Leitsatz

§ 62 Abs. 1 ZPO findet auf die Wahrung der Begründungsfrist nach § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG keine, auch keine entsprechende Anwendung. Die Frist wird auch bei Verfahrensverbindung nach § 47 Satz 1 WEG nicht durch das rechtzeitige Vorbringen anderer Kläger gewahrt. Wird die rechtzeitig begründete Klage eines Streitgenossen zurückgenommen, ist nur über die von dem Kläger und seinen verbleibenden Streitgenossen rechtzeitig vorgebrachten Anfechtungsgründe zu entscheiden.

 

Fakten:

Vorliegend hatte ein Wohnungseigentümer fristgemäß Anfechtungsklage innerhalb der Monatsfrist des § 46 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 WEG erhoben. In seiner Klageschrift hatte er sich die Begründung seiner Anträge vorbehalten. Kurze Zeit später, jedoch ebenfalls noch fristgerecht, erhoben zwei weitere Wohnungseigentümer Anfechtungsklage, die sie sogleich begründeten. Diese Klagen jedoch wurden alsbald zurückgenommen. Nach erfolgten Klagerücknahmen, mithin jedoch noch innerhalb der zweimonatigen Klagebegründungsfrist des § 46 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 WEG bestellte sich ein Rechtsanwalt als Prozessbevollmächtigter für den Wohnungseigentümer. Dieser wies darauf hin, dass die Beschlüsse mangels Beschlussfähigkeit angefochten werden sollten. Des Weiteren beantragte er, den Beklagten die Vorlage von Abstimmungsunterlagen aufzugeben und behielt sich "die Klagebegründung" vor. Diese reichte er sodann nach Ablauf von weiteren drei Monaten im Amtsgericht ein. Die Klage musste abgewiesen werden. Der Wohnungseigentümer hatte die Klagebegründungsfrist des § 46 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 WEG nicht eingehalten. Innerhalb der zweimonatigen Klagebegründungsfrist hatte der Wohnungseigentümer lediglich erwähnt, dass die Beschlüsse mangels Beschlussfähigkeit im Sinne von § 25 Abs. 3 WEG angefochten werden sollten. Dies jedoch genügt zur Wahrung der Begründungsfrist nicht. Vielmehr muss in der Frist der Lebenssachverhalt geschildert werden, auf den die Anfechtung der Versammlungsbeschlüsse gestützt wird. Das war nicht geschehen. Die Begründungsfrist soll bewirken, dass für die Wohnungseigentümer und für den Verwalter alsbald Klarheit darüber besteht, ob, in welchem Umfang und aufgrund welcher tatsächlichen Grundlage gefasste Beschlüsse einer gerichtlichen Überprüfung unterzogen werden. Deshalb muss sich der Lebenssachverhalt, auf den die Anfechtungsklage gestützt wird, zumindest im Kern aus den innerhalb der Frist eingegangenen Schriftsätzen selbst ergeben.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 27.03.2009, V ZR 196/08

Fazit:

Dem Wohnungseigentümer kam auch nicht zugute, dass weitere Wohnungseigentümer ihre Klagen fristgerecht begründet hatten. Zwar sind diese notwendige Streitgenossen des Klägers gewesen. Eine Wahrung der Frist durch die anderen Kläger scheidet aber aus, weil die Begründungsfrist eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist ist und durch jeden Wohnungseigentümer selbst gewahrt werden muss.

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