Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch auf Gewährung freier und ermäßigter Flüge

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Begriff „Ruhestand” im Sinne von Artikel 13 des Reglements erfordert nicht das Erreichen der Altersgrenze. Auch Arbeitnehmer, die eine Berufsunfähigkeitsrente beziehen, befinden sich nach allgemeinem Sprachgebrauch im Ruhestand. Auch Leistungen bei Invalidität sind Ruhegeldleistungen im Sinne von § 1 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung.

2. Mit einer umfassenden Abgeltungsklausel in einem Aufhebungsvertrag sollen in der Regel alle Ansprüche im Wege eines Erlassvertrages (§ 397 Abs. 1 BGB) zum Erlöschen gebracht werden, die bereits fällig waren oder unmittelbar mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Zusammenhang stehen und die den Erklärenden bekannt waren oder mit deren Bestehen zu rechnen war. Nicht erfasst werden in der Regel Ansprüche, die erst später fällig werden und die vom Arbeitnehmer durch seine Arbeitsleistung bereits erdient wurden.

 

Normenkette

TVG § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 4

 

Tenor

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger freie bzw. ermäßigte Flüge gemäß dem jeweils gültigen Reglement über Rabattvergünstigungen bei Flugscheinen für das Bodenpersonal als sich im Ruhestand befindlicher zu gewähren.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf DM 10.000,00 festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über einen Anspruch auf Gewährung freier und ermäßigter Flüge.

Die Beklagte, eine Luftverkehrsgesellschaft, beschäftigte den Kläger seit 01. Juli 1969. Der Kläger war bis Mitte der Achtziger Jahre Mitglied der … Gewerkschaft (…). Am 17. Oktober 1990 unterzeichneten die Parteien einen Anstellungsvertrag, dem gemäß der Kläger zum Frachtleiter befördert wurde und der unter anderem folgende Regelungen enthält:

㤠1 ...

II. Das Arbeitsverhältnis endet spätestens mit Ablauf des Monats, in welchem der Arbeitnehmer das 65. Lebensjahr vollendet hat.

§ 2 ...

Il. Als außertariflicher Angestellter fällt der Mitarbeiter nicht unter den Geltungsbereich des jeweils geltenden Mantel- und Tarifvertrages, soweit in diesem Vertrag nicht etwas anderes geregelt ist …

§ 14

Die Gewährung von freien und ermäßigten Flügen erfolgt gemäß den bei jeweils gültigen Bestimmungen …

§ 23

I. Ansprüche auf Gehalt, Provisionen und Vergütungen für Mehr-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit, sowie alle übrigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, aus dem Tarifvertrag und aus dem Gesetz sind vom Mitarbeiter binnen drei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der Firma schriftlich geltend zu machen …

Weitere Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis sind vom Mitarbeiter spätestens drei Monate nach Beendigung des Arbeitsverhältnis schriftlich anzuzeigen.

Werden die Ansprüche abgelehnt, so sind sie innerhalb einer Frist von weiteren zwei Monaten arbeitsgerichtlich geltend zu machen.

II. Die Ansprüche … erlöschen, wenn sie nicht innerhalb der darin festgesetzten Fristen schriftlich der Firma gegenüber erhoben bzw. eingeklagt wurden.”

Gemäß § 40 des von der Beklagten am 26. April 1995 mit der … geschlossenen Manteltarifvertrages Nr. 8 (im Folgenden: MTV) ist „für die Gewährung von Personalflugscheinen … die allgemeine Geschäftsordnung der Gesellschaft maßgebend.” Derzeit maßgeblich ist das in der Anlage zur Sitzungsniederschrift vom 10. März 1999 (Bl. 41 – 43 d.A.) ersichtliche „Reglement über Rabattvergünstigungen bei Flugscheinen für das Bodenpersonal”.

Dessen Artikel 3 lautet in deutscher Übersetzung:

„Um in den Genuss der Vergünstigungen zu gelangen, die das vorliegende Reglement vorsieht, ist eine Zugehörigkeit zur Belegschaft im aktiven Dienst der Gesellschaft erforderlich mit Ausnahme derer, die sich im Ruhestand oder im Wartestand befinden. Das Personal, auf das das nationale Arbeitsrecht nicht zutrifft, sowie das im Ausland angestellte Personal, das keiner besonderen Klausel unterliegt, muss mindestens acht Monate ununterbrochen im Dienst von … stehen.”

Nachdem der Kläger aufgrund einer schweren Erkrankung dauerhaft zur Erbringung der vertraglichen Arbeitsleistung nicht mehr in der Lage war, schlossen die Parteien am 27. Mai 1997 folgenden Aufhebungsvertrag:

„1. Die Parteien sind sich darüber einig, dass das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 31.12.1997 auf Veranlassung der Firma aus betriebsbedingten Gründen und unter Einhaltung der Kündigungsfrist einvernehmlich beendet wird.

2. Aus Anlass der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zahlt die Firma … Herrn eine … Abfindung von DM 312.812,50. …

6. Die Parteien sind sich darüber einig, dass andere als in diesem Aufhebungsvertrag geregelte Ansprüche nicht mehr gegeneinander bestehen.

7. Die Versorgungsansprüche richten sich nach dem jeweils geltenden Versorgungstarifvertrag.”

Mit Bescheid vom 03. Dezember 1997 gewährte die Allianz Lebensversicherungs-AG dem Kläger mit sofortiger Wirkung eine Berufsunfähigkeitsrente, da der Kläger zu 100% berufsunfähig sei. Der Kläger verlangte im Februar 1998 und mit Schreiben vom...

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