Bei den in der Praxis verwendeten Messgeräten zur Geschwindigkeitsüberwachung handelt es sich i.d.R. um standardisierte Messverfahren, bei denen es für den Verteidiger schwierig ist, den Nachweis eines tatsächlich vorliegenden Messfehlers zu führen.[2]

Auch wenn es zwischenzeitlich aufgrund der aktuellen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts[3] zum Recht auf ein faires Verfahren geklärt ist, dass das Recht auf ein faires Verfahren und das Recht auf rechtliches Gehör auch umfasst, dass dem Verteidiger auch nicht bei der Akte befindliche Daten zur konkreten Messung herauszugeben sind, enthebt es den Verteidiger nicht der Pflicht, auch die Vorgaben der Länder zur Geschwindigkeitsmessung zu prüfen.

Allen Richtlinien ist zunächst gemein, dass eine Messung aus rein fiskalischen Gründen nicht zulässig ist, fast alle Bundesländer definieren die Messstellen in der Theorie genauer, wobei es in der Praxis den Behörden überlassen bleibt, die Messorte nach diesen Kriterien auszuwählen.

Die Voraussetzungen regeln jeweils eigene Erlasse und Richtlinien der Bundesländer.

Nach wie vor stellt sich hier das Problem, dass aufgrund der unterschiedlichen Vorgaben in den einzelnen Ländern unterschiedliche Prüfungen erfolgen müssen.

Bundesweit gilt zwar, dass der Verkehrsteilnehmer grundsätzlich beim Erreichen des limitierenden Schildes die vorgeschriebene Geschwindigkeit erreicht haben muss. Der zugrundeliegende Bußgeldkatalog hat ebenfalls bundeseinheitliche Wirkung, unterschiedlich ist aber beispielsweise geregelt, welche Entfernung das Messgerät vom Verkehrszeichen haben muss. So kann eine Messung in einer Entfernung von mehreren 100 m vor dem Ortsendeschild dazu führen, dass vom Fahrverbot abzusehen ist, wenn der optische Eindruck sich so gestaltet, dass sich der Fahrer bereits außerhalb der Ortschaft befindet.[4]

Auch ist es nicht unproblematisch, dass ein einziger Stundenkilometer z.B. über ein Fahrverbot entscheiden kann und somit eigentlich eine einheitliche Vorgehensweise aus Gründen der Gleichbehandlung wünschenswert wäre. Da in den Bundesländern auch unterschiedliche Regelungen zum Toleranzabzug bestehen, kann das zu Ungleichbehandlungen führen. Bei Verstößen, die eine Punkteeintragung nach sich ziehen, kann dies weitreichende Folgen haben.

Auch wenn ein Verstoß gegen die Richtlinien nicht zu einem Verwertungsverbot führt, kann eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes Auswirkungen auf die Rechtsfolge haben:[5] So kann ein solcher Verstoß im Einzelfall dazu führen, dass beispielsweise die Verhängung eines Fahrverbotes ungerechtfertigt ist und aufgehoben werden muss.[6]

[2] Burhoff/Grün, Messungen im Straßenverkehr, 4. Aufl. 2017, 9 ff.
[3] BVerfG, 19.11.2021 – 2 BvR 1616/19.
[4] OLG Brandenburg, 10.9.2019 – (2 B) 53 Ss-OWi 534/19 (207/19).
[5] OLG Oldenburg, 29.1.1996 – SS 10/96; OLG Celle DAR 2011, 597.
[6] OLG Dresden DAR 2010, 29; OLG Frankfurt a.M. DAR 2016, 226; vgl. hierzu auch: OLG Bamberg DAR 2012, 528 = NStZ-RR 2012, 349 (Ls.) m. Anm. Krenberger, juris-PK-VerkR 25/2013 Anm. 5; OLG Frankfurt a.M., NStZ-RR 2001, 120; OLG Stuttgart DAR 2011, 220; OLG Oldenburg zfs 2014, 353 m. Anm. Krenberger.

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