Leitsatz

Der Verfahrenswert eines Anpassungsverfahrens nach den §§ 33, 34 VersAusglG richtet sich nach § 50 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. FamGKG und ist mit 20 % des dreifachen Nettoeinkommens beider Ehegatten zu bewerten.

OLG Hamm, Beschl. v. 9.12.2014 – 2 WF 192/14

1 Sachverhalt

Im Scheidungsverbund hatte das Gericht auch den Versorgungsausgleich durchgeführt. Später hat der Antragsteller gem. §§ 33, 34 VersAusglG eine Anpassung des Versorgungsausgleichs beantragt. Das Gericht hat dem Antrag auf Aussetzung des Versorgungsausgleichs entsprochen, was für den Antragsteller zu einer finanziellen Entlastung in Höhe von monatlich 267,93 EUR geführt hat. Das Gericht hat sodann den Verfahrenswert auf 1.000,00 EUR festgesetzt.

Hiergegen haben die Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers Beschwerde erhoben und beantragt, den Wert auf 3.215,16 EUR festzusetzen. Maßgebend sei insoweit die Besserstellung des Antragstellers, die zu einer finanziellen Entlastung in Höhe von monatlich 267,93 EUR geführt habe. Davon sei in entsprechender Anwendung des § 51 Abs. 1 FamGKG der Jahreswert anzusetzen.

Das FamG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Ergänzend hat es in seiner Nichtabhilfeentscheidung darauf hingewiesen, dass der Verfahrenswert nicht nach § 42 FamGKG zu berechnen sei, sondern nach § 50 Abs. 1 S. 1 FamGKG. Für eine analoge Anwendung des § 42 FamGKG sei kein Raum. Da die Antragsgegnerin über keinerlei Einkommen verfüge und der Antragsteller ein Nettoeinkommen in Höhe von 1.778,67 EUR habe bzw. ohne die Kürzung aus dem Versorgungsausgleich in Höhe von netto 2.692,27 EUR, betrage der 10 %ige Anteil des dreifachen Nettoeinkommens auf jeden Fall weniger als 1.000,00 EUR, so dass der Mindestwert des § 50 Abs. 1 S. 2 FamGKG einschlägig sei. Umstände, die eine angemessene Erhöhung erforderlich machen würden, seien nicht ersichtlich.

Die Beschwerde hatte teilweise Erfolg.

2 Aus den Gründen

Zutreffend und mit zutreffender Begründung hat das FamG darauf verwiesen, dass § 50 FamGKG wertbestimmend ist.

Bei den Verfahren nach Kapitel 4 des Versorgungsausgleichsgesetzes (Titel des Kapitels: Anpassung nach Rechtskraft) handelt es sich um Versorgungsausgleichsverfahren i.S.v. §§ 111 Nr. 7, 217 FamFG (vgl. OLG Stuttgart, Beschl. v. 6.6.2012 – 16 WF 118/12, FamRZ 2012, 1972). Der Umstand, dass im Rahmen des Verfahrens inzident Unterhaltsansprüche geprüft werden müssen, ändert hieran nichts. Wenn aber die Anpassungsverfahren nach dem VersAusglG Versorgungsausgleichssachen sind, ist § 50 FamFG zur Wertfestsetzung heranzuziehen. Da sich die Vorschrift zur Bestimmung des Verfahrenswerts aus dem FamGKG ergibt, ist der subsidiäre § 42 Abs. 1 FamGKG nicht einschlägig.

2. Der Verfahrenswert ist nach § 50 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. FamGKG nach den aktuellen Nettoeinkünften der Beteiligten festzusetzen (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 8.10.2010 – 5 UF 20/10, FamRZ 2011, 815; OLG Frankfurt, Beschl. v. 24.2.2011 – 2 UF 317/10, FamRZ 2011, 1595; a.A. OLG Stuttgart, Beschl. v. 6.6.2012 – 16 WF 118/12, FamRZ 2012, 1972 [= AGS 2012, 354]; Schleswig-Holsteinisches OLG, Beschl. v. 27.10.2011 – 10 WF 178/11, NJW-RR 2012, 327 [= AGS 2012, 37]: nur 1. Alt. anwendbar). Maßgebend ist daher das Renteneinkommen in Höhe von 1.778,67 EUR, so dass hier ein Betrag in Höhe von bis zu 1.500,00 EUR anzusetzen ist (1.778,67 EUR x 3 ./. 100 x 20 = 1.067,20 EUR). Da es sich um ein Verfahren nach der Scheidung handelt, ist ein Ansatz von 20 % je Anrecht vorzunehmen.

Für eine Erhöhung nach § 50 Abs. 3 FamGKG besteht kein Anlass, da ein etwaiger höherer Aufwand (vgl. BT-Drucks 16/11903 S. 61) nicht erkennbar ist.

3 Anmerkung

Das OLG verkennt, dass Anpassungsverfahren temporal zwar nach Rechtskraft der Scheidung einzuleiten sind, es sich aber dennoch nicht um Ausgleichsansprüche nach der Scheidung handelt. Allein diese – in Kapitel 2 Abschnitt 3 des VersAusglG – geregelten Ansprüche nach den §§ 20-26 VersAusglG werden von § 50 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. FamGKG erfasst und sind mit 20 % des dreifachen Nettoeinkommens der beteiligten Eheleute zum Zeitpunkt des Einreichens des Antrags zu bewerten. Anpassungsansprüche sind in Kapitel 4: "Anpassung nach Rechtskraft" geregelt. Sie haben mit den in den §§ 20-26 VersAusglG geregelten Ausgleichsansprüchen nach der Scheidung nichts zu tun. Ausgleichsansprüche nach der Scheidung betreffen einen noch nicht durchgeführten Wertausgleich, während Anpassungsverfahren tatbestandlich einen nach den §§ 9-19 VersAusglG entschiedenen rechtskräftigen Wertausgleich voraussetzen. Weil tatbestandlich Voraussetzung eines Anpassungsantrags die Rechtskraft der Scheidung ist, handelt es sich – abgesehen von den Fällen, in denen sie unzulässigerweise im Verbund geführt werden – zwar um Ansprüche nach der Scheidung, nicht aber um die in § 20 Abs. 1 VersAusglG legal definierten Ausgleichsansprüche nach der Scheidung (= schuldrechtliche Ausgleichsrente).

Der Gegenstandswert richtet sich deshalb auch in Anpassungsverfahren nach den §§ 33, 34 VersAusglG (Anpassung wegen Unterhalt) nach § 23 Abs. 1...

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