Bei der Berechnung der angemessenen Rahmengebühr sind die Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG zu berücksichtigen. An allererster Stelle steht der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit; der Gesetzgeber hat mit der Reihenfolge der beispielhaft zu berücksichtigenden Kriterien die anwaltliche Tätigkeit in den Vordergrund gerückt[1] und erst nachfolgend die persönlichen Umstände des Mandanten genannt.

Nach einhelliger Ansicht ist der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit am Zeitaufwand zu erkennen, häufig genug dokumentiert durch den Umfang der Handakte. Sämtliche RVG-Kommentare heben beim "Umfang" auf den Zeitaufwand ab.[2] Ob die von Otto[3] vertretene Auffassung einer durchschnittlich dreistündigen Mandatsbearbeitung jedem Vergütungstatbestand gerecht wird, ist zweifelhaft.

Festzuhalten ist jedenfalls, dass entgegen der Auffassung des LSG die Zeit bei der Bemessung einer Rahmengebühr große Bedeutung hat. Im konkreten Fall wird man aber dem LSG zustimmen können, dass eine Wartezeit von 37 Minuten bei einer tatsächlichen Verhandlungsdauer von 44 Minuten auf das Merkmal "Umfang der anwaltlichen Tätigkeit" keinen sonderlichen Einfluss hat.

Dass die Unsitte mancher Gerichte, zu knapp zu terminieren und damit Wartezeiten für die Mandanten und Prozessbevollmächtigten zu produzieren, vom LSG als typische Begleiterscheinungen des Berufsbildes des Rechtsanwaltes und damit als normal abgetan werden, ist dreist und wirft ein Licht auf die Wertung anwaltlicher Tätigkeit durch den Senat.

[1] LSG Nordrhein-Westfalen NJW-RR 2008, 87; AnwK-RVG/Onderka/N. Schneider, 8. Aufl., 2017, § 14 Rn 22; vgl. auch die in der Anm. zu 2300 VV vorgenommene Wertung.
[2] AnwK-RVG/Onderka/N. Schneider, § 14 Rn 30; Bischof/Jungbauer, RVG; 8. Aufl., 2017, § 14 Rn 14; Gerold/Schmidt-Mayer, RVG, 24 Aufl., 2019, § 14 Rn 18; GKR-RVG/Winkler, 2. Aufl., 2016, § 14 Rn 5; Hartmann/Toussaint, 49. Aufl., 2019, § 14 Rn 3; Hartung//Schons/Enders, RVG, 3. Aufl., 2017, § 14 Rn 29; Mayer/Kroiß-Winkler, RVG, 7. Aufl., 2018, § 14 Rn 16; LSG Schleswig Holstein RVGreport 2016, 453.
[3] NJW 2006, 1472.

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