Tenor

Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, dem Antragsteller einen Arbeitnehmer bzw. eine Arbeitnehmer in zur Verfügung zu stellen, der/die während den Gesamtbetriebsratssitzungen Protokoll führt und im Anschluß das Protokoll erstellt.

 

Tatbestand

I.

Die Antragsgegnerin ist ein Unternehmen, welches in der Bundesrepublik Deutschland im Umfeld der amerikanischen Stationierungsstreitkräfte Bankgeschäfte betreibt und ca. 1.600 Arbeitnehmer beschäftigt; der Antragsteller ist der bei der Antragsgegnerin bestehende Gesamtbetriebsrat; die Antragsgegnerin war in 4 Distrikte und eine Hauptverwaltung gegliedert; in jeder dieser 5 Einheiten bestand ein Betriebsrat.

Seit Anfang 1960 nahm an den Sitzungen des Antragstellers, gestellt von der Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin, eine Protokollführerin teil, deren Aufgabe es unter anderem war, den Gang der Diskussion und die zu fassenden Beschlüsse festzuhalten, Schreiben direkt zu fertigen und zum Versand zu bringen sowie Unterlagen, welche in der Sitzung benötigt wurden, zu fotokopieren. An den Sitzungen nahmen ursprünglich normalerweise die 5 Repräsentanten der Betriebsräte sowie regelmäßig ein Vertreter der im Betrieb vertretenen Gewerkschaft und darüberhinaus im Bedarfsfalle Vertreter der Antragsgegnerin teil. Im Durchschnitt waren auf der Tagesordnung 10 bis 15 verschiedene Verhandlungspunkte aufgeführt; die Sizungsdauer betrug etwa 6 Stunden. Das erstellte Protokoll wies einen Unfang von etwa 8 Schreibmaschinenseiten auf. Mit Schreiben vom 23. November 1989 (vgl. Bl. 25 d.A.) teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller unter anderen mit, daß sie mit sofortiger Wirkung eine Kostenübernahme für die Freistellung einer Protokollführerin und die evtl. anfallenden Reisekosten ablehne. Im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlungen bestand bei der Antragsgegnerin ein 28-köpfiger Gesamtbetriebsrat.

Der Antragsteller ist der Ansicht, ihm stehe zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung seiner Aufgaben während der Gesamtbetriebsratssitzungen die Unterstützung durch einen Protokollführer/eine Protokollführerin zu.

Der Antragsteller beantragt,

die Antragsgegnerin zu verpflichten, dem Antragsteller einen Arbeitnehmer/eine Arbeitnehmerin zur Verfügung zu stellen, der/die während der Gesamtbetriebsratssitzungen Protokoll führt und im Anschluß das Protokoll erstellt.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin ist der Ansicht, es sei ausreichend, dem Gesamtbetriebsrat für die nachträgliche Reinschrift des Stichwortprotokolls eine Schreibkraft zur Verfügung zu stellen; für die Erstellung des Stichwortprotokolls genüge es, ein Diktiergerät hinzuzuziehen.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Der Antrag ist begründet.

Gemäß § 40 Abs. 2 BetrVG hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat für die Sitzungen, die Sprechstunden und die laufende Geschäftsführung in erforderlichem Umfang unter anderem Büropersonal zur Verfügung zu stellen; gemäß § 51 Abs. 1 Satz 1 BetrVG 9 lt. § 40 BetrVG auch für den Gesamtbetriebsrat.

Nach allgemeiner Meinung besteht der Anspruch auf eine Schreibkraft auch dann, wenn ein freigestelltes Betriebsratsmitglied über schreibtechnische Kenntnisse verfügt; je nach Art und Größe des Betriebes hat der Arbeitgeber eine Schreibkraft stundenweise oder für bestimmte Tage zur Verfügung zu stellen, wobei es in größeren Betrieben allgemein für erforderlich gehalten wird, eine oder auch mehrere Schreibkräfte ausschließlich für die Betriebsratsarbeit einzustellen (vgl. Fitting/Auffahrth/Kaiser/Heither BetrVG 16. Aufl. § 40 Rz. 46 m.w.N.; ebenso: Hess/Schlochauer/Glaubitz BetrVG 3. Aufl. § 40 Rz. 86 m.w.N.).

Die Antragsgegnerin gesteht dem Gesamtbetriebsrat vorliegend zwar die Gestellung einer Schreibkraft für die nachträgliche Niederschrift des Stichwortprotokolls zu, nicht jedoch eine Protokollführerin für die Dauer der Gesamtbetriebsratssitzung. Das Verlangen, eine Protokollführerin für die gesamte Sitzungsdauer zur Verfügung gestellt zu bekommen, hält sich im Rahmen der Anforderungen des § 40 Abs. 2 BetrVG und ist erforderlich. Zunächst ist bereits nicht ersichtlich, weshalb die Antragsgegnerin nunmehr von einer 30 Jahre langen Praxis abweichen will. Entscheidend ist jedoch, daß, so wenig von einem freigestellten Betriebsratsmitglied mit schreibtechnischen Kenntnissen die Erstellung von Schreibarbeiten verlangt werden kann, von einem Betriebsratsmitglied jedenfalls dann nicht die Führung eines Stichwortprotokolls während einer Sitzung erwartet werden kann, wenn Sitzungsdauer und Umfang der verhandelten Tagesordnungspunkte einen erheblichen Umfang annehmen; alle Betriebsrats- bzw. Gesamtbetriebsratsmitglieder sind während einer solchen Sitzung gehalten, die Verhandlungen zum Wohl der Arbeitnehmer und des Betriebes intensiv zu führen (vgl. § 2 Abs. 1 BetrVG); daran würden sie jedoch gehindert, wenn ein Betriebsratsmitglied als Protokollführer fungier...

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