Rz. 7

Die Versicherung auf fremde Rechnung begründet einen Vertrag zu Gunsten Dritter, hier der Versicherten. Die Vorschriften in den §§ 328 ff. BGB sind grundsätzlich anwendbar.[1] Dies gilt gerade für die D&O-Versicherung.[2] Da dem jeweiligen Versicherten die versicherungsrechtlichen Ansprüche auf Rechtsschutz, Abwehr bzw. Freistellung zustehen, kann über diese die Versicherungsnehmerin selbst nicht verfügen. Dies ändert sich auch in einem etwaigen Insolvenzverfahren der Versicherungsnehmerin nicht.[3]

 

Rz. 8

Bei einem Vertrag zu Gunsten Dritter heißt es in § 328 Abs. 2 BGB, dass in Ermangelung einer besonderen Bestimmung aus den Umständen, insbesondere aus dem Zweck des Vertrags zu entnehmen ist, ob der Dritte das Recht erwerben, ob das Recht des Dritten sofort oder nur unter gewissen Voraussetzungen entstehen soll und ob den Vertragschließenden – also unter Ausschluss des Dritten - die Befugnis vorbehalten sein soll, das Recht des Dritten ohne dessen Zustimmung aufzuheben oder zu ändern. In § 334 BGB heißt es, dass Einwendungen aus dem Vertrag dem Versprechenden, dies wäre hier der D&O-Versicherer auch gegenüber dem Dritten zustehen. Aus diesem Satz könnte man schließen, dass der Versicherer gegenüber der jeweiligen versicherten Person dieselben Einwendungen erheben kann, die er sonst gegenüber der Versicherungsnehmerin erheben könnte.[4] Allerdings hat der BGH zutreffend auch ausgeführt, dass "die bei der Versicherung für fremde Rechnung vorhandene Gefährdung der Rechte des Versicherten durch ihre Abhängigkeit von dem Verhalten des VN … durch besondere Vereinbarungen der Beteiligten ausgeschlossen werden [kann]"[5]. Genau dies haben die Parteien bei der D&O-Versicherung konkludent vereinbart. Eine Auslegung des D&O-Versicherungsvertrags auf der Grundlage eines Deckungskonzept, das im Kern den AVB D&O entspricht ergibt, dass § 334 BGB abbedungen ist und den Versicherten die Direktansprüche durch die Kenntnis oder das Verhalten der Versicherungsnehmerin nicht entzogen werden können. Gleiches gilt für das Verhalten und die Kenntnis der anderen versicherten Personen. Allerdings ist in diesem Bereich alles umstritten, wobei zur D&O-Versicherung kein BGH-Urteil vorliegt, das sich mit der Zurechnung beschäftigt. Nach dem hiesigen Verständnis wird die gesellschaftsfinanzierte D&O-Versicherung als Mischform zwischen echter und unechter Gruppenversicherung klassifiziert.[6]. Bei der herkömmlichen "echten" Gruppenversicherung existiert ein einheitlicher Versicherungsvertrag mit mehreren Versicherten,[7] so etwa bei der Gruppenunfallversicherung eines Betriebs, bei der die einzelnen Betriebsangehörigen gegen Unfälle versichert werden. Diese haben per se keinen Direktanspruch. Anders ist dies bei der unechten Gruppenversicherung, bei der grundsätzlich der mit der Gruppenspitze abgeschlossene Rahmenvertrag und die mit den Versicherten geschlossenen Einzelverträge bestehen, weshalb diese gleichzeitig auch Versicherungsnehmer werden, sodass ihnen auch die Verfügungsbefugnis über die versicherungsvertraglichen Ansprüche zustehen. So ist jedoch die D&O-Versicherung nicht zu verstehen. Hier werden die Gruppenmitglieder anders als bei der unechten Gruppenversicherung nicht Versicherungsnehmer. Auch ist der D&O-Versicherungsvertrag nicht nur ein Rahmenvertrag, versichert er doch zumindest als Eigenversicherung auch die Side-B-Deckung, auch begründet er bereits die Fremdversicherung, weil es gerade keiner einzelnen Beitrittserklärungen der Versicherten bedarf. Zudem hat die Gruppenspitze keine Vollmachten und Befugnisse für die einzelnen Gruppenmitglieder. Gleichwohl existiert mit jedem Versicherten zu seinen Gunsten ein Versicherungsvertrag, den die Gruppenspitze abgeschlossen hat, dessen Bestand grundsätzlich von dem Bestand der anderen Versicherungsverträge unabhängig ist. Versicherungsnehmerin auch dieser Einzelverträge ist die Gruppenspitze. Mit der Gruppenspitze, das heißt der Versicherungsnehmerin besteht ebenfalls ein Versicherungsvertrag, der sich z.B. auf die Side-B Deckung und auch auf die Fremdversicherung bezieht. Jedoch ohne Verfügungsbefugnis in diesem Bereich.

 

Rz. 9

Die verstreuten und vereinzelten Regelungen im deutschen Recht zur Gruppenversicherung stützen die hier vertretende Konstruktion der D&O-Versicherung als eine Mischform zwischen echtem und unechtem Gruppenversicherungsvertrag. So hat bei Gruppen-Restschuldversicherungen der Versicherer auch die versicherte Person zu beraten und zu informieren (§ 7 d Satz 1 VVG), bei der Krankenversicherung besteht bei Beendigung ein Anspruch auf Fortsetzung der versicherten Person (§ 207 Abs. 2 Satz 3 VVG). Typisch für die Gruppenversicherung ist, dass der Versicherte keine eigene Entscheidung über den Beitritt treffen kann,[8] dies trifft auch auf die D&O-Versicherung uneingeschränkt zu. Die Gesellschaft als Gruppenspitze wird Vertragspartnerin, also Versicherungsnehmerin. Sie ist für den Geschäfts- und Zahlungsverkehr zuständig. Die zu versichernde Gruppe, hier d...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge