Rz. 5

Grundsätzlich ist die Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren auch für die Gebühren des Rechtsanwalts maßgeblich (§§ 32 Abs. 1, 23 Abs. 1 S. 1). Zunächst ist deshalb zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 32 Abs. 1 vorliegen. Wird der für die Gerichtsgebühren maßgebliche Wert gerichtlich festgesetzt, so ist der Wert auch für die Anwaltsgebühren maßgeblich, wenn sich die Gebühren des Anwalts grundsätzlich nach dem Wert berechnen. Eine Wertfestsetzung nach Abs. 1 kommt in diesem Fall nicht in Betracht und ist auch nicht (mehr) erforderlich, wenn die gesamte Tätigkeit des Rechtsanwalts von der gerichtlichen Wertfestsetzung bereits erfasst worden ist.

 

Rz. 6

Die Maßgeblichkeit der für die Gerichtsgebühren geltenden Vorschriften für die Anwaltsvergütung (§ 23 Abs. 1 S. 1) und die Bindungswirkung einer Festsetzung des gerichtlichen Werts (§ 32 Abs. 1) setzen voraus, dass es Wertvorschriften gibt, die auf die anwaltliche Tätigkeit passen. Das ist aber häufig nicht der Fall.

 

Beispiel 1: Zwei anwaltlich selbstständig vertretene Notgeschäftsführer einer GmbH werden auf Unterlassung verklagt, sich der Geschäftsführung zu enthalten. Der für die Gerichtsgebühren maßgebende Streitwert beträgt nach § 39 Abs. 1 GKG zweimal 25.000 EUR, also 50.000 EUR. Der Wert der Tätigkeiten der Anwälte – jeweils 25.000 EUR – deckt sich nicht mit dem festgesetzten Gesamtwert.[3]

 

Beispiel 2: Auf die Beschwerde der bedürftigen Partei wird ihr ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt. Im Beschwerdeverfahren fallen keine Gerichtsgebühren an, wohl aber nach VV 3500 Anwaltsgebühren.

 

Beispiel 3: Die Beschwerde gegen die Zurückweisung des Prozess- bzw. Verfahrenskostenhilfeantrags der bedürftigen Partei wird zurückgewiesen. Jetzt fallen bei Gericht Festgebühren in Höhe von 66 EUR an (Nr. 1812 GKG-KostVerz., Nr. 1912 FamGKG-Kostverz., Nr. 19117 GNotKG-KostVerz.). Die Anwaltsgebühren berechnen sich dagegen gemäß § 23a Abs. 1 nach dem Wert, sodass eine Wertfestsetzung nach Abs. 1 zulässig und für die Abrechnung der Anwaltsgebühren erforderlich ist.

 

Beispiel 4: Das Gericht setzt den Wert auf 30 Mio. EUR fest. Der Anwalt vertritt mehrere Auftraggeber. Für das Gericht gilt der Höchstwert von 30 Mio. EUR. Für den Anwalt kann dagegen ein höherer Wert gelten (§§ 23 Abs. 1 S. 4, 22 Abs. 2 S. 2). Daher kommt auch hier eine gesonderte Wertfestsetzung für die Anwaltsgebühren in Betracht.

 

Beispiel 5: In einem Privatklageverfahren (§§ 374 ff. StPO) macht der Privatkläger gem. §§ 403 ff. StPO vermögensrechtliche Ansprüche gegen den Beschuldigten geltend, über die ein Vergleich geschlossen wird.

Die Gebühren des Vertreters oder Beistands des Privatklägers richten sich hinsichtlich der vermögensrechtlichen Ansprüche gemäß VV 4143 ff., 1000, 1003 (siehe Anm. zu VV 4147) nach dem Wert der Tätigkeit. Gerichtsgebühren fallen jedoch nicht an. Diese entstehen nur, soweit das Gericht dem Verletzten Ansprüche zuerkennt, nicht aber bei einer Ablehnung oder einem Vergleich.

 

Rz. 7

In den genannten Beispielsfällen ist § 32 Abs. 1 unanwendbar. Die dadurch entstehende Lücke schließt Abs. 1. Dem Anwalt wird demnach ein eigenes Recht auf Wertfestsetzung eingeräumt. Dessen Durchsetzung richtet sich nicht nach dem GKG, dem FamGKG, dem GNotKG oder der KostO, die zwar durch das 2. KostRMoG aufgehoben worden ist, aber für Übergangsfälle weiterhin Geltung entfaltet, vielmehr nach § 33 Abs. 1.[4]

[3] OLG Frankfurt JurBüro 1980, 1661; Hess. VGH KostRsp. BRAGO § 9 Rn 27.
[4] KG JurBüro 1970, 854.

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