Die "sofortige Beschwerde" ist zwar zulässig. Sie bleibt jedoch in der Sache aus den zutreffenden Erwägungen des angefochtenen Beschlusses ohne Erfolg. Denn die Pflichtverteidigerin kann unbeschadet der Nr. 4143 VV lediglich eine Angelegenheit abrechnen.

1. Ein Rechtsanwalt kann die Gebühren in "derselben Angelegenheit" nur einmal fordern (§ 15 Abs. 2 RVG). Der Begriff "derselben Angelegenheit", den das Gesetz nicht definiert, ist dabei rein gebührenrechtlich zu interpretieren. Dieselbe Angelegenheit liegt regelmäßig vor, wenn zwischen den weisungsgemäß erbrachten anwaltlichen Leistungen ein innerer Zusammenhang besteht und sie sowohl inhaltlich als auch in der Zielsetzung so weitgehend übereinstimmen, dass von einem einheitlichen Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit gesprochen werden kann. Dies richtet sich letztlich nach den Umständen des Einzelfalles, wobei insbesondere der Inhalt des erteilten Auftrags maßgebend ist (BGH VersR 2013, 1415, 1416 f. [= AGS 2013, 56]; ferner Klaus Winkler, in: Mayer/Kroiß, RVG, 6. Aufl., 2013, § 15 Rn 3 f.). Dieselbe Instanz eines Strafverfahrens verkörpert demnach gebührenrechtlich dieselbe Angelegenheit (vgl. OLG Celle, 2 Ws 303/10 v. 25.8.2010 [= AGS 2011, 25]; Meyer, in: Gerold /Schmidt, RVG, 20. Aufl., 2012, § 15 Rn 14), mögen ihm auch unterschiedliche prozessuale Taten und damit Verfahrensgegenstände zugrunde liegen. Entsprechendes gilt regelmäßig für die Tätigkeit des Verteidigers in dem zivilrechtlich geprägten Adhäsionsverfahren, das einen "aus der Straftat" erwachsenen Anspruch betrifft (vgl. § 403 StPO) und aus prozessökonomischen Gründen als Annex an das Strafverfahren angegliedert ist, weshalb auch insoweit lediglich eine gebührenrechtliche Angelegenheit vorliegt (vgl. Burhoff, in: ders., RVG in Straf- und Bußgeldsachen, 3. Aufl., 2012, Teil A, Rn 82; Nr. 4143 VV Rn 4), die freilich mit Nr. 4143 VV einen weiteren Gebührentatbestand erfüllt. Dabei kommt es regelmäßig nicht darauf an, wie viele Adhäsionskläger im Adhäsionsverfahren auftreten und wie viele Ansprüche insoweit erhoben werden (vgl. OLG Brandenburg, 2 Ws 8/09 v. 17.2.2009 [= AGS 2009, 325]: Rechtsanwalt, der zwei Neben- und Adhäsionskläger vertritt).

Die Pflichtverteidigerin wurde demnach hier insgesamt lediglich in einer gebührenrechtlichen Angelegenheit tätig. Denn sie verteidigte den Angeklagten im Strafverfahren, wie sie ihn auch im Adhäsionsverfahren bei der Abwehr der Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche, die aufgrund derselben Straftaten gegen ihn geltend gemacht wurden, vertrat. Die Vertretung des Angeklagten im Adhäsionsverfahren erfolgte dabei aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung, nach der sich die Bestellung der Pflichtverteidigerin auch auf das Adhäsionsverfahren erstreckte. Anhaltspunkte dafür, dass ihr unterschiedliche Aufträge (bezogen auf jeweils nur eine Nebenklägerin) zugrunde lagen, gibt es nicht. Dass der Anklagevorwurf insgesamt achtzehn Taten umfasste, ist mit Blick auf die einheitliche Zielsetzung der Vertretung des Angeklagten im Verfahren ebenso bedeutungslos wie der Umstand, dass diese Taten überwiegend lediglich gegen eine der beiden Geschädigten gerichtet waren, nicht aber gegen beide Geschädigte zugleich. Denn es ging hier zumindest jeweils um Taten des Angeklagten im Zusammenhang mit seiner Arbeit als Nachhilfelehrer, wobei die Taten in der Art der Ausführung jeweils weitgehend übereinstimmten.

Ob ein Rechtsanwalt im Einzelfall in mehreren Angelegenheiten tätig wird, wenn er von mehreren Adhäsionsklägern jeweils aufgrund eines eigenständigen Lebenssachverhalts mit der Durchsetzung ihrer jeweiligen vermögensrechtlichen Ansprüche gegen die Angeklagten beauftragt und ihnen zu diesem Zweck vom Gericht beigeordnet worden ist (so KG, 1 Ws 11/09 v. 16.3.2009; ebenso wohl Burhoff, a.a.O., Nr. 4143 VV Rn 5), kann offen bleiben, da ein derartiger Fall hier jedenfalls nicht vorliegt.

Soweit die Pflichtverteidigerin schließlich darauf verweist, dass auch in Strafverfahren mit mehreren hinzu verbundenen Anklagen mehr als nur eine Grund- und Verfahrensgebühr anfalle, fehlt es ebenfalls an der erforderlichen Vergleichbarkeit. Denn während es dort um die Verteidigung des Angeklagten in mehreren Verfahren geht (vgl. Klaus Winkler, a.a.O., § 15 Rn 76 zum Stichwort "Verbindung"), liegt hier lediglich ein Verfahren mit mehreren Verfahrensgegenständen vor.

2. Der angefochtene Beschluss hat auf dieser Grundlage zutreffend die zweifache Gebühr nach Nr. 4143 VV lediglich einmal festgesetzt, und zwar bezogen auf einen Gegenstandswert von 50.000,00 EUR für beide Geschädigte (§ 22 Abs. 1 RVG). In Anwendung des § 49 a.F. RVG (vgl. OLG Köln, 2 Ws 608/08 v. 5.12.2008 [= AGS 2009, 29]) ergibt sich somit der festgesetzte Betrag von 782,00 EUR.

3. Bezogen auf das Adhäsionsverfahren fällt keine Auslagenpauschale gem. Nr. 7002 VV an (vgl. OLG Brandenburg, 2 Ws 8/09 v. 17.2.2009 [= AGS 2009, 325]; Burhoff, a.a.O., Nr. 4143 VV Rn 4 a.E.), da Straf- und Adhäsionsverfahren dieselbe gebührenrechtliche Angeleg...

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