Die auf Erhöhung des Streitwerts gerichtete Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin ist als im eigenen Namen eingelegt anzusehen (Mayer in: Gerold/Schmidt, RVG, 20. Aufl., § 32 RVG Rn 122) und als solche gem. § 32 Abs. 2 S. 1 RVG i.V.m. § 68 Abs. 1 S. 1 ZPO statthaft. Sie ist indes nicht fristgerecht gem. § 68 Abs. 1 S. 3 i.V.m. § 63 Abs. 3 S. 2 GKG eingelegt worden und daher als unzulässig zu verwerfen.

1. Nach § 63 Abs. 3 S. 2 GKG muss die Beschwerde innerhalb von sechs Monaten eingelegt werden, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

Die am 16.4.2012 per Fax beim LG eingegangene Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin erfüllt diese Zulässigkeitsvoraussetzung nicht.

Der Senat geht mit der überwiegenden Meinung in Rspr. u. Lit. davon aus, dass die Sechs-Monatsfrist des § 63 Abs. 3 S. 2 GKG nicht erst nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung im Klageverfahren – hier der bei dem AG rechtshängigen Verfahren – in Lauf gesetzt wird, sondern bereits im Zeitpunkt der Beendigung des selbstständigen Beweisverfahrens (OLG Frankfurt, Beschl. v. 30.1.1997 – 21 W 4/97; OLG Nürnberg MDR 2002, 538; Hartmann, KostG, 42. Aufl., § 63 GKG Rn 54 m. w. Nachw.; Binz/Dörndorfer/Petzold/Zimmermann, GKG, 2. Aufl., § 68 GKG, Rn 12; Meyer, GKG und FamGKG, 11. Aufl., § 63, Rn 35). Sinn der auf sechs Monate begrenzten Beschwerdefrist ist es, innerhalb dieser zeitlichen Grenze Rechtssicherheit über die Höhe des endgültigen Kostenstreitwerts zu schaffen. Dieser gesetzgeberischen Intention würde es zuwider laufen, die Beschwerdefrist erst nach rechtskräftigem Abschluss eines mit dem selbstständigen Beweisverfahren einhergehenden oder diesem nachfolgenden Rechtsstreits in Gang zu setzen. Mit dem Gebot der Rechtssicherung wäre der spätere Fristbeginn erst recht unvereinbar, wenn dem selbstständigen Beweisverfahren ein Klageverfahren nicht folgt und in diesem Fall die Beschwerdefrist überhaupt nicht in Gang gesetzt würde. Die Anknüpfung an den Streitwert des Klageverfahrens ermöglicht auch entgegen der Mindermeinung keine zuverlässigere Bestimmung des Kostenstreitwerts, da die Streitwerte des selbstständigen Beweisverfahrens und eines Klageverfahrens etwa durch Teilvergleiche aufgrund des selbstständigen Beweisverfahrens oder Erhöhung bzw. Ermäßigung einer Klage keineswegs identisch sein müssen. Das selbstständige Beweisverfahren ist auch nicht kraft Gesetzes ein bloßes Nebenverfahren des Erkenntnisverfahrens, sondern ein – wie der Name schon sagt – selbstständiges Verfahren, das den Parteien ein Verwertungsrecht der gesicherten Beweise gewährt, was wiederum deutlich macht, dass es im Hinblick auf den Streitwert um ein völlig selbstständiges Verfahren handelt. Der Umstand, dass erst mit der Kostengrundentscheidung auch eine Entscheidung über die Kostenverteilung des selbstständigen Beweisverfahrens herbeigeführt wird, rechtfertigt es nicht, zu Lasten der Rechtssicherheit den Fristbeginn auf den rechtskräftigen Abschluss des Klageverfahren zu verlagern.

2. Ist danach für den Beginn der Beschwerdefrist auf die Beendigung des selbstständigen Beweisverfahrens abzustellen, erweist sich die Beschwerde als unzulässig, da das selbstständige Beweisverfahren mit Ablauf der mit Verfügung des Gerichts vom 1.7.2011 gesetzten Frist zur Stellungnahme auf das Ergänzungsgutachten von vier Wochen ab Zugang des Gutachtens, d.h. vier Wochen ab dem 6.7.2011, also mit Ablauf des 3.8.2011 beendet war und die bei Gericht am 16.4.2012 per Fax eingegangene Streitwertbeschwerde nicht innerhalb von sechs Monaten seit Beendigung des Verfahrens und damit verfristet eingelegt wurde.

2.1. Das selbstständige Beweisverfahren ist mit seiner sachlichen Erledigung beendet. Das ist der Fall, wenn der Sachverständige sein Gutachten erstattet hat und die Parteien nicht innerhalb der ihnen nach 411 Abs. 4 ZPO eingeräumten Prüfungs- und Stellungnahmefrist einen Antrag auf Anhörung oder ergänzende Begutachtung stellen (BGH, Urt. v. 20.2.2002 – VIII ZR 228/00, BauR 2002, 1115 = NJW 2002, 1640; BGH Beschl. v. 24.3.2009 – VII ZR 200/08 – BauR 2009, 979 = NZBau 2009, 598 = NJW-RR 2009, 1243). Setzt das Gericht nach § 411 Abs. 4 S. 2 ZPO eine Frist zur Stellungnahme, ist diese maßgeblich. Bei Fristsetzung nach § 411 Abs. 4 ZPO setzt die Beendigung des Beweisverfahrens mit Fristablauf voraus, dass die Fristsetzung wirksam ist, d.h. durch das Gericht erfolgt und mit der erforderlichen Belehrung förmlich zugestellt wurde (Ingenstau/Korbion/Joussen, VOB, 17. Aufl., Anh. 3 Rn 91; OLG Celle, Beschl. v. 15.8.2005 – 4 W 165/05 – BauR 2005, 1961; Beschl. v. 6.3.2009 – 16 W 19/09 – NZBau 2009, 385; OLG Schleswig, Beschl. v. 21.8.2003 – 16 W 115/03 – OLGR 2003, 470). Wird keine Frist gesetzt oder ist diese unwirksam, sind nach § 411 Abs. 4 S. 1 ZPO Einwendungen gegen das Gutachten und eventuelle Ergänzungsfragen innerhalb eines angemessenen Zeitraums mitzuteilen. Welcher Zeitraum danach an...

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