ZPO § 91 RVG VV Nrn. 7003 ff.

Leitsatz

Die Reisekosten eines Rechtsanwalts, der seine Kanzlei im Bezirk des Prozessgerichts unterhält, sind ohne Notwendigkeitsprüfung immer zu erstatten.

LG Krefeld, Beschl. v. 26.3.2014 – 2 O 294/13

1 Sachverhalt

Die Klägerin hatte für ihren Rechtsstreit von dem LG Krefeld einen auswärtigen Anwalt beauftragt, der seine Kanzlei allerdings noch im Gerichtsbezirk des LG Krefeld hatte. Die Rechtspflegerin hat die angemeldeten Reisekosten abgesetzt und dies damit begründet, die Partei hätte sich einen Anwalt aus Krefeld nehmen müssen, um Reisekosten zu vermeiden. Die hiergegen erhobene Erinnerung hatte Erfolg.

2 Aus den Gründen

Der Klägerin steht der geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch hinsichtlich der Reisekosten ihres Prozessbevollmächtigten zu. Nach § 91 Abs. 2 ZPO sind Reisekosten eines Rechtsanwaltes, der im Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist, zu erstatten, und zwar ohne eine Notwendigkeitsprüfung gem. § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin ist in Kempen ansässig und damit im Bezirk des Prozessgerichts. Das entspricht überwiegender Ansicht in der Rspr. (vgl. LG Krefeld, Beschl. v. 30.11.2010 – 5 O 384/09; AG Siegburg, Beschl. v. 13.11.2012 – 102 C 64/12; VG Würzburg, Beschl. v. 23.1.2009 – W 4 M 09/1340) und auch der Sicht des erkennenden Gerichts.

3 Anmerkung

Die Entscheidung ist zutreffend.

Zunächst einmal ist klarzustellen, dass die ZPO keinen "ortsansässigen" Anwalt kennt, sondern nur

  den Anwalt, der seine Kanzlei im Gerichtsbezirk hat und
  den Anwalt, der seine Kanzlei nicht im Gerichtsbezirk hat (§ 91 Abs. 2 S. 1, 2. Hs. ZPO).

Insoweit differenziert die ZPO auch hinsichtlich der Reisekosten:

  Grundsätzlich sind die Kosten (Gebühren und Auslagen), also auch Reisekosten eines Anwalts in allen Prozessen zu erstatten (§ 91 Abs. 2 S. 1, 1. Hs. ZPO). Danach sind also auch die Reisekosten grundsätzlich erstattungsfähig.
  Soweit die Partei allerdings einen nicht im Gerichtsbezirk niedergelassenen Anwalt beauftragt, sind dessen Reisekosten nur erstattungsfähig, wenn sie notwendig waren (§ 91 Abs. 2 S. 1, 2. Hs. ZPO).

Aus dieser Systematik folgt im Umkehrschluss, dass die Reisekosten eines Anwalts aus dem Gerichtsbezirk ohne Notwendigkeitsprüfung immer zu erstatten sind.[1] So auch schon

  LG Krefeld[2]
  VG Würzburg[3]
  AG Limburg[4]
  AG Siegburg[5]
  LG Gera.[6]

Die Rspr. geht sogar noch einen Schritt weiter: Beauftragt eine im Gerichtsbezirk ansässige Partei einen außerhalb des Gerichtsbezirks ansässigen Rechtsanwalt, so sind dessen Reisekosten gem. § 91 Abs. 2 ZPO bis zur Höhe der weitesten Entfernung innerhalb des Gerichtsbezirksgrenze erstattungsfähig,

  AG Marbach am Neckar[7]
  AG Kiel.[8]

Norbert Schneider

AGS, S. 424

[1] Prütting/Gehrlein/N. Schneider, ZPO 6. Aufl. 2014, § 91 Rn 5.
[2] AGS 2011, 577 = RVGreport 2011, 235 = JurBüro 2011, 307.
[3] AG kompakt 2012, 102.
[4] AGS 2013, 98 = NJW-Spezial 2013, 124.
[5] AGS 2012, 594 = NJW-Spezial 2013, 93.
[6] AGS 2014, 251.
[7] AGS 2014, 210 = Rpfleger 2014, 289 = NJW-Spezial 2014, 348.
[8] AGS 2014, 8 = NJW-RR 2013, 892 = JurBüro 2013, 591.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge