1. Herausgabeantrag ist Familienstreitsache

Verlangt der ehemalige Ehegatte als Alleineigentümer nach der Scheidung die Herausgabe der vormaligen Ehewohnung gem. § 985 BGB, handelt es sich nicht um eine Ehewohnungssache nach § 200 FamFG, sondern um eine sonstige Familienstreitsache nach § 266 Abs. 1 FamFG. Ehewohnungssachen sind nur Verfahren über Ansprüche auf Überlassung der Ehewohnung nach § 1361b Abs. 1 BGB oder nach § 1568a BGB sowie Verfahren auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung für die Zeit der Trennung (§ 1361b Abs. 3 S. 2 BGB), nicht jedoch Verfahren über die Herausgabe der vormaligen Ehewohnung aufgrund Eigentums nach § 985 BGB.

2. Abzustellen ist auf § 42 FamGKG

Daher greift auch nicht die Wertvorschrift des § 48 Abs. 1 FamGKG. Vielmehr ist mangels einer besonderen Wertvorschrift auf die Auffangvorschrift des § 42 FamGKG abzustellen. Da es sich hier um eine vermögensrechtliche Streitigkeit handelt, gilt § 42 Abs. 1 FamGKG. Eine analoge Anwendung des § 48 FamGKG kommt nicht in Betracht, da diese Vorschrift – wie bereits gesagt – nur für Ehewohnungssachen gilt, die Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit sind, nicht aber für Familienstreitsachen.

3. Rechtsprechung ist uneinheitlich

Im Rahmen des § 42 Abs. 1 FamGKG besteht ein weiter Ermessensspielraum. Die Rspr. ist hier uneinheitlich.

a) Verkehrswert

Das OLG Karlsruhe (FamRZ 2020, 410) nimmt unter Berufung auf die Kommentierung von Zöller (s.o.) den Verkehrswert der herauszugebenden Immobilie an.

b) Wertung des § 41 GKG ist heranzuziehen

Das OLG Nürnberg (NJW-RR 2023, 1302) orientiert sich dagegen an der Rspr. vor Inkrafttreten des FamGKG bei Wohnungszuweisungen (s. auch Türck-Brocker, FPR 2010, 308, 311), und zieht – ebenso wie hier das OLG Braunschweig – entsprechend dem Streitwert bei Räumung und Herausgabe wegen der Beendigung eines Miet-, Pacht- oder ähnlichen Nutzungsverhältnisses (§ 41 Abs. 2 S. 2 GKG) den Jahresbetrag des Nutzungsentgelts heran.

Rechtsanwalt Norbert Schneider, Neunkirchen

AGS 12/2023, S. 574 - 575

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