Rz. 9

Hier ist die Abrechnung relativ einfach. Der Mandant erhält letztlich aus Versicherungsleistung und Kostenerstattung sämtliche Kosten gedeckt.

 

Beispiel 2: Wie Beispiel 1 (vgl. Rdn 7), jedoch sind die Kosten des Rechtsstreits zu 40 % dem Mandanten auferlegt worden und zu 60 % dem Beklagten.

An der Abrechnung gegenüber dem Mandanten ändert sich gegenüber dem Beispiel 1 nichts. Auch der Rechtsschutzversicherer zahlt wiederum den gleichen Betrag wie in Beispiel 1.

Nunmehr wird die Kostenausgleichung wie folgt durchgeführt:

 
a) Kosten des Klägers    
1. Anwaltskosten   2.579,92 EUR
2. vorgelegte Gerichtskosten   1.146,00 EUR
3. Parteikosten   58,30 EUR
Gesamt   3.784,22 EUR
b) Kosten des Beklagten    
1. 1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100   1.068,60 EUR
2. 1,2-Terminsgebühr, VV 3104   986,40 EUR
3. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 2.075,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   394,25 EUR
Gesamt   2.469,25 EUR
c) Zwischensumme   6.253,47 EUR
d) hiervon 40 %   2.501,39 EUR
e) abzgl. eigener Kosten des Mandanten   – 3.784,22 EUR
Ausgleichsanspruch des Mandanten   1.282,83 EUR

Dieser Betrag wird festgesetzt und vom Beklagten an den Anwalt des Mandanten gezahlt.

Jetzt ist zunächst einmal zu fragen, inwieweit dieser Anspruch auf den Rechtsschutzversicherer nach § 86 Abs. 1 S. 1 VVG übergegangen ist.

Der Kostenerstattungsanspruch des Mandanten beträgt

 
Anwaltskosten des Mandanten 2.579,92 EUR
Gerichtskosten, 3,0-Gebühr 1.146,00 EUR
Parteikosten 58,30 EUR
Zwischensumme 3.784,22 EUR
hiervon 60 % 2.270,53 EUR

An dieser Stelle ist jetzt zum einen zu berücksichtigen, dass der Rechtsschutzversicherer die Reisekosten des Anwalts gar nicht gezahlt hat, sodass i.H.v. 60 % der Reisekosten, die ja in der Erstattung enthalten sind, ein Anspruchsübergang nach § 86 Abs. 1 S. 1 VVG schon gar nicht stattfinden kann. Gleiches gilt für die 200,00 EUR Selbstbeteiligung und die Parteikosten.

Übergangsfähig nach § 86 Abs. 1 S. 1 VV sind also nur:

 
Anwaltskosten des Mandanten (ohne Reisekosten abzüglich Selbstbeteiligung) 2.269,25 EUR
Gerichtskosten, 3,0-Gebühr 1.146,00 EUR
Zwischensumme 3.415,25 EUR
hiervon 60 % 2.049,15 EUR
Damit ist als Zwischenergebnis festzuhalten, dass der Erstattungsanspruch i.H.v. 2.270,53 EUR – 2.049,15 EUR = 221,38 EUR
gar nicht auf den Versicherer übergehen konnte, sondern beim Mandanten verblieben ist.  
Da dem Mandanten aber 368,97 EUR
nicht versicherte Kosten entstanden sind, fehlen ihm jetzt noch 147,59 EUR.

Würde auch insoweit der Kostenerstattungsanspruch auf den Versicherer übergehen, würde dies zum Nachteil des Mandanten gereichen. Das würde gegen § 86 Abs. 1 S. 2 VVG verstoßen. Also ist auch in Höhe der weiteren 147,59 EUR der Anspruch beim Mandanten verblieben.

Aus der Kostenerstattung darf der Mandant also insgesamt entnehmen:

 
nach § 86 Abs. 1 S. 1 VVG verbliebene 221,38 EUR
nach § 86 Abs. 1 S. 2 VVG verbliebene 147,59 EUR
Gesamt 368,97 EUR
Auf den Rechtsschutzversicherer geht damit lediglich der Restbetrag i.H.v.
festgesetzte Kosten 1.282,83 EUR
abzgl. beim Mandanten verbliebene – 368,97 EUR
Gesamt 913,86 EUR
über und ist an diesen weiterzuleiten.  
 

Rz. 10

Häufig wird von den Rechtsschutzversicherern die Geltung des Quotenvorrechts in der Rechtsschutzversicherung geleugnet. Das ist jedoch unzutreffend. Bei der Rechtsschutzversicherung handelt es sich um eine Schadensversicherung,[3] sodass auch für sie § 86 VVG gilt.[4]

 

Rz. 11

Des Weiteren wird eingewandt, die Vorabentnahme des Fehlbetrags unterlaufe die Regelungen des Versicherungsvertrags zum Selbstbehalt. Der Selbstbehalt solle bewirken, dass der Mandant auf jeden Fall mit Kosten belastet werde. Auch dies ist nicht zutreffend. Der Selbstbehalt betrifft die Frage, in welcher Höhe der Rechtsschutzversicherer den Versicherungsnehmer von Kosten freistellen muss; das Quotenvorrecht betrifft dagegen die Frage, in welcher Höhe ein Rücklauf erstatteter Kosten erfolgt. Der Versicherer muss auch bei Ausübung des Quotenvorrechts nie mehr zahlen, als vertraglich unter Einbeziehung des Selbstbehalts vereinbart ist. Er bekommt lediglich nicht alles erstattet. Das ist aber keine Frage des Selbstbehalts.

 

Rz. 12

Mitunter wird auch eingewandt, aus den ARB ergebe sich Gegenteiliges, nämlich, dass das Quotenvorrecht in der Rechtsschutzversicherung nicht geltend gemacht werden könne. Auch dieser Einwand ist unzutreffend. Nach § 87 VVG kann von der Regelung des § 86 Abs. 1 S. 2 VVG nicht abgewichen werden. Entsprechende Vereinbarungen in den ARB wären nichtig. Auch eine dahingehende Auslegung ist unzulässig.[5]

 

Rz. 13

Wie der Anwalt bei der Abrechnung mit dem Mandanten verfährt, also ob er die vom Rechtsschutzversicherer nicht gedeckten Kosten zunächst dem Mandanten in Rechnung stellt und einzieht oder sie zunächst als offenen Posten stehen lässt, ist unerheblich.

Wird der Fehlbetrag zunächst vom Mandanten eingefordert, dann handelt es sich bei der Kostenerstattung insoweit um Fremdgeld, das dem Mandanten dann auszuzahlen ist.
Lässt der Anwalt die nic...

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