Die sorgfältig begründete Entscheidung des OLG gibt Anlass, umfassender auszuholen:

I. Gerichtsgebühr

Im Verfahren über die Beschwerde gegen die Erteilung eines Erbscheins, bzw. deren Ablehnung sowie gegen die Einziehung oder Kraftloserklärung oder deren Ablehnung wird nach Nr. 12220 GNotKG-KostVerz. eine 1,0-Gebühr erhoben – höchstens jedoch 800,00 EUR.

Endet das gesamte Verfahren durch Zurücknahme der Beschwerde oder des Antrags, bevor die Schrift zur Begründung der Beschwerde bei Gericht eingegangen ist, ermäßigt sich die Gebühr gem. 12221 GNotKG-KostVerz. auf 0,3 – höchstens 200,00 EUR.

In anderen Fällen der Beendigung des gesamten Verfahrens ohne Endentscheidung reduziert sich die Gebühr nach Nr. 12222 GNotKG-KostVerz. auf 0,5 – höchstens 400,00 EUR. Das gilt auch dann, wenn die Entscheidung nicht durch Verlesen der Entscheidungsformel bekannt gegeben worden ist und die Beschwerde oder der Antrag vor Ablauf des Tages zurückgenommen wird, an dem die Endentscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird (Anm. Abs. 1 zu Nr. 12222 GNotKG-KostVerz.).

Eine Entscheidung über die Kosten steht der Ermäßigung nicht entgegen, wenn die Entscheidung einer zuvor mitgeteilten Einigung über die Kostentragung oder einer Kostenübernahmeerklärung folgt (Anm. Abs. 2 zu Nr. 12222 GNotKG-KostVerz.)

II. Festsetzung des Geschäftswerts

Da sich die zu erhebende Gerichtsgebühr nach dem Geschäftswert richtet, war somit nach § 79 GNotKG eine Wertfestsetzung von Amts wegen geboten.

Fraglich ist allerdings, ob – wie vom OLG vorgenommen – eine Geschäftswertfestsetzung für einzelne Beteiligte gesondert zulässig ist.

Wie oben unter I. ausgeführt, entsteht nur eine einzige Gerichtsgebühr. Folglich kann es auch nur einen einzigen Geschäftswert geben, nach dem diese Gebühr erhoben wird. Es werden nicht etwa von jedem Beteiligten gesonderte Gebühren erhoben oder Teilgebühren. Der Kostenbeamte setzt eine einzige Gebühr an, die er dann auf die Kostenschuldner, wie es sich aus der Kostenentscheidung ergibt, verteilt.

Das OLG hat die "Geschäftswertfestsetzung" für die Einzelbeteiligten auch wohl eher deswegen vorgenommen, um eine Basis für die sodann zu treffende Kostenentscheidung zu haben. Denn jeder Beteiligte haftet nur anteilig mit seinem Interesse.

III. Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens

In der Rspr. wird derzeit kontrovers diskutiert, ob im Verfahren über die Beschwerde gegen eine Entscheidung in einem Erbscheinsverfahren der volle Wert des Nachlasses anzusetzen oder ob es im Erbscheins-Beschwerdeverfahren nur darauf ankommt, welches Interesse der Beschwerdeführer verfolgt.

Das OLG München arbeitet zutreffend heraus, dass sich an der früheren Rechtslage unter Geltung der KostO nichts geändert hat. Die Vorschriften des GNotKG wollten nicht die bisherige Rechtslage ändern. Unter Antrag i.S.d. § 61 GNotKG ist nicht der erstinstanzliche Antrag zu verstehen, sondern der Rechtsmittelantrag, sodass auf das Abänderungsinteresse abzustellen ist.

Abgesehen davon verstößt die Auslegung der Gegenauffassung gegen den Grundsatz des Streitwertrechts, wonach stets auf das Interesse des Antragstellers, Rechtsmittelführers o.ä. abzustellen ist.

Die Gegenauffassung ist auch verfassungsrechtlich bedenklich. Man denke daran, dass bei einem Nachlass von mehreren Millionen EUR ein Miterbe geltend macht, zu einem geringen Prozentsatz miterbberechtigt zu sein und er nunmehr Beschwerde führen muss, weil das Amtsgericht seine Erbberechtigung nicht berücksichtigt hat. Obwohl es für ihn nur um einen minimalen Bruchteil geht, würden immense Kosten entstehen, die gegebenenfalls höher sein können, als der Wert seines Erbteils. Damit wäre es ihm aber letztlich gar nicht möglich, sein Recht durchzusetzen.

Es bleibt zu hoffen, dass die übrigen Gerichte sich von der Argumentation des OLG München überzeugen lassen und ihre Auffassung ändern.

Soweit das Gericht ausgehend von einem Gesamtnachlasswert von 45.744.524,00 EUR den Geschäftswert auf diesem Betrag festgesetzt hat, ist dies zutreffend.

Zwar ist in § 35 Abs. 2 GNotKG ein Höchstwert von 30 Mio. EUR vorgesehen, allerdings nur dann, wenn die Tabelle B anzuwenden ist.

Hier richtet sich – wie bereits ausgeführt – die Gerichtsgebühr nach Nr. 12220 GNotKG-KostVerz. Diese Gerichtsgebühr bemisst sich nach Tabelle B. Insoweit gilt ein Höchstwert von 60 Mio. EUR, der hier nicht erreicht ist.

IV. Anwaltsgebühren

Dass seit dem 1.8.2009 in Erbscheinsbeschwerdeverfahren nicht mehr die 0,5-Gebühren nach den Nrn. 3500 ff. VV anfallen, sondern gem. Vorbem. 3.2.1 Nr. 2b) VV die Gebühren eines Berufungsverfahrens nach den Nrn. 3200 ff. VV, sollte sich zwischenzeitlich auch in Anwaltskreisen herumgesprochen haben. Es besteht jedoch Anlass, darauf nochmals ausdrücklich hinzuweisen, da nach wie vor die inzwischen acht Jahre alte "Neuregelung" manchen Anwälten immer noch nicht bekannt ist und zum Teil sogar Anleitungsbücher[1] immer noch von der alten Rechtslage ausgehen und sich über die vermeintlich zu geringen Beschwerdegebühren beschweren.

V. Gegenstandsw...

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