Leitsatz (amtlich)

1. Nach Beendigung des selbständigen Beweisverfahrens sind Ergänzungsanträge zu den Beweisfragen unzulässig.

2. Eine Beendigung des selbständigen Beweisverfahrens durch Ablauf einer Frist nach § 411 Abs. 4 S. 2 ZPO setzt eine formgerechte Fristsetzung und deren Zustellung gem. § 329 Abs. 2 S. 2 ZPO voraus.

 

Normenkette

ZPO § 329 Abs. 2, § 411 Abs. 4, §§ 485, 492 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Kiel (Aktenzeichen 3 OH 1/02)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben. Dem LG wird aufgegeben, über den weiteren Ergänzungsantrag des Antragstellers unter Beachtung der Gründe dieses Beschlusses erneut zu entscheiden.

 

Gründe

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers ist gem. §§ 490, 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthaft und auch form- und fristgerecht eingelegt worden, § 569 ZPO.

Die sofortige Beschwerde ist begründet, weil der Ergänzungsantrag zu Unrecht aufgrund von Fristablauf und damit eingetretener Beendigung des selbständigen Beweisverfahrens zurückgewiesen worden ist.

Zu Recht ist das LG davon ausgegangen, dass das Verfahren nach Ablauf einer ordnungsgemäß nach §§ 492 Abs. 1, 411 Abs. 4 S. 2 ZPO gesetzten Frist beendet ist und danach Ergänzungsanträge nicht mehr angebracht werden können.

Indes fehlt es an einer ordnungsgemäßen Fristsetzung. Da die Frist bei fruchtlosem Ablauf gem. § 411 Abs. 4 S. 2 Halbsatz 2 ZPO die Wirkungen des § 296 Abs. 1 ZPO hat, kann sie wirksam nur durch Zustellung gem. § 329 Abs. 2 S. 2 ZPO gesetzt werden. Zudem muss die Fristsetzungsverfügung vom Richter mit vollem Namen unterzeichnet sein (Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., § 296 Rz. 9, 9d). An beidem fehlte es hier. Die Fristverlängerungsverfügung der seinerzeit zuständigen Richterin vom 13.3.2003 ist von ihr nur mit Paraphe abgezeichnet worden. Zudem ist den Parteien nur formlos Nachricht von der erfolgten Fristverlängerung gegeben worden, so dass schon von vornherein Heilung von Zustellungsmängeln gem. § 189 ZPO ausscheidet, weil keine Zustellung beabsichtigt gewesen ist (Zöller/Stöber, ZPO, 23. Aufl., § 189 Rz. 2).

Der angefochtene Beschluss kann auch nicht mit anderer Begründung aufrecht erhalten werden. Auch eine Beendigung des Beweisverfahrens aus allgemeinen Gründen des Zeitablaufs seit Vorlage des Sachverständigengutachtens kommt nicht in Betracht. Sind – wie hier – unwirksame Fristen durch das Gericht gesetzt worden, kann es vor Ablauf dieser Fristen schon aus Gründen des prozessualen Vertrauensschutzes nicht zur Verfahrensbeendigung kommen. Eine solche Beendigung scheidet aber auch dann aus, wenn eine Partei innerhalb angemessener Frist nach Vorlage des Gutachtens eine eigene Stellungnahme ankündigt. Das ist hier durch den Schriftsatz des Antragstellers vom 10.3.2003 geschehen. Die dadurch entstehende Ungewissheit hat das Gericht durch wirksame Fristsetzung zu beenden. Eben daran aber fehlt es hier, wie dargelegt.

Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht, da in selbständigen Beweisverfahren grundsätzlich keine Kostenentscheidungen ergehen. Einer der anerkannten Ausnahmefälle liegt bei einer aufhebenden Beschwerdeentscheidung nicht vor.

Dr. Chlosta

 

Fundstellen

Haufe-Index 1109677

SchlHA 2004, 102

OLGR-BHS 2003, 470

www.judicialis.de 2003

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