Die Entscheidung ist zutreffend. Ist einmal eine Einigungsgebühr entstanden, fällt die Gebühr nicht weg, wenn eine der Parteien die in der Einigung übernommenen Verpflichtungen nicht erfüllt.

Das gilt auch dann, wenn für den Fall, dass einer der Parteien sich an die Vereinbarung nicht hält, die dort getroffenen Regelungen gegenstandslos werden, insbesondere, wenn eine Zahlungsvereinbarung eine Verfallklausel enthält, nämlich dahingehend, dass bei Verzug des Schuldners die dann offene Restsumme sofort fällig wird. Die Fälligkeit der dann offenen Restsumme ergibt sich nämlich gerade aus der Vereinbarung. Die Vereinbarung wird durch den Eintritt der Voraussetzungen einer Verfallklausel nicht unwirksam, sondern bleibt bestehen.

Das Gleiche gilt auch, wenn eine Partei später von der Zahlungsvereinbarung zurücktritt, weil der andere sich vertragswidrig verhält.

Lediglich im Falle der Anfechtung einer Zahlungsvereinbarung entsteht keine Einigungsgebühr bzw. entfällt diese nachträglich. In diesem Falle gilt § 142 Abs. 1 BGB.[1] Der Fall ist so zu behandeln, als habe von Anfang an nie eine wirksame Zahlungsvereinbarung vorgelegen.

Da der Eintritt einer Verfallklausel die Einigungsgebühr nicht entfallen lässt, sondern diese bestehen bleibt, ist es durchaus möglich, dass sukzessive mehrere Einigungsgebühren entstehen, nämlich dann, wenn nach einem Verfall eine erneute Zahlungsvereinbarung getroffen wird und nach deren Verfall gegebenenfalls eine dritte.

 

Beispiel

Der Gläubiger hat gegen den Schuldner ein rechtskräftiges Urteil auf Zahlung von 10.000,00 EUR erwirkt. Im Rahmen der Zwangsvollstreckung schließen die Beteiligten eine Vereinbarung, dass der Schuldner die Forderung in monatlichen Raten zu 500,00 EUR tilgen darf und der Gläubiger im Gegenzug bei pünktlicher Zahlung auf Vollstreckungsmaßnahmen verzichtet. Gleichzeitig ist für den Fall, dass der Schuldner mit einer Ratenzahlung mehr als zwei Wochen in Rückstand gerät, die dann offene Forderung insgesamt sofort fällig und vollstreckbar wird. Aufgrund der Vereinbarung zahlt der Schuldner sieben Raten pünktlich. Dann setzt er mit der Zahlung aus.

Für die Zahlungsvereinbarung ist wie folgt abzurechnen, wobei zu beachten ist, dass für die Einigungsgebühr nach § 31b RVG nur 20% der Forderung anzusetzen sind:

 
1. 0,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3309 VV   167,50 EUR
  (Wert: 10.000,00 EUR)    
2. 1,5-Einigungsgebühr, Anm. Abs. 1 S. 1 Nr. 2 zu Nr. 1000 VV   225,00 EUR
  (Wert: 2 000,00 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 412,40 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   78,36 EUR
Gesamt   490,76 EUR

Wegen der offenen Restforderung könnte der Gläubiger jetzt in vollem Umfang vollstrecken. Schließen die Parteien zur Vermeidung dieser Vollstreckung jetzt eine neue Zahlungsvereinbarung, entsteht die Einigungsgebühr nochmals.

Die Verfahrensgebühr würde sich jetzt allerdings nur noch nach der Restforderung richten und die Einigungsgebühr nach 20 % der Restforderung. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass in der Zwangsvollstreckung die Kosten vorheriger Vollstreckungsversuche beim Gegenstandswert zu berücksichtigen sind, so dass sich jetzt folgende Abrechnung ergibt:

 
Praxis-Beispiel
 
1. 0,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3309 VV   121,50 EUR
  (Wert: 6.990,76 EUR)    
2. 1,5-Einigungsgebühr, Anm. Abs. 1 S. 1 Nr. 2 zu Nr. 1000 VV   172,50 EUR
  (Wert: 1 398,15 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 314,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   59,66 EUR
Gesamt   373,66 EUR

Wäre diese zu vollstreckende Forderung verzinslich gewesen, wären auch die zwischenzeitlichen Zinsen beim Gegenstandswert noch hinzuzurechnen.

Norbert Schneider

AGS 7/2017, S. 324 - 325

[1] OLG Jena AGS 2012, 127 = JurBüro 2012, 142 = NJW-Spezial 2012, 123; MDR 1991, 263; OLG München MDR 1991, 263 = AnwBl 1991, 273; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, Nr. 1000 VV-RVG Rn 89.

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