[Ohne Titel]

Nachdem in AGS 2023, 385 die anwaltliche Vergütung im strafverfahrensrechtlichen Berufungsverfahren vorgestellt wurde, behandeln die nachfolgenden Ausführungen die Gebühren, die für den Rechtsanwalt/Verteidiger im strafverfahrensrechtlichen Revisionsverfahren anfallen können.

I. Gebühren des Revisionsverfahrens

Die Gebühren, die im Revisionsverfahren entstehen können, sind, wenn der Rechtsanwalt den vollen Verteidigungsauftrag erhalten hat, in Teil 4 Abschnitt 1 Unterabschnitt 4 VV – Gerichtliches Verfahren – Revision geregelt. Danach können die Gebühren nach den Nrn. 4130 ff. VV entstehen. Strukturell sind die Gebühren für das Revisionsverfahren ebenso gegliedert wie die Gebühren für das erstinstanzliche Verfahren bzw. die für das Berufungsverfahren.[1] Der Verteidiger erhält also für das Betreiben des Geschäfts eine Verfahrensgebühr, nämlich die Nr. 4130 VV, und für jeden Hauptverhandlungstag im Revisionsverfahren eine Terminsgebühr Nr. 4132 VV. Ist der Rechtsanwalt nur mit einer Einzeltätigkeit beauftragt, gilt Teil 4 Abschnitt 3 VV (vgl. dazu IV.).

[1] Dazu Burhoff, AGS 2023, 385.

II. Angelegenheit (§ 15 RVG)

Das Revisionsverfahren ist gegenüber dem erstinstanzlichen gerichtlichen Verfahren bzw. dem Berufungsverfahren nach § 17 Nr. 1 RVG eine eigene Angelegenheit i.S.d. § 15 Abs. 2 RVG. Werden mehrere Revisionen, also z.B. vom Angeklagten und von der Staatsanwaltschaft oder einem Nebenkläger, eingelegt, kommt es darauf an, ob diese sich gegen dieselbe Entscheidung oder gegen verschiedene Entscheidungen richten. Richten sich die Revisionen gegen dieselbe Entscheidung, liegt lediglich eine Angelegenheit vor mit der Folge, dass die Gebühren Nrn. 4130 ff. VV nur einmal entstehen.[2] Der durch die mehreren Revisionen entstehende höhere Arbeitsaufwand des Rechtsanwalts muss im Rahmen des § 14 Abs. 1 RVG berücksichtigt werden.

[2] OLG München RVGreport 2008, 137 = JurBüro 2008, 248 = AGS 2008, 224; vgl. auch noch LG Memmingen RVGreport 2015, 307 = StRR 2015, 320.

III. Dauer des Revisionsverfahrens

1. Beginn

Das Revisionsverfahren beginnt mit der Einlegung der Revision nach § 341 StPO. Die Einlegung der Revision selbst gehört allerdings für den Verteidiger, der bereits in der ersten Instanz tätig war, nach § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 10 RVG noch zum gerichtlichen Verfahren der vorhergehenden Instanz.[3] Jede danach für den Mandanten erbrachte Tätigkeit führt aber zur Verfahrensgebühr Nr. 4130 VV.[4] Diese Tätigkeit muss nicht nach außen erkennbar sein.[5] Ausreichend ist also z.B. die (weitere) Beratung des Mandanten oder die Aufnahme von Gesprächen mit der Staatsanwaltschaft mit dem Ziel, dass diese die von ihr eingelegte Revision zurücknimmt.[6]

War der Verteidiger erstinstanzlich überhaupt noch nicht oder nicht als Verteidiger tätig, beginnt für ihn das Revisionsverfahren mit der Erteilung des Auftrags, das Rechtsmittel einzulegen. Die Einlegung der Revision wird dann von der Gebühr Nr. 4130 VV erfasst.[7]

[3] KG RVGreport 2017, 237 = StraFo 2016, 513 = NStZ 2017, 305; OLG Bamberg NJW 2006, 1536 = NStZ 2006, 467; OLG Hamm AGS 2006, 547; LG Heidelberg, Beschl. v. 9.5.2023 – 12 Qs 16/23, AGS 2023, 270; LG Nürnberg-Fürth, Beschl. v. 18.4.2018 – 18 Qs 28/16; LG Osnabrück RVGreport 2019, 339; Gerold/Schmidt/Burhoff, 26. Aufl., 2023, VV 4130, 4131 Rn 5; Burhoff/Volpert/Burhoff, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 6. Aufl., 2021, Nr. 4130 VV Rn 4; s. auch OLG Karlsruhe AGS 2009, 19 (für das Zivilrecht; sog. Abwicklungstätigkeiten).
[4] OLG Jena JurBüro 2006, 365 für die Akteneinsicht; LG Osnabrück, Beschl. v. 3.7.2019 – 1 KLs 5/18, RVGreport 2019, 339 für Prüfung der Erfolgsaussicht und Rücknahme der Revision; Mayer/Kroiß/Kroiß, RVG, 7. Aufl., 2018, Nr. 4130–4135 VV Rn 9.
[5] Allgemein für die Verfahrensgebühr BGH NJW 2005, 2233 = AGS 2005, 413 = RVGreport 2005, 275; NJW 2013, 312 = AGS 2013, 7 = RVGreport 2013, 58 = VRR 2013, 120; OLG Naumburg JurBüro 2012, 312 = MDR 2012, 553; VG Frankfurt (Oder), Beschl. v. 12.12.2018 – VG 5 KE 10/18; unzutreffend a.A. offenbar KG StraFo 2006, 432 = RVGreport 2006, 352 = AGS 2006, 375; JurBüro 2010, 599 = RVGreport 2010, 351 = VRR 2010, 479; OLG Koblenz NStZ 2007, 423 = Rpfleger 2006, 670; LG Koblenz JurBüro 2009, 198.
[6] LG Köln StV 2007, 481 (Ls.) = StraFo 2007, 305 = AGS 2007, 351 = RVGreport 2007, 224 (für Berufung); vgl. auch unten VII.
[7] S. Burhoff/Volpert/Burhoff, a.a.O., Vorbem. 4.1 VV Rn 41.

2. Ende

Das Revisionsverfahren endet mit dem Abschluss der Revisionsinstanz. Das ist nicht die Zustellung des Beschlusses, in dem über die Revision nach § 349 Abs. 1, 2 oder 4 StPO entschieden wird, im Fall der Hauptverhandlung die Verkündung des Urteils, die Rücknahme der Revision oder die Einstellung des Verfahrens. Vielmehr werden auch darüber hinausgehende Tätigkeiten noch von der Verfahrensgebühr Nr. 4130 VV als sog. Abwicklungstätigkeiten erfasst.[8] Dies kann z.B. die Beratung des Mandanten über die Einlegung der Verfassungsbeschwerde sein.

[8] Vgl. dazu (für das Zivilrecht) OLG Karlsruhe AGS 2009, 19.

3. Sprungrevision/Sperrberufung

Wird, nachdem der Verteidiger gegen ein amtsgerichtliches Urteil nach § 335 Abs. 1 StPO Sprungrevision eingelegt ha...

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