Der Kläger kann von der Beklagten Zahlung der restlichen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe des austenorierten Betrags verlangen.

Die Haftung der Beklagten dem Grunde nach ist unstreitig.

Dem Kläger stehen auch die restlichen Rechtsanwaltskosten von 43,32 EUR nach § 249 Abs. 1, 2 BGB zu.

Nach § 249 Abs. 1 BGB ist der Geschädigte so zu stellen, wie er stehen würde, wenn der zum Schadensersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten sein würde (sog. Differenzhypothese). Es ist anerkannt, dass auch die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten zum ersatzfähigen Schaden gehören. In welchem Umfang die vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren zu erstatten sind, richtet sich nach dem RVG. Nach § 2 Abs. 1 RVG bestimmen sich die anwaltlichen Gebühren nach dem Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit. Was Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit ist, richtet sich nach dem Begehren des Mandanten im Zeitpunkt der Mandatsbeauftragung (Glees, in: Mayer/Kreus, RVG, 6. Aufl., 2013, § 2 Rn 16 ff.). Dabei erwartet der Mandant eine umfassende Prüfung aller in Betracht kommenden rechtlichen Möglichkeiten. Bei einem Verkehrsunfall umfasst dies auch die Möglichkeit, das beschädigte Auto an den Schädiger abzugeben und dafür die Zahlung des Wiederbeschaffungswerts vom Schädiger zu verlangen.

Damit bezieht sich die anwaltliche Tätigkeit auch auf die Prüfung, ob der Wiederbeschaffungswert gegen Herausgabe des beschädigten Wagens rechtlich möglich und zweckmäßig ist. Aus diesem Grund ist auch der Wiederbeschaffungswert bei der Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten maßgeblich und nicht bloß – wie die Beklagtenseite meint – der Wiederbeschaffungsaufwand. Dass der Geschädigte sich (nach erfolgter Beratung) doch dafür entscheidet, seinen Wagen zu behalten und den Wiederbeschaffungsaufwand gegenüber dem Kläger geltend zu machen, ändert an der Beurteilung nichts. Denn maßgeblich ist der Gegenstandswert im Zeitpunkt der Beauftragung des Rechtsanwalts.

Eine andere Beurteilung würde zur Benachteiligung des Geschädigten führen, der aufgrund der Beratung seine Meinung geändert und statt des Wiederbeschaffungswerts und Herausgabe des Wagens nunmehr Ersatz des Wiederbeschaffungsaufwands begehrt. Er würde in diesem Fall auf seinen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten sitzen bleiben, wenn die ersatzfähigen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten auf Basis des nunmehr geltend gemachten Wiederbeschaffungsaufwands berechnet würden.

Nach diesen Maßstäben kann der Kläger den Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten auf der Grundlage des Wiederbeschaffungswerts verlangen und von der Beklagten die Zahlung der restlichen Rechtsanwaltsvergütung von 43,32 EUR.

Mitgeteilt von den RAen Weitz & Temme, Norderstedt

AGS 3/2016, S. 155 - 156

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