeitsrecht der Gegenwart, S. 61).

II. Der Beklagte hat der Klägerin Bestand und Höhe der unverfallbaren Versorgungsanwartschaft schriftlich mitzuteilen. Dies ergibt sich aus § 9 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG. An einem solchen Bescheid hat die Klägerin auch nach Durchführung des Rechtsstreits noch ein rechtlich schutzwertes Interesse.

Dr. Dieterich Schaub Dr. Peifer

Hoechst Fieberg

 

Fundstellen

Haufe-Index 438391

BAGE 49, 225-235 (LT1-3)

BAGE, 225

BB 1986, 1506-1506 (LT1-3)

DB 1986, 131-132 (LT1-3)

ZIP 1985, 1520

ZIP 1985, 1520-1523 (LT1-3)

AP § 7 BetrAVG (LT1-3), Nr 24

AR-Blattei, Betriebliche Altersversorgung Entsch 167 (LT1-3)

AR-Blattei, ES 460 Nr 167 (LT1-3)

EzA § 7 BetrAVG, Nr 16 (LT1-3)

IPRspr. 1985, 50

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