Die zulässige, insbesondere frist- und formgerecht eingelegte und begründete Berufung hat in der Sache teilweise Erfolg.

Für die Berufung ist allein noch entscheidungserheblich, in welcher Höhe der Kläger Anspruch auf Erstattung der für das Kündigungsschutzverfahren geleisteten Vorschüsse von 5.474,00 EUR verlangen kann, weil dem kein Honoraranspruch der Beklagten gegenübersteht. Der Kläger nimmt die erstinstanzliche Entscheidung hin, soweit sie durch teilweise Klageabweisung zu seinen Lasten ergangen ist.

1. Die von der Berufung geltend gemachten Bedenken gegen die Bestimmtheit bzw. Schlüssigkeit der Klageforderung greifen nicht durch. … (wird ausgeführt) …

Der geltend gemachte Anspruch des Klägers ergibt sich entsprechend den zutreffenden Ausführungen des AG unmittelbar aus der Vergütungsvereinbarung. Die Parteien haben dort unter Nr. 2 S. 4 vereinbart, dass etwaige unverbrauchte Vorschüsse an den Auftraggeber zurückzuerstatten sind. Unverbraucht sind die Vorschüsse, falls bzw. insofern der Beklagten kein wirksamer Honoraranspruch zusteht. Die beklagtenseits angeführte bereicherungsrechtliche Vorschrift des § 814 BGB steht dem Anspruch mithin bereits aus Rechtsgründen nicht entgegen.

a) Die Honorarvereinbarung (§§ 3a, 4 RVG) dahingehend, den Zeitaufwand der Beklagten zu einem Stundensatz von 230,00 EUR netto zu vergüten, begegnet keinen Bedenken. Die Klausel nach Nr. 3 der Vergütungsvereinbarung, wonach ein Viertel des vereinbarten Stundensatzes für jede angefangenen 15 Min. berechnet wird (nachfolgend: Zeittaktklausel), ist hingegen unwirksam.

aa) Auf die Wirksamkeit der Zeittaktklausel kommt es im konkreten Einzelfall entscheidungserheblich an. Denn die Klausel hat vorliegend bereits nach dem eigenen Vortrag der Beklagten zu einer Erhöhung des abgerechneten (19:15 h) gegenüber dem tatsächlich angefallenen (13:39 h) Zeitaufwand um 5:36 h geführt, mithin das Anwaltshonorar um mindestens 1.265,00 EUR netto (entsprechend 22 Viertelstunden) erhöht.

bb) Bei der Zeittaktklausel handelt es sich um eine kontrollfähige allgemeine Geschäftsbedingung. Soweit die Beklagte ausführt, der Kläger sei mehrfach im Verlauf der Mandatsbearbeitung auf die Abrechnungsmodalitäten hingewiesen worden, wird damit ein Aushandeln der Zeittaktklausel (§ 305 Abs. 1 S. 3 BGB) nicht schlüssig behauptet. Überdies gelten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen gem. § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB als von der Beklagten gestellt. Der Kläger ist als Arbeitnehmer Verbraucher (§ 13 BGB), die Beklagte Unternehmer i.S.d. § 14 Abs. 1 BGB. Bei der Zeittaktklausel handelt es sich nicht um eine kontrollfreie Preisvereinbarung, da sie den zu zahlenden Preis nicht unmittelbar festlegt, sondern diesen über die mit ihr einhergehende Aufrundung auf Zeitintervalle nur mittelbar bestimmt.

cc) Die Kammer schließt sich hinsichtlich der Beurteilung der Wirksamkeit der Zeittaktklausel nach eigener Prüfung den umfangreichen Ausführungen des OLG Düsseldorf (Urt. v. 18.2.2010 – 24 U 183/05, zitiert nach juris Rn 27-38 m.w.N. [= AGS 2010, 109]) an, welches im Wesentlichen Folgendes ausgeführt hat (zitiert mit fallbezogenen Anpassungen):

Die Zeittaktklausel verstößt gegen § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB, weil sie strukturell geeignet ist, das dem Schuldrecht im Allgemeinen und dem Dienstvertragsrecht im Besonderen zugrunde liegende Prinzip der Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung (Äquivalenzprinzip) empfindlich zu verletzen, wodurch der Verwendungsgegner unangemessen benachteiligt wird. Die Parteien haben durch die gem. § 307 Abs. 3 BGB keiner Inhaltskontrolle unterliegende Preisabrede vereinbart, dass der Zeitaufwand der Beklagten mit 230,00 EUR je Stunde vergütet werden soll. Damit ist das maßgebliche Äquivalenzverhältnis von voller Leistung und Gegenleistung (der gerichtlichen Inhaltskontrolle entzogen) privatautonom bestimmt. Daraus folgt gleichzeitig, dass der Wert eines Zeitaufwands, der nur den Bruchteil einer Stunde ausmacht, auch nur dem entsprechenden Bruchteil der Stundenvergütung entspricht. Von dieser vertraglich vorausgesetzten Äquivalenz weicht die vorformulierte Zeittaktklausel in ganz erheblicher Weise ab. Sie ist nämlich geeignet, die ausbedungene vollwertige Leistung, wie sie der Mandant nach Gegenstand und Zweck des Vertrages erwarten darf, unangemessen zu verkürzen. Sie unterliegt deshalb als Preisnebenabrede, der keine Leistung des Verwenders im Interesse des Verwendungsgegners entspricht, der Inhaltskontrolle.

Die Unangemessenheit der Zeittaktklausel ergibt sich aus folgenden Umständen: Nach ihr ist nicht nur jede Tätigkeit der Beklagten, die etwa nur wenige Minuten oder gar auch nur Sekunden in Anspruch nimmt (z.B. ein kurzes Telefongespräch, Personalanweisungen, kurze Rückfragen, das Lesen einfacher und kurzer Texte), im Zeittakt von jeweils 15 Min. zu vergüten, sondern auch jede länger andauernde Tätigkeit, die den jeweiligen Zeitabschnitt von 15 Min. auch nur um Sekunden überschreitet, und zwar nicht beschränkt auf eine einmalige Anwendung z.B...

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