Rz. 150

Wenig Beachtung findet die Frage, wie sich das Abschlussschreiben zur Abmahnung verhält. Beides sind außergerichtliche Tätigkeiten, die eine Geschäftsgebühr auslösen. In beiden Fällen ist der Gegenstand derselbe, nämlich der Hauptsacheanspruch. Daher ist insoweit von derselben Angelegenheit i.S.d. § 15 auszugehen.[55] Mit dem Abschlussschreiben wird die außergerichtliche Vertretung hinsichtlich der Hauptsache wieder aufgenommen und dem Verfügungsgegner nochmals Gelegenheit gegeben, die Sache ohne Hauptsacheprozess aus der Welt zu schaffen. Bei dem Abschlussschreiben handelt es sich folglich nicht um einen neuen Auftrag, sondern nur um den Auftrag, in der Hauptsache weiter tätig zu werden. Die Gebühren entstehen daher nicht erneut (§ 15 Abs. 5 S. 1).[56] Allerdings wird das Abschlussschreiben dazu führen, dass sich der Gebührensatz der außergerichtlichen Vertretung erhöht.

 

Beispiel: Der Anwalt mahnt den Gegner zunächst ab (Wert der Hauptsache: 30.000 EUR). Da der Gegner nicht reagiert, beantragt der Anwalt den Erlass einer einstweiligen Verfügung (Wert: 7.500 EUR), die der Anwalt für seinen Mandanten im Beschlussverfahren ohne mündliche Verhandlung erwirkt. Hiernach fordert er auftragsgemäß den Antragsgegner außergerichtlich auf, den Verfügungsanspruch anzuerkennen und auf seine Rechte gegen die Verfügung zu verzichten, was dann auch geschieht.

Für das Verfügungsverfahren entsteht die Gebühr nach VV 3100 aus dem Wert von 7.500 EUR. Für die Abmahnung ist eine Geschäftsgebühr nach VV 2300 aus dem Wert der Hauptsache, also aus 30.000 EUR entstanden. Hier soll von der Mittelgebühr ausgegangen werden. Durch die Wiederaufnahme der außergerichtlichen Vertretung entsteht keine weitere Geschäftsgebühr. Die Tätigkeit betreffend das Abschlussschreiben stellt sich vielmehr als Fortsetzung der außergerichtlichen Vertretung dar und führt lediglich zu einer Erhöhung des Gebührensatzes, der hier leicht überdurchschnittlich mit 1,8 angenommen werden soll.

 
I. Außergerichtliche Vertretung betreffend Abmahnung und Abschlussschreiben
1. 1,8-Geschäftsgebühr, VV 2300   1.719,00 EUR
  (Wert: 30.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.739,00 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   330,41 EUR
Gesamt   2.069,41 EUR
II. Verfügungsverfahren
1. 1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100   652,60 EUR
  (Wert: 7.500,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 672,60 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   127,79 EUR
Gesamt   800,39 EUR

Hatte der Anwalt die 1,5-Geschäftsgebühr für die Abmahnung bereits abgerechnet, muss diese Vergütung in der Schlussrechnung gutgeschrieben werden.

 
I. Abmahnung
1. 1,5-Geschäftsgebühr, VV 2300   1.432,50 EUR
  (Wert: 30.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.452,50 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   275,98 EUR
Gesamt   1.728,48 EUR
II. Verfügungsverfahren
1. 1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100   652,60 EUR
  (Wert: 7.500,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 672,60 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   127,79 EUR
Gesamt   800,39 EUR
III. Abschlussschreiben
1. 1,8-Geschäftsgebühr, VV 2300   1.719,00 EUR
  (Wert: 30.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
3. ./. für Abmahnung bereits abgerechneter (netto)   – 1.432,50 EUR
  Zwischensumme 306,50 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   58,24 EUR
Gesamt   364,74 EUR
[55] KG RVGreport 2006, 344 = WRP 2006, 1035.
[56] Unzutreffend Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, Anhang II Rn 193 u. § 15 Rn 24 u. Münchener Anwaltshandbuch Vergütungsrecht/Weber, § 11 Rn 50, die hier von zwei Angelegenheiten ausgehen und zwei Geschäftsgebühren ansetzen wollen, eine für die Abmahnung und eine für die Aufforderung zur Abschlusserklärung.

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