1. Beschwerdeführer

Das LSG Essen hat zunächst darauf hingewiesen, dass nach den maßgeblichen landesrechtlichen Vorschriften im Verfahren auf Festsetzung der PKH-Anwaltsvergütung das Land Nordrhein-Westfalen als "Staatskasse" anzusehen ist, das vom Bezirksrevisor vertreten werde. Dieser sei organisatorisch dem Land Nordrhein-Westfalen zugeordnet und trete für dieses Land als Handelnder auf. Beschwerdeführer sei jedoch gleichwohl das Land Nordrhein-Westfalen als juristische Person des öffentlichen Rechts.

2. Form der Beschwerde

Nach den weiteren Ausführungen des LSG Essen ist eine Beschwerde im Verfahren auf Festsetzung der PKH-Anwaltsvergütung gem. § 56 Abs. 2 S. 1 RVG i.V.m. § 33 Abs. 7 RVG schriftlich einzureichen oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abzugeben. Gem. § 12b S. 1 RVG sind in Verfahren nach dem RVG die verfahrensrechtlichen Vorschriften über die elektronische Akte und über das elektronische Dokument für dasjenige Verfahren anzuwenden, in dem der Rechtsanwalt die Vergütung erhält. Dies war hier das sozialgerichtliche Verfahren, das vor dem SG Gelsenkirchen begonnen hatte.

Damit waren hier – worauf das LSG Essen hingewiesen hat – für das vorliegende Beschwerdeverfahren die verfahrensrechtlichen Vorschriften über die elektronische Akte und über das elektronische Dokument nach den §§ 65a bis 65d SGG anzuwenden. Danach sind ab dem 1.1.2022 vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen, die durch einen Rechtsanwalt, durch eine Behörde oder durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts eingereicht werden, an das Gericht als elektronisches Dokument zu übermitteln. Dabei seien die zur Nutzung verpflichteten Personen – hier also das durch den Bezirksrevisor vertretene Land Nordrhein-Westfalen – verpflichtet, die entsprechenden Geräte vorzuhalten und deren Bedienung zu beherrschen (s. etwa OLG Hamm NJW-RR 2022, 1360).

3. Folgen eines Verstoßes gegen die Formvorschriften

Vorliegend hatte der Bezirksrevisor als Vertreter der Staatskasse die Beschwerde nicht als elektronisches Dokument eingereicht. Das LSG Essen hat darauf hingewiesen, dass Schriftsätze, die unter Verstoß gegen den in § 65d SGG normierten aktiven Benutzungszwang nicht als elektronisches Dokument eingereicht worden sind, unwirksam seien. Bei einer Rechtsmittelschrift führe dies zur Unzulässigkeit des Rechtsmittels (s. BGH NJW 2023, 456 und 1062; OLG Bamberg AGS 2023, 86 [Hansens] = JurBüro 2022, 667 für eine sofortige Beschwerde der Staatskasse gegen die Bewilligung von PKH). Dieser Formmangel sei auch später nicht geheilt worden. Das LSG hat außerdem darauf hingewiesen, dass der Bezirksrevisor keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 56 Abs. 2 S. 1 RVG i.V.m. § 33 Abs. 5 S. 1 RVG beantragt habe und er auch die Verfahrenshandlung, nämlich die Einlegung der Beschwerde vom 6.9.2022, nicht formwirksam nachgeholt habe.

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