Leitsatz

  1. Bruchteilsberechtigter eines Sondereigentums (hier: Miteigentümer eines Tiefgaragenteileigentums) ist allein berechtigt, einen Wohnungseigentümerbeschluss anzufechten
  2. Gesondert vereinbarter Kostenverteilungsschlüssel nach Wohnflächen bezieht sich in ergänzender Vertragsauslegung auch auf Teileigentumsnutzflächen
  3. Im Zweifel gelten die in einer Teilungserklärung festgelegten und genannten Flächenangaben
 

Normenkette

§ 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG a. F.; § 1011 BGB

 

Kommentar

  1. Ein an einem Wohnungseigentum bzw. Teileigentum in Bruchteilsgemeinschaft Beteiligter ist berechtigt, einen Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung alleine anzufechten (h. M.). Dies gilt auch in einer mehrköpfigen Tiefgaragen-Bruchteilsgemeinschaft mit unterschiedlichen Anteilen. In der Untergemeinschaft Tiefgarage gilt im Innenverhältnis das jeweilige Gemeinschaftsrecht (§§ 741 ff. BGB) und nicht das WEG (h. M., vgl. auch BGH v. 11.7.2000, X ZR 78/98, NZM 2000, 1063). Dies bedeutet überdies, dass das Stimmrecht in der Eigentümerversammlung nur gemeinschaftlich ausgeübt werden kann (§ 25 Abs. 2 Satz 2 WEG).
  2. Stellt die Teilungserklärung mit Gemeinschaftsordnung für die Verteilung der Kosten und Lasten entgegen § 16 Abs. 2 WEG auf die Wohnfläche ab, so ist nach objektiven Auslegungsgrundsätzen sinngemäß davon auszugehen, dass bei Teileigentum an die Stelle der Wohnfläche die Nutzfläche tritt (vgl. insofern auch BayObLG v. 24.8.2000, 2 Z BR 54/00, NZM 2001, 141).
  3. Ist die Wohn- bzw. Nutzfläche Maßstab für die Verteilung der Kosten und Lasten des Gemeinschaftseigentums, so brauchen diese Flächen zwar grds. nicht in der Teilungserklärung festgelegt werden. Ist dies aber so, sind im Zweifel die dort genannten Flächenangaben verbindlich.
  4. Ein etwaiger Abänderungsanspruch kann im anhängigen Beschlussanfechtungsverfahren zur Abrechnungsgenehmigung nicht einredeweise geltend gemacht werden (h. M.). Bis zu einer rechtskräftig in gesondertem Verfahren festgestellten Kostenverteilungsänderung verbleibt es deshalb bei bisherigen Abrechnungs- und Verteilungsgrundsätzen.
Anmerkung

Besondere Probleme ergeben sich sehr häufig, wenn in Wohnungseigentümergemeinschaften auch größere Bruchteilsuntergemeinschaften bezüglich eines Sondereigentums bzw. Teileigentums existieren. Meist geht es um vielköpfiges Bruchteilseigentum einer einzigen Teileigentumseinheit "Tiefgarage", mitunter auch um Hausmeisterwohnungseinheiten oder Schwimmbäder im Wohnungs- bzw. Teileigentum. Interne Entscheidungen in einer solchen Eigentumsbruchteilsgemeinschaft beurteilen sich ausschließlich nach den §§ 741 ff. BGB mit eigenen Verwaltungsentscheidungsrechten nach § 745 BGB. Tunlichst sollten solche Gemeinschaften auch im Rahmen einer Verwaltungsentscheidung nach § 745 BGB mit der erforderlichen absoluten Mehrheit der Bruchteilseigner einen Stimmrechtsvertreter wählen, damit dieser in zulässiger Weise auch das Stimmrecht dieser gesamten Einheit in der Eigentümerversammlung vertretungsweise wahrnehmen kann. Verwaltet sich die Untergemeinschaft nicht in geeigneter Weise selbst, sollte ggf. ein entsprechender Sondereigentumsverwaltervertrag nach § 675 BGB innerhalb dieser Untergemeinschaft beschlossen und abgeschlossen werden. Dass bei der Kostenverteilungsfrage nach WEG der gesonderte Schlüssel nach Sondereigentumsflächen vereinbart werden kann, ist unstreitig, da die gesetzliche Regelung des § 16 Abs. 2 WEG (Verteilung nach Miteigentumsanteilen) abdingbar ist. Wurde nun als Verteilungsmaßstab ausdrücklich nur eine Wohnfläche angesprochen, muss dies grds. in ergänzender Vertragsauslegung auch auf Nutzflächen von Teileigentumseinheiten übertragen werden, da in objektiver Auslegung Teileigentumseinheiten unstreitig grds. nicht von wohnungseigentumsrechtlichen Kosten und Lasten freigestellt sein sollen. Die Gleichstellung von Wohnungseigentum mit Teileigentum ergibt sich i. Ü. auch aus § 1 Abs. 6 WEG.

Gibt es in einer Gemeinschaft trotz eines vereinbarten Flächenverteilungsschlüssels keine anfänglichen Berechnungen und Hinweise in der Teilungserklärung mit Gemeinschaftsordnung (ggf. einer Anlage zu diesen Begründungsunterlagen), muss wohl eine Gemeinschaft sehr rasch eine korrekte Flächenberechnung durch einen Sonderfachmann über entsprechende Beschlussfassung veranlassen, da andernfalls bis dahin Kosten und Lasten nicht entsprechend Gesetz bzw. Vereinbarung abgerechnet und aufgeteilt werden können. Im vorliegenden Entscheidungsfall des OLG Frankfurt konnte allerdings auf anfänglich vorbestimmte Flächenberechnungen abgestellt werden. Müssen nun z. B. Dach-, Fassaden-, Fenster- oder Balkonsanierungen – allesamt das Gemeinschaftseigentum betreffend – durchgeführt werden, richtet sich die Finanzierung und Kostenverteilung grds. auch nach diesem Schlüssel. Dies wird selbstverständlich oft von einer Tiefgaragenbruchteilsgemeinschaft (als Teileigentümerin) mit in der Regel sehr hoher Nutzfläche als ungerecht empfunden, zumal es in solchen Fällen oft alleinige Stellplatzbruchteilseigentümer mit geri...

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