Entscheidungsstichwort (Thema)

Alters- und Geschlechterdiskriminierung durch Zeitungsanzeige und Äußerungen. subjektive Determinierung zur Klageerhebung

 

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 1.890,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 10.04.2007 zu bezahlen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits zu 1/4 und die Klägerin zu 3/4.

3. Der Streitwert wird auf EUR 7.000,00 festgesetzt.

4. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um einen Entschädigungsanspruch.

Die Beklagte ist ein mittelständisches Unternehmen der Befestigungstechnik. In den Jahren 2006 bis 2007 wurden drei Arbeitnehmer zwischen 47 und 52 Jahren eingestellt. Der durchschnittliche Verdienst für Außendienstmitarbeiter der Beklagten betrug zuletzt 1.890,– EUR brutto.

Im Februar 2007 suchte die Beklagte eine Kraft zur Erweiterung ihres Außendienstes. Per Inserat vom 03.02.2007 schaltete sie in der Badischen Zeitung eine Stellenanzeige. In dieser heißt es:

„Wir suchen erfolgsorientierte, branchenkundige Außendienst-Verkäufer für den Großraum Offenburg – Freiburg – Lörrach. Sie verfügen bereits über Kontakte zu unseren Kunden und sind ein Verkaufsprofi mit Leib und Seele. … Idealerweise sind Sie nicht älter als 45 Jahre.”

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das Inserat (Bl. 9 d. A.) Bezug genommen.

Auf die Annonce wurde ein Mann eingestellt, der älter als 45 Jahre ist.

Auf diese Stellenanzeige hin bewarb sich die Klägerin mit Schreiben vom 07.02.2007.

Die 52 Jahre alte Klägerin ist ausgebildete Industriekauffrau. Während ihrer beruflichen Laufbahn arbeitete sie vier Jahre als Einkäuferin in den Bereichen DIN und Normteile in einem Unternehmen für Siebmaschinen und Werkstoffe der Automobilbranche. Von 1999 bis 2006 war sie als Bezirksleiterin im Außendienst bei einem Versandunternehmen tätig.

Am 15.02.2007 setzte sich die Klägerin mit dem Geschäftsführer der Beklagten, Herrn R., zwecks ihrer Bewerbung telefonisch in Verbindung. Herr R. entgegnete auf ihr Anliegen: „Ach ja, eine Frau, das ist ja interessant, dass sich auch einmal eine Dame bewirbt.” Auf Nachfrage der Klägerin, die nicht nachvollziehen konnte was ihre Bewerbung mit ihrem Geschlecht zu tun habe und fragte: „Ja, wieso”, wurde ihr gesagt, sie möge nochmals genau das Inserat lesen. Im weiteren Verlauf des Telefonats führte der Geschäftsführer aus, dass das

Unternehmen im harten Konkurrenzkampf u. a. mit der Firma W. stehe und sich Bewerber meldeten, „die noch nie im Leben eine Schraube” gesehen hätten. Im Übrigen sei die Stelle noch nicht vergeben und sie werde Bescheid erhalten.

Am 12.03.2007 erhielt die Klägerin ein Ablehnungsschreiben der Beklagten. Bei der Arbeitsagentur schilderte sie das Gespräch mit Herrn R. und erklärte, sie sei hierüber „irritiert” gewesen. Der Arbeitsberater machte sie darauf aufmerksam, dass die Anzeige nicht geschlechtsneutral formuliert gewesen und sie diskriminiert worden sei.

Die Klägerin behauptet, die Beklagte habe sie lediglich aufgrund ihres Geschlechts und ihres Alters nicht eingestellt. Herr R. habe ihren beruflichen Werdegang überhaupt nicht gelesen. Sie verfüge aufgrund ihrer bisherigen Arbeitsverhältnisse über die erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse, um die ausgeschriebene Tätigkeit auszuüben. Die Einstellungspraxis der Beklagten in den letzten Jahren entlastet diese nicht vom Vorwurf der Altersdiskriminierung, da die Einstellungen vor Inkrafttreten des „Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes” (AGG) vorgenommen worden seien.

Als Entschädigungshöhe halte sie zwei Monatsgehälter à 3.500,– EUR für angemessen. Diese Summe orientiere sich zum einen an den Vergütungssätzen des Konkurrenzunternehmens W., zum anderen sei bei Unternehmen der Befestigungsbranche üblicherweise der Manteltarifvertrag für die Beschäftigten der Metallindustrie Nordwürttemberg/Nordbaden anzuwenden, bzw. dieser als Orientierung für die Entlohnung zu nehmen. Verkaufsmitarbeiter im Innendienst würden hiernach mit 3.529,06 EUR brutto (K 6) Anfangsgehalt vergütet.

Die Klägerin b e a n t r a g t :

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 7.000,– EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Die Beklagte b e a n t r a g t,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte bestreitet eine geschlechts- und altersbedingte Diskriminierung der Klägerin. Die Anzeige sei geschlechtsneutral formuliert gewesen, da der Begriff „Außendienst-Verkäufer” im Plural zu verstehen sei, d. h. es seien mehrere Verkäufer gesucht worden. Sie sei jederzeit bereit, weibliche Außendienstmitarbeiterinnen einzustellen. Die Klägerin sei deshalb nicht eingestellt worden, weil sie nicht über die erforderlichen Branchenkenntnisse und Kontakte verfüge, was aus ihren Bewerbungsunterlagen ersichtlich gewesen sei, die ihr Geschäftsführer eingehend studiert habe. Die Aussagen ihres Geschäftsführers gegenüber der Klägerin hätten sich allein auf diese fehlenden Einstellungsvo...

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