Leitsatz

Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, nach denen das Angebot des anderen Teils unbefristet fortbesteht und von dem Verwender jederzeit angenommen werden kann, sind auch dann mit § 308 Nr. 1 BGB unvereinbar, wenn sich der andere Teil durch einen Widerruf von seinem Angebot lösen kann

 

Normenkette

§ 308 Nr. 1 BGB

 

Das Problem

  1. B beauftragt T mit dem Verkauf eines gebrauchten, vermieteten Wohnungseigentums. Mitarbeiter von T führen Beratungsgespräche mit K und stellen in einem Gespräch am 12. August 2006 auch B's Wohnungseigentum vor. Mit notarieller Urkunde vom gleichen Tag gibt K ein Kaufangebot ab, das die folgende Klausel enthält: "An dieses Angebot hält sich der Käufer auf die Dauer von 4 Wochen von heute an gebunden. Nach Ablauf dieser Frist erlischt nicht das Angebot, sondern nur die Bindung hieran. Die Annahme des Angebots kann solange erklärt werden, solange dem beurkundenden Notar gegenüber das Angebot nicht schriftlich widerrufen worden ist. Für die Wirksamkeit des Vertragsabschlusses soll die Beurkundung der Annahmeerklärung ausreichen. Des Zugangs einer Ausfertigung der Annahmeerklärung beim Käufer bedarf es zur Wirksamkeit nicht."
  2. Mit notarieller Erklärung vom 2. Oktober 2006 nimmt B das Angebot an. K zahlt den Kaufpreis in Höhe von 91.000 EUR und wird als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen.
  3. Später verlangt K den Kaufpreis zurück, weil er den Kaufvertrag als unwirksam ansieht. Seine Klage hat vor dem Landgericht Erfolg, vor dem Kammergericht aber nicht. K's Angebot sei im Zeitpunkt der Annahme noch nicht erloschen gewesen. Die maßgebliche Klausel sei nicht gemäß § 308 Nr. 1 BGB unwirksam.

    § 308 BGB (Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit)

    In Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist insbesondere unwirksam

    1. (Annahme- und Leistungsfrist)

    eine Bestimmung, durch die sich der Verwender unangemessen lange oder nicht hinreichend bestimmte Fristen für die Annahme oder Ablehnung eines Angebots oder die Erbringung einer Leistung vorbehält; ausgenommen hiervon ist der Vorbehalt, erst nach Ablauf der Widerrufsfrist nach § 355 Absatz 1 und 2 zu leisten;

    ….

    Die Klausel sehe lediglich eine Bindung von 4 Wochen vor. Auch sei nicht zu beanstanden, dass das Angebot nach Ablauf dieser Frist widerruflich fortgelte. K habe es ohne Weiteres offen gestanden, von dem Vertrag Abstand zu nehmen. Auf die schuldhafte Verletzung eines zwischen den Parteien geschlossenen Beratungsvertrags könne sich K nicht stützen, weil jedenfalls kein Beratungsfehler ersichtlich sei. Mit der Revision will K die Zurückweisung der Berufung erreichen.

 

Entscheidung

  1. Mit Erfolg! K habe einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des Wohnungseigentums gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB. K habe den Kaufpreis ohne Rechtsgrund geleistet. Ein Kaufvertrag sei nicht zustande gekommen.
  2. Als B das Angebot angenommen habe, sei die in dem Kaufangebot bestimmte 4-wöchige Bindungsfrist, die sich – regelmäßig und auch hier – mit der dem Empfänger für die Annahme des Angebots eingeräumten Frist (§ 148 BGB) deckt, verstrichen; denn B habe die Annahmeerklärung erst nach Ablauf von fast 2 Monaten abgegeben.
  3. Die in dem Angebot enthaltene Erklärung, dass nach Ablauf der 4-wöchigen Bindungsfrist nur die Bindung an das Angebot, nicht aber das Angebot selbst erlöschen solle, führe nicht zu einer Fortgeltung des Angebots. Die Klausel sei gemäß § 308 Nr. 1 BGB unwirksam. Das Kammergericht sehe die Klausel als von B gestellte Allgemeine Geschäftsbedingung an. Dies sei nicht zu beanstanden. Danach unterliege die Klausel gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 1 und 2 BGB den Vorschriften über die richterliche Kontrolle des Inhalts Allgemeiner Geschäftsbedingungen (§§ 307 bis 309 BGB) und werde als Vertragsabschlussklausel von § 308 Nr. 1 BGB erfasst.
  4. Der Senat habe bereits entschieden, dass Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, nach denen das Angebot des anderen Teils unbefristet fortbesteht und von dem Verwender jederzeit angenommen werden kann, auch dann mit § 308 Nr. 1 HS 1 BGB unvereinbar seien, wenn sich der andere Teil durch einen Widerruf von seinem Angebot lösen könne.
  5. Danach sei K's Angebot im Zeitpunkt der Annahme gemäß § 146 BGB erloschen gewesen. Anhaltspunkte dafür, dass K B's verspätete Annahmeerklärung, die gemäß § 150 Abs. 1 BGB als neues Angebot gelte, angenommen habe, seien nicht ersichtlich. Eine Annahme durch Schweigen komme bei beurkundungsbedürftigen Grundstücksgeschäften nicht in Betracht.
  6. Ob K den Rückzahlungsanspruch auch auf § 280 Abs. 1 BGB wegen schuldhafter Verletzung der Pflichten aus einem zwischen den Parteien geschlossenen Beratungsvertrag stützen kann, könne offen bleiben. Denn über den Bereicherungsanspruch hinausgehende Rechte könnten sich aus § 280 Abs. 1 BGB nicht ergeben.
  7. Danach sei die Sache an das Kammergericht zurückzuverweisen. Dieses habe keine Feststellungen zur Höhe von K's Bereicherungsanspruchs getroffen, insbesondere im Hinblick auf etwaige Nutzungen bzw. Verwendungen auf die Sache...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge