Rz. 28

Erhält eine Partei oder erhalten beide Parteien Gerichtskosten von der Landeskasse zurückerstattet, so ergeben sich ebenfalls keine Kostenerstattungsansprüche untereinander. Es stellt sich dann aber die Frage, ob an den Rückzahlungen der Landeskasse ein Quotenvorrecht geltend gemacht werden kann.

 

Beispiel 7: In einem Verfahren (Streitwert 5.000,00 EUR) hat der Kläger 483,00 EUR Gerichtsgebühren gezahlt. Beide Parteien haben zudem je 1.000,00 EUR Vorschuss für einen Sachverständigen eingezahlt. Hiernach schließen die Parteien einen Vergleich, bevor das Gericht den Sachverständigen beauftragt hat.

Angefallen ist jetzt nur eine 1,0-Gebühr i.H.v. 161,00 EUR. Der Kläger erhält also 1.322,00 EUR nicht verbrauchte Kosten aus der Landeskasse zurückerstattet und der Beklagte 839,00 EUR. Ein Erstattungsanspruch gegen den Gegner hinsichtlich der Gerichtskosten kommt dagegen nicht in Betracht.

Die Frage ist jetzt, ob der Kläger an den zurückgezahlten 1.322,00 EUR ein Quotenvorrecht geltend machen kann. Insoweit ist strittig, ob auch dieser Rückzahlungsanspruch dem Quotenvorrecht unterliegt. Die Rechtsprechung[11] und Literatur[12] nehmen dies zum Teil an und machen keinen Unterschied zu den Kostenerstattungsansprüchen.

Nach zutreffender Auffassung handelt es sich hier jedoch lediglich um einen Abrechnungsanspruch, für den § 86 VVG nicht gilt. Der Anspruchsübergang erfolgt hier nach § 17 Abs. 8 ARB 2010, sodass an dem Auszahlungsanspruch gegenüber der Landeskasse auch kein Quotenvorrecht geltend gemacht werden kann.[13]

Diese Auffassung dürfte wohl zutreffend sein, da § 86 Abs. 1 S. 2 VVG ausdrücklich einen Schadensersatzanspruch, also einen Kostenerstattungsanspruch, voraussetzt. Bei dem Anspruch auf Rückzahlung nicht verbrauchter Gerichtskosten handelt es sich aber nicht um einen Erstattungsanspruch, sondern lediglich um ein Abrechnungsguthaben, das dem Versicherer unabhängig von § 86 VVG zusteht bzw. auf ihn übergeht, nämlich nach § 17 Abs. 8 ARB 2010. Dass nur dies richtig sein kann, zeigt sich insbesondere beim Beklagten.

Es verhält sich hier nicht anders als bei einer überzahlten Anwaltsvergütung. Muss der Anwalt im Nachhinein einen Vorschuss teilweise zurückzahlen oder sogar einen abgerechneten Betrag, etwa weil der Streitwert im Nachhinein reduziert worden ist, greift auch kein Quotenvorrecht.

 

Rz. 29

Reicht der Kostenerstattungsanspruch nicht aus, um die nicht gedeckten Kosten auszugleichen, bleibt der Mandant auf diesen Kosten sitzen.

 

Beispiel 8: Der Anwalt hatte nach Abschluss des Verfahrens nach dem gerichtlich festgesetzten Streitwert i.H.v. 15.000,00 EUR seine Vergütung mit 2.159,85 EUR abgerechnet. Der Rechtsschutzversicherer hat diesen Betrag abzüglich 250,00 EUR Selbstbeteiligung gezahlt. Auf die Streitwertbeschwerde des Gegners wird der Streitwert auf 5.000,00 EUR herabgesetzt, sodass sich nur noch eine Vergütung i.H.v. 1.017,45 EUR ergibt.

Dieser Rückzahlungsanspruch steht gem. § 17 Abs. 8 ARB 2010 dem Rechtsschutzversicherer zu, nicht dem Mandanten. Ein Fall des § 86 Abs. 1 S. 2 VVG ist daher nicht gegeben.

 

Rz. 30

Würde man in diesen Fällen ein Quotenvorrecht bejahen, hätte es der Anwalt in der Hand, durch überhöhte Vorschussanforderungen oder Abrechnungen oder zu hohe Wertangaben bei Gericht Rückzahlungsansprüche zu provozieren, um dann das Quotenvorrecht für den Mandanten ausüben zu können.

[11] AG Wetzlar AGS 2007, 115.
[12] Harbauer/Schneider, § 17 ARB 2010 Rn 174; K. Schneider, Rn 479 a.E.
[13] AG Kempten AGS 2011, 363 = RVGreport 2011, 400 = NJW-Spezial 2011, 381; LG Heilbronn AGS 2016, 104 = NJW-Spezial 2016, 92.

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