Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorläufige Vollstreckbarkeit bei Entschädigung

 

Leitsatz (amtlich)

Der Auskunftsanspruch geht nach Ablauf einer in einem nur vorläufig vollstreckbaren Urteil festgesetzten Frist nicht unter und wandelt sich auch nicht in den gleichzeitig vorläufig vollstreckbar festgesetzten Entschädigungsanspruch um. Bei Rücknahme des Auskunftsanspruchs in der Berufungsinstanz entfällt daher der Anspruch auf Zahlung der Entschädigung und es könnte nur der Beitragsanspruch geltend gemacht werden.

 

Normenkette

ArbGG 1979 § 61; TVG § 1 Tarifverträge: Bau; Verfahrenstarifvertrag Bau vom 19. Dezember 1983 § 13

 

Verfahrensgang

Hessisches LAG (Urteil vom 13.03.1989; Aktenzeichen 14/5 Sa 868/85)

ArbG Wiesbaden (Urteil vom 26.06.1985; Aktenzeichen 6 Ca 430/85)

 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 13. März 1989 – 14/5 Sa 868/85 – wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Klägerin ist als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes nach näherer tariflicher Maßgabe die Einzugsstelle für die Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes. Der Beklagte unterhielt von Juni 1981 bis zum 15. September 1984 einen Betrieb, dessen Tätigkeit nach seinem Vortrag ausschließlich darauf gerichtet war, einen Grader (Motorstraßenhobel), ein sogenanntes Allzweckgerät (Bulldog mit Heckbagger) und einen Lkw für Baufirmen mit Personen zu vermieten. Der Betrieb war mit dem Gewerbezweig “Maschinenverleih mit Personal für Bagger-, Grader- und Erdarbeiten” Mitglied der Tiefbau-Berufsgenossenschaft.

Mit der Klage hat die Klägerin den Beklagten auf Auskunftserteilung nach den Sozialtarifverträgen des Baugewerbes für den Zeitraum Juni 1981 bis September 1984 und für den Fall der Nichterfüllung der Auskunftsverpflichtung binnen zwei Wochen nach Urteilszustellung gemäß § 61 Abs. 2 ArbGG auf Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 29.400,-- DM in Anspruch genommen.

Sie hat vorgetragen, der Betrieb des Beklagten unterfalle dem betrieblichen Geltungsbereich des BRTV-Bau und der Verfahrens-TV für das Baugewerbe. Wie sich aus einer Hebeliste der AOK München ergebe, habe der Beklagte auch Arbeitnehmer beschäftigt.

Die Klägerin hat beantragt,

  • der Klägerin auf dem vorgeschriebenen Formular Auskunft zu erteilen, wieviel Arbeitnehmer, die eine nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung über die Rentenversicherung der Arbeiter (RVO) versicherungspflichtige Tätigkeit ausübten, in den Monaten

    Juni 1981 bis September 1984

    in dem Betrieb des Beklagten beschäftigt wurden sowie in welcher Höhe die Bruttolohnsumme insgesamt für diese Arbeitnehmer und die Beiträge für die Sozialkassen des Baugewerbes in den genannten Monaten angefallen sind,

  • für den Fall, daß diese Verpflichtung zur Auskunftserteilung innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach Urteilszustellung nicht erfüllt wird, an die Klägerin folgende Entschädigung zu zahlen:

    29.400,-- DM.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat vorgetragen, sein Betrieb falle nicht unter den betrieblichen Geltungsbereich des BRTV-Bau und der Verfahrens-TV für das Baugewerbe. Die in der AOK-Liste enthaltenen Personen hätten ausschließlich den Lkw gefahren, den er zu Fuhrzwecken vermietet habe. Den Grader und das Allzweckgerät habe ausschießlich er selbst bedient. Er habe damit z. B. im Auftrage der Firma Hoch/Tief oder der Stadt München (Feld-) Wege angelegt. Im Winter sei er von der Stadt München im Rahmen der Schneeräumung eingesetzt worden.

Das Arbeitsgericht hat der Klage durch Urteil vom 26. Juni 1985 mit der Maßgabe stattgegeben, daß es die Frist zu Ziff. 2 des Klageantrages auf sechs Wochen nach Urteilszustellung verlängert hat. Dieses Urteil wurde dem Beklagten am 1. August 1985 zugestellt.

Mit Schreiben vom 22. Oktober 1985 versandte die Klägerin dem Beklagten zu Händen seiner Prozeßbevollmächtigten Meldekarten für den Zeitraum von Juni 1981 bis September 1984. In diesem Schreiben führte die Klägerin u. a. aus:

“Die erneute Hersendung der Beitragsmeldungen werden wir entgegennehmen. Dies bedeutet aber nicht, daß die Meldungen nachträglich anerkannt werden. Die zwischenzeitlich eingeleitete Zwangsvollstreckung wegen eines Teilbetrages von 10.000,-- DM kann nicht zurückgenommen werden. Die Belastung des Beitragskontos Ihres Mandanten mit den Entschädigungssummen können wir zu unserem Bedauern nicht rückgängig machen. Wir sind jedoch bereit, diese Entscheidung nochmals einer Prüfung unterziehen zu lassen, wenn innerhalb zwei Wochen nach Erhalt dieses Schreibens Ihr Mandant die Beitragsmeldungen für die Zeit von Juni 1981 bis September 1984 abgibt und die Beiträge überweist. Die anhängige Zwangsvollstreckung würden wir dann zurücknehmen.”

Mit Schreiben vom 12. November 1985 übersandte der Beklagte die vollständig ausgefüllten Meldekarten. Mit Schreiben vom 6. Dezember 1985 bestätigte die Klägerin den Eingang der Meldekarten und führte u.a. aus:

“Die Beitragsforderung aus den verspätet abgegebenen Beitragsmeldungen beträgt 9.620,94 DM zuzüglich bisher angefallener Kosten von 71,30 DM und noch zu berechnender Verzugszinsen. Eine Erledigung der Sache könnte wie in unserem Schreiben vom 22. Oktober 1985, letzter Absatz, vorgeschlagen, erfolgen.”

Die Klägerin hat in der Berufungsinstanz vorgetragen, da der Beklagte die begehrte Auskunft nicht innerhalb der im arbeitsgerichtlichen Urteil gesetzten Frist erteilt habe, sei an die Stelle des Auskunftsanspruchs der Anspruch auf Zahlung der festgesetzten Entschädigung getreten. Eine Erfüllung des Auskunftsanspruchs nach diesem Zeitpunkt, die das Entstehen oder Bestehen des Anspruchs auf die Entschädigung nach § 61 Abs. 2 ArbGG einschränken oder gar ausschließen könnte, sei nicht möglich.

Die Klägerin hat deshalb mit Schriftsatz vom 25. Juli 1988 die Klage umgestellt und nunmehr beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 29.400, -- DM zu zahlen.

Der Beklagte hat dieser Umstellung der Klage nicht widersprochen und weiterhin beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat behauptet, sein früherer Prozeßbevollmächtigter habe die Meldekarten der Klägerin bereits mit Schreiben vom 24. Juli 1985 zur Erfüllung der Ziff. 1 des arbeitsgerichtlichen Urteils an die Klägerin übersandt, so daß er rechtzeitig die Verpflichtung aus diesem Urteil erfüllt habe. Im übrigen habe die Klägerin eine nochmalige Übersendung der ausgefüllten Meldekarten als Auskunftserteilung angenommen.

Das Landesarbeitsgericht hat unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Klage abgewiesen.

Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren in der Berufungsinstanz gestellten Klageantrag weiter. Der Beklagte beantragt Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage mit Recht abgewiesen. Die Klägerin kann von dem Beklagten nicht die Zahlung von 29.400,-- DM verlangen. Der Klägerin steht keine Entschädigung wegen Nichterteilung der Auskunft nach dem Verfahrens-TV für das Baugewerbe zu. Denn die Verpflichtung zur Zahlung einer Entschädigung setzt eine Verurteilung zur Auskunftserteilung voraus (§ 61 Abs. 2 ArbGG). Diese Voraussetzung ist nicht mehr gegeben, nachdem das entsprechende Urteil des Arbeitsgerichts aufgrund der Umstellung der Klage durch die Klägerin in der Berufungsinstanz keinen Bestand mehr hat.

Der von der Klägerin in der Berufungsinstanz zuletzt gestellte Klageantrag ist zulässig. In der “Umstellung der Klage” durch die Klägerin liegt zwar keine Klageänderung i. S. der ZPO, weil sie ohne Änderung des Klagegrundes (Bindung des Beklagten an die Tarifverträge für das Baugewerbe) statt der ursprünglich geforderten Auskunft und der (durch Zeitablauf) bedingten Entschädigung nunmehr wegen einer später eingetretenen Veränderung (Fristablauf) den Entschädigungsbetrag unbedingt fordert (§ 264 Nr. 3 ZPO). In Übereinstimmung mit dem Landesarbeitsgericht ist aber in der Nichtweiterverfolgung des Auskunftsanspruchs eine teilweise Rücknahme der Klage zu sehen, die gemäß § 269 ZPO der Zustimmung des Beklagten bedarf (vgl. Stein/Jonas/Schumann, ZPO, 20. Aufl. § 264 Rz 67). Diese Zustimmung hat der Beklagte erteilt, indem er sein Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren “auch im Hinblick auf den mit Schriftsatz der Gegenseite vom 25. Juli 1988 geltend gemachten Entschädigungsanspruch” erklärte. Das Berufungsgericht hat ferner zutreffend erkannt, daß in der von der Klägerin nunmehr unbedingt geforderten Entschädigung eine Erweiterung der Klage liegt und insoweit eine Abänderung des erstinstanzlichen Urteils begehrt wird, was der Sache nach als Anschlußberufung zu qualifizieren ist. Hierzu bedurfte es keiner ausdrücklichen Erklärung der Klägerin (vgl. Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, 20. Aufl., § 522a Rz 4). Diese Anschlußberufung ist unbedenklich zulässig. Sie ist auch durch die Bezugnahme auf das bisherige Vorbringen der Klägerin, mit dem sie die Ablösung des Auskunftsanspruchs durch den Entschädigungsanspruch geltend gemacht hat, in der Anschlußberufungsschrift ausreichend begründet (§ 522a Abs. 2 ZPO).

Die Klägerin kann von dem Beklagten keine Entschädigung wegen Nichterteilung der ursprünglich begehrten Auskunft verlangen. Die Voraussetzungen des § 61 Abs. 2 ArbGG sind insoweit nicht erfüllt. Nach § 61 Abs. 2 ArbGG kann auf Antrag des Klägers der Beklagte zugleich mit der Verurteilung zur Vornahme einer Handlung zur Zahlung einer Entschädigung verurteilt werden für den Fall, daß der Beklagte die Handlung nicht binnen einer bestimmten Frist vornimmt. Voraussetzung für die Verurteilung zur Entschädigungsleistung nach § 61 Abs. 2 ArbGG ist aber, daß es zu einer Verurteilung zur Vornahme der Handlung kommt (vgl. BAGE 18, 8, 11 = AP Nr. 27 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag; Grunsky, ArbGG, 5. Aufl., § 61 Rz 11). Das Arbeitsgericht hatte den Beklagten zwar zur Erteilung der begehrten Auskunft und damit zur Vornahme einer Handlung verurteilt. Das Urteil wurde aber wegen der zulässigen Berufung des Beklagten nicht formell rechtskräftig (§ 705 ZPO) und durch die Rücknahme der Auskunftsklage vor dem Landesarbeitsgericht wirkungslos (§ 269 Abs. 3 Satz 1, 2. Halbsatz ZPO). Damit fehlt es an der Grundlage für die Festsetzung einer Entschädigung und eine entsprechende Verurteilung nach § 61 Abs. 2 ArbGG.

Die Klägerin kann ihren Zahlungsanspruch auch nicht darauf stützen, daß der ursprünglich geltend gemachte Auskunftsanspruch sich nach erfolglosem Ablauf der im arbeitsgerichtlichen Urteil für die Auskunftserteilung festgesetzten Frist in einen Anspruch auf Zahlung der Entschädigung umgewandelt hätte. Der Auskunftsanspruch geht durch den erfolglosen Ablauf der für die Auskunftserteilung festgesetzten Frist nicht unter. Für den Auskunftsanspruch der Klägerin kommen als Anspruchsgrundlage im streitbefangenen Zeitraum nur § 13 des Tarifvertrages über das Verfahren für den Urlaub, den Lohnausgleich und die Zusatzversorgung im Baugewerbe (Verfahrens-TV) vom 19. Dezember 1983 sowie insoweit im wesentlichen inhaltsgleiche Vorschriften des Verfahrens-TV vom 12. November 1960 in den Fassungen vom 17. November 1980 und 10. November 1981 in Betracht. In § 13 des Verfahrens-TV vom 19. Dezember 1983 heißt es:

Meldung und Beitragszahlung

  • Der Einzugsstelle ist monatlich oder vier- bzw. fünfwöchentlich (Abrechnungszeitraum), spätestens bis zum 15. des folgenden Monats auf einem von der Einzugsstelle zur Verfügung zu stellenden Formular die Bruttolohnsumme für den Abrechnungszeitraum zu melden. Auf dem Formular hat der Arbeitgeber ferner anzugeben:

    • Name, Anschrift und seine Betriebskontonummer,
    • den für den Abrechnungszeitraum fällig gewordenen Sozialkassenbeitrag,
    • die Anzahl aller von diesem Tarifvertrag erfaßten Arbeitnehmer des Betriebes für den Abrechnungszeitraum.
  • Beschäftigt der Arbeitgeber im Abrechnungszeitraum keine Arbeitnehmer, so ist er verpflichtet, anstelle der Meldung auf dem Formular und innerhalb der Frist gemäß Abs. 1 Fehlanzeige zu erstatten.
  • Das Meldeformular ist zu unterschreiben. Durch die Unterschrift bestätigt der Arbeitgeber die Vollständigkeit und Richtigkeit der Meldung.
  • Erst in der vollständigen und richtigen Erteilung der Auskünfte gemäß Abs. 1 bis 3 hat der Arbeitgeber seine Verpflichtung zur Beitragsmeldung erfüllt. Die wahrheitswidrige Mitteilung, daß keine Arbeitnehmer beschäftigt wurden, gilt nicht als Meldung.

Die Tarifvertragsparteien haben damit im Rahmen ihrer auch insoweit bestehenden Rechtsetzungsautonomie eine zur Erfüllung der der Zusatzversorgungskasse übertragenen Aufgaben notwendige, eigenständige Auskunftsverpflichtung für die tarifunterworfenen Arbeitgeber begründet und die Erfüllung dieser Verpflichtung geregelt. Der Arbeitgeber erfüllt seine Verpflichtung zur Beitragsmeldung erst mit der vollständigen und richtigen Erteilung der Auskünfte (§ 13 Abs. 5 Verfahrens-TV). Erfüllt der Arbeitgeber seine Auskunftspflicht nicht, kann die Klägerin ihn auch auf dem Klageweg auf Auskunft in Anspruch nehmen. Andererseits normieren die Tarifvertragsparteien einen anderen Erlöschenstatbestand für die Auskunftsverpflichtung als den der Erfüllung nicht. Er erlischt deshalb auch nicht nach erfolglosem Ablauf der im arbeitsgerichtlichen Urteil für die Auskunftserteilung festgesetzten Frist; insoweit ist nur seine Vollstreckung ausgeschlossen.

Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich etwas anderes auch nicht aus der bisherigen Senatsrechtsprechung. In dem von der Revision angezogenen Senatsurteil vom 6. Mai 1987 (– 4 AZR 641/86 – AP Nr. 7 zu § 61 ArbGG 1979) ging es nur um die Höhe der Entschädigung; der Auskunftsanspruch der Klägerin stand dort durch das arbeitsgerichtliche Urteil rechtskräftig fest. Ebenso lag der Entscheidung des Fünften Senats (Urteil vom 11. Juli 1975 – 5 AZR 273/74 – AP Nr. 3 zu § 61 ArbGG 1953 Zwangsvollstreckung) ein Fall zugrunde, in dem die Verurteilung zur Auskunftserteilung rechtskräftig war. Auch auf das Senatsurteil vom 5. Juni 1985 (BAGE 48, 390, 399 = AP Nr. 67 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau) kann die Revision ihre Ansicht nicht stützen. Dort führt der Senat zwar im Zusammenhang mit der bei Auskunftsansprüchen nach den Verfahrens-TV für das Baugewerbe festgesetzten Frist nach § 61 Abs. 2 ArbGG aus, der auskunftspflichtigen Partei müsse eine der Rechtsmittelfrist entsprechende Frist zur Prüfung der Frage eingeräumt werden, in welcher Form sie das Urteil wirksam werden bzw. ob sie den Rechtsstreit nunmehr endgültig auf die Geldentschädigung konkretisieren lassen wolle. Diese Senatsentscheidung bezog sich aber auf die Fristsetzung durch die Instanzgerichte und damit in erster Linie auf die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils. Dem Schuldner soll danach Gelegenheit gegeben werden, innerhalb der Rechtsmittelfrist nicht nur zu überlegen, ob er ein Rechtsmittel gegen die Instanzentscheidung einlegen will, sondern auch, ob er sich zur (vorläufigen) Auskunftserteilung entschließen oder eine (vorläufige) Vollstreckbarkeit des Entschädigungsanspruchs hinnehmen will. Jedenfalls hat der Senat dort nicht zu der Frage Stellung genommen, ob und gegebenenfalls zu welchem Zeitpunkt sich der Anspruch auf Auskunftserteilung in einen nach § 61 Abs. 2 ArbGG geltend gemachten Entschädigungsanspruch umwandelt. Er hat die Frage bisher auch ausdrücklich offen gelassen (vgl. Senatsurteil vom 1. Februar 1989 – 4 AZR 408/88 – n.v.).

Auch aus dem Ausschluß der Vollstreckbarkeit des Auskunftsanspruchs nach Ablauf der vom Arbeitsgericht gesetzten Frist zur Auskunftserteilung folgt nicht, daß damit der Auskunftsanspruch untergeht oder in einen Zahlungsanspruch umgewandelt wird. Der Ausschluß der Zwangsvollstreckung hat nur vollstreckungsrechtliche Bedeutung, läßt aber den Auskunftsanspruch selbst unberührt. Ginge der Auskunftsanspruch nach Fristablauf unter, wäre der Ausschluß einer Vollstreckung überflüssig, weil ein nicht existierender Anspruch auch nicht vollstreckt werden kann. Gerade der in § 61 Abs. 2 ArbGG normierte Ausschluß der Vollstreckung zeigt, daß der Auskunftsanspruch materiellrechtlich weiter besteht. Er kann deshalb auch nach Fristablauf durch Erteilung der Auskunft erfüllt werden. Davon zu trennen ist die Wirkung der verspäteten Erfüllung des Auskunftsanspruchs auf die mit Fristablauf wirksam werdende (vorläufige) Verurteilung zur Zahlung der Entschädigung. Die Tilgungswirkung hinsichtlich des Entschädigungsanspruchs entfaltet die verspätete Erfüllung des Auskunftsanspruchs nur dann, wenn der Schuldner die Auskunft nicht nur zur Abwendung der Zwangsvollstreckung, sondern endgültig erteilt und der Gläubiger die Auskunft an Erfüllungs Statt annimmt (vgl. BAG Urteil vom 11. Juli 1975 – 5 AZR 273/74 – AP Nr. 3 zu § 61 ArbGG 1953 Zwangsvollstreckung; Grunsky, aaO, § 61 Rz 15). Nimmt der Gläubiger die Auskunft nicht an Erfüllungs Statt an, kann er weiterhin die Entschädigungssumme nach § 62 Abs. 1 ArbGG (vorläufig) vollstrecken.

Andererseits kann aus der vorläufigen Vollstreckbarkeit eines Urteils auf Zahlung einer Entschädigung nicht gefolgert werden, daß die Verurteilung zur Auskunftserteilung gegenstandslos wird und der Rechtsstreit sich in den Rechtsmittelinstanzen auf den Entschädigungsanspruch beschränkt. Die Revision verkennt insoweit die Bedeutung des Unterschieds zwischen vorläufiger Vollstreckbarkeit und Rechtskraft des Urteils. Nach einer erstinstanzlichen Verurteilung ist dieses Urteil vor Eintritt der Rechtskraft vorläufig vollstreckbar. D. h.: Nach Ablauf der Frist zur Auskunftserteilung kann die Klägerin die festgesetzte Entschädigungssumme vorläufig vollstrecken. Ob diese vorläufige Vollstreckung endgültigen Bestand hat, hängt aber vom rechtskräftigen Abschluß des Rechtsstreit ab. Insoweit kann der Beklagte nach allgemeinen Grundsätzen des Zivilprozeßrechts und des Arbeitsgerichtsverfahrens (§§ 64, 72 ArbGG) auch gegen die Verurteilung zur Auskunftserteilung Rechtsmittel einlegen und in den Rechtsmittelinstanzen das Bestehen eines Auskunftsanspruchs bestreiten. Haben seine Einwände Erfolg und wird die Auskunftsklage rechtskräftig abgewiesen, ist auch die erstinstanzliche Verurteilung zur Zahlung einer Entschädigung nach § 61 Abs. 2 ArbGG aufzuheben, weil es an der Voraussetzung der Verurteilung zur Vornahme einer Handlung (Auskunft) fehlt. Den vorläufig vollstreckten Entschädigungsbetrag müßte die Klägerin zurückzahlen (§ 717 ZPO). Selbst wenn der Beklagte zur Vermeidung der Zwangsvollstreckung die Auskunft fristgerecht erteilt, kann er sich in den Rechtsmittelinstanzen weiter gegen das Bestehen des Anspruchs werden, weil die lediglich zum Zwecke der Abwendung der Zwangsvollstreckung bewirkte Erfüllung des Auskunftsanspruchs einer vorläufigen Vollstreckung gleichsteht und damit nicht zur Erfüllung des materiellrechtlichen Anspruchs führt, so daß insoweit auch keine Erledigung der Hauptsache eintritt (vgl. Senatsurteile vom 14. April 1971 – 4 AZR 201/70 – AP Nr. 10 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau und vom 22. Januar 1975 – 4 AZR 10/74 – AP Nr. 23 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau; BGHZ 94, 268; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 20. Aufl., § 91a Rz 7 mit weiteren Nachweisen).

Wird das vorläufig vollstreckbare Urteil rechtskräftig, wandelt sich mit Eintritt der Rechtskraft die vorläufige Vollstreckbarkeit in eine endgültige Vollstreckbarkeit um. Nunmehr steht erstmals endgültig fest, daß der Beklagte innerhalb der vom Gericht festgesetzten Frist die Auskunft zu erteilen hat und nach erfolglosem Fristablauf die Vollstreckung des Auskunftsanspruchs ausgeschlossen ist und damit die Klägerin nunmehr den Entschädigungsbetrag (endgültig) verlangen kann. Dem Beklagten muß insoweit jedenfalls noch bis zum Eintritt der Rechtskraft die Möglichkeit eingeräumt werden zu entscheiden, ob er (endgültig) die Auskunft erteilen oder die Zahlung einer Entschädigung in Kauf nehmen will. Das bedeutet, daß z. B. nach Eintritt der Rechtskraft durch ein die Revision des Schuldners zurückweisendes Senatsurteil der Schuldner innerhalb der von der Vorinstanz festgesetzten Frist (z. B. sechs Wochen nach Zustellung des Urteils, worunter das jeweils letzte Urteil – hier: des Senats – zu verstehen ist) die Auskunft noch (endgültig) erteilen und damit einer vorläufig vollstreckten Entschädigung die Grundlage entziehen kann. Die (vorläufige) Vollstreckung wird dadurch nachträglich unzulässig, was der Schuldner noch im Wege der Zwangsvollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO) geltend machen kann. Die vorläufige Vollstreckbarkeit des Entschädigungsbetrages wandelt sich bei einem rechtskräftigen Urteil erst nach erfolglosem Ablauf der zur Auskunftserteilung gesetzten Frist in eine endgültige Vollstreckbarkeit um. Wollte man dem Schuldner bis zum Eintritt der Rechtskraft eines der Auskunftsklage stattgegebenen Urteils nicht die Möglichkeit einräumen, den Auskunftsanspruch zu erfüllen, um die Zahlung einer Entschädigung abzuwenden, würde man damit dem nur vorläufig vollstreckbaren Urteil auf Zahlung einer Entschädigung insoweit eine rechtskraftgleiche Wirkung einräumen. Dies wäre mit den allgemeinen Grundsätzen des Zivilprozeßrechts und dem Wesen der Rechtskraft, die nicht vor der Erledigung eines zulässigen Rechtsmittels eintreten kann, unvereinbar.

Unabhängig davon bleibt der Beitragsanspruch der Klägerin, der hier nicht geltend gemacht wird (BAG Urteil vom 6. Mai 1987 – 4 AZR 641/86 – AP Nr. 7 zu § 61 ArbGG 1979). Ob die nicht rechtzeitige Erfüllung des Auskunftsanspruchs Schadenersatzansprüche der Klägerin auslösen kann, war nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits.

Die Klägerin hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

 

Unterschriften

Dr. Neumann, Dr. Freitag, Dr. Etzel, Dr. Konow, Marx

 

Fundstellen

Haufe-Index 873908

BAGE, 91

JR 1990, 132

RdA 1990, 63

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge