Rz. 1

B4-1.1 AVB D&O enthält eine sog. Subsidiaritätsklausel, die in D&O-Versicherungsbedingungen in verschiedenen Fassungen weitverbreitet sind. Danach soll der Versicherungsschutz im Verhältnis zu anderen Versicherungsverträgen nur nachrangig eingreifen. So kann z.B. bei dem Aufeinandertreffen einer persönlichen D&O-Versicherung und einer unternehmensfinanzierten D&O-Versicherung eine Doppelversicherung vermieden werden. Hat ein Geschäftsführer z.B. ein Aufsichtsratsmandat in einer anderen Gesellschaft, das jedoch als Fremdmandat bei der von der GmbH abgeschlossenen D&O mitversichert ist, besteht jedoch bei der Zielgesellschaft ebenfalls eine D&O-Deckung, lässt sich durch eine Subsidiaritätsklausel eine Doppelversicherung vermeiden. Weitere Anwendungsfälle wären andere Vermögensschaden-Haftpflichtversicherungen: Ist z.B. der Geschäftsführer gleichzeitig als Anwalt zugelassen und erbringt er für die GmbH eine anwaltliche Leistung, hätte er für daraus resultierende Vermögensschäden grundsätzlich Versicherungsschutz aus der für Anwälte verpflichtenden Berufshaftpflichtversicherung. Ebenfalls ist eine Subsidiarität ratsam bei zeitlich aufeinanderfolgenden Deckungen, bei denen durch eine Rückwärtsdeckung oder ggf. Nachmeldefrist eine Doppelversicherung entstehen würde. Die D&O-Versicherung kann daher subsidiär ausgestaltet werden.

 

Rz. 2

Wir unterscheiden zwischen der einfachen und qualifizierten Subsidiaritätsklauseln. Bei der einfachen (synonym: eingeschränkten) Subsidiaritätsklausel ist der Versicherer dann eintrittspflichtig, wenn kein Anspruch gegen den Versicherer aus einer anderweitigen Versicherung besteht. Die Definition wird man darauf erweitern müssen, dass der erste Versicherer auch dann eintrittspflichtig ist, wenn der andere Versicherer nicht leistet. Der Subsidiärversicherer muss also nur in dem Umfang keinen Versicherungsschutz gewähren, wie eine anderweitige Versicherung besteht und im konkreten Fall auch Deckung bietet. Dies ist die Situation bei der Klausel in B4-1.1 AVB D&O.

 

Rz. 3

Bei der qualifizierten Subsidiaritätsklausel soll die Versicherung grundsätzlich nicht eingreifen, unabhängig davon, ob aus dem anderen Versicherungsvertrag ein Leistungsanspruch besteht.

 

Rz. 4

Die einfache Subsidiaritätsklausel kann auch mit einer qualifizierten Subsidiaritätsklausel kombiniert werden, z.B. bei einer persönlichen D&O, die gegenüber der unternehmensfinanzierten D&O-Versicherung einfach nachrangig oder gegenüber anderen etwaig bestehenden Vermögensschaden-Haftpflichtversicherungen qualifiziert nachrangig ausgestaltet ist. Beispiel aus einem Deckungskonzept:

„Besteht für einen unter diesem Versicherungsvertrag geltend gemachten Schaden auch unter einem anderen, zeitlich früher abgeschlossenen Versicherungsvertrag Versicherungsschutz, so ist der Versicherungsnehmer verpflichtet, den Schaden zunächst unter dem anderweitigen Versicherungsvertrag geltend zu machen. Die Leistungspflicht des Versicherers unter diesem Vertrag besteht nur, wenn und insoweit der anderweitige Versicherer – außer in Fällen der eigenen Zahlungsunfähigkeit - nicht leistet.

Versicherungsschutz besteht in diesem Fall in Ergänzung zu der Leistung des anderen Versicherers, im Rahmen und im Umfang des gegenständlichen Versicherungsvertrags, soweit der Versicherungsschutz unter diesem Vertrag weiter ist als unter dem anderen einschlägigen Versicherungsvertrag (Konditionendifferenzdeckung / DIC) oder der anderweitige Versicherungsschutz durch Zahlung verbraucht ist (Summenausschöpfungsdeckung / DIL).

Kommt es zu einer Leistung aus diesem Versicherungsvertrag, weil der Versicherer des anderweitigen Versicherungsvertrages seine Leistungspflicht gegenüber dem Versicherungsnehmer bestreitet, so ist dieser verpflichtet, diese Versicherungsverträge offen zu legen und etwaige Ansprüche aus dem anderweitigen Versicherungsvertrag auf Weisung des Versicherers durchzusetzen oder an ihn abzutreten.

Sofern der Versicherungsnehmer das durch diesen Versicherungsvertrag versicherte Risiko auch anderweitig versichert (Doppelversicherung, Anschlussversicherung), ist dies dem Versicherer unter Angabe des Versicherers und der Versicherungssumme unverzüglich anzuzeigen, unabhängig davon, ob der Versicherungsschutz bei dem Versicherer des gegenständlichen Vertrags oder bei einem anderen Versicherer besteht.

Enthält ein anderweitig bestehender Vertrag hiermit vergleichbare Regelungen, so geht der Versicherungsvertrag vor, der mit dem geltend gemachten Schaden im engeren sachlichen Zusammenhang steht. Ein engerer sachlicher Zusammenhang besteht etwa zu dem Vertrag, der für das versicherte Risiko eine speziellere Deckung, insbesondere, aber nicht ausschließlich, eine Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung für Vorsorgeunternehmen (PTL), für Wertpapieremissionen (POSI bzw. IPO), für Unternehmenskäufe (W&I), für Cyber-Risiken, für Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis (EPLI) oder eine Vertrauensschadenversicherung bietet.”

 

Rz. 5

Bei der vorgenannten Klausel könnte die im l...

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