In dem angefochtenen Beschluss ist im Ausgangspunkt zu Recht darauf hingewiesen worden, dass im Mahnverfahren offensichtlich unbegründete oder offensichtlich gerichtlich nicht durchsetzbare Forderungen nicht geltend gemacht werden dürfen und dem Mahngericht insoweit auch eine Prüfungskompetenz zusteht (Zöller, § 691 Rn 1 u. 2 m. w. Nachw.; BGH NJW 1984, 252). Auch bezüglich einer derartigen Nebenforderung hat das Mahngericht die dargelegte Prüfungskompetenz.

Allerdings ist vorliegend nicht ersichtlich, dass die geltend gemachte Gebühr offensichtlich unbegründet oder offensichtlich nicht durchsetzbar ist. Nach Nr. 2300 VV besteht für die Geschäftsgebühr ein sog. Gebührenrahmen zwischen 0,5 und 2,5. Im vorliegenden Fall wird von der Antragstellerin eine 1,5fache Gebühr geltend gemacht.

Die Bestimmung der Höhe seiner Gebührenforderung obliegt dem Anwalt nach seinem billigen Ermessen (Gerold/Schmidt, § 14 Rn 8 m. w. Nachw.; Hartung, § 14 Rn 88 m. w. Nachw.). Eine Überprüfung durch das Mahngericht muss sich infolgedessen darauf beschränken, ob das billige Ermessen bei der Gebührenforderung erkennbar überschritten worden ist (Beschl. des Gerichts v. 24.4.2005 – 04-230118-03-N). Dort hat das Gericht in einem ähnlichen Fall bereits ausgeführt:

"Nach Nr. 2400 VV (a.F.) soll eine Gebühr von mehr als dem 1,3-Fachen berechtigt sein, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Ob dies im vorliegenden Fall zutrifft, ist seitens der Antragstellerin nicht dargetan worden."

Diese fehlende Begründung ergibt aber dennoch keinen Anhalt für die Annahme, dass die Antragstellerin eine offensichtlich unbegründete oder offensichtlich gerichtlich nicht durchsetzbare Gebührenforderung mit ihrem Mahnbescheidsantrag verfolgt.

Nach § 14 RVG bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen.

Wegen der Schwierigkeiten, zu bestimmen, wann im Einzelfall die geforderte Rahmengebühr unbillig ist, ist in der Praxis der Ansatzpunkt der sogenannten Mittelgebühr entwickelt worden (vgl. Gerold/Schmidt, § 14 RVG Rn 29, 30, 31). Diese wird mit dem 1,5-fachen Gebührensatz angesetzt. Als ein anderer Ansatzpunkt werden sog. Toleranzgrenzen gezogen und i.H.v. 20 % über dem Mindestgebührensatz noch als "billige" Forderung anerkannt (vgl. im Einzelnen m. w. Nachw. Gerold/Schmidt, § 14 RVG Rn 34). Erst wenn der sog. Mittelwert bzw. die Toleranzgrenzen überschritten sind, besteht danach eine Annahme für eine unbillige Gebührenforderung bzw. der sog. Mittelwert oder das Einhalten der Toleranzgrenzen entspricht dem einem Rechtsanwalt eingeräumten billigem Ermessen nach § 14 RVG. In Nr. 2400 VV (a.F.) hat der Gesetzgeber moniert, dass die Geschäftsgebühr des sog. Durchschnittsfalles mit dem 1,3-fachen Wert zu bemessen ist (vgl. Göttlich/Mümmler, Stichwort "Geschäftsgebühr" Nr. 8.1). Bei einem durchschnittlichen Fall kann nur dann eine höhere Gebühr beansprucht werden, wenn die Tätigkeit in diesem Fall umfangreich oder schwierig war. Für den Durchschnittsfall hat der Gesetzgeber insoweit das billige Ermessen des Rechtsanwalts konkretisiert bzw. eingeschränkt. Ob es sich dabei um einen Durchschnittsfall handelt, hat allein der Rechtsanwalt weiterhin nach seinem billigen Ermessen zu bestimmen. Auch in eine Gebührenforderung nach Nr. 2400 VV (a.F.) kann ein Rechtsanwalt weiterhin alle in § 14 RVG aufgeführten Kriterien mit zur Grundlage seiner Billigkeitsentscheidung einbeziehen. Die ihm weiterhin mögliche Gesamtschau kann daher z.B. bei ihm dazu führen, auch im durchschnittlichen Normalfall, wenn er diesem Fall eine besondere Bedeutung für seinen Auftraggeber beimisst oder diesen z.B. besonders vermögend betrachten sollte, eine höhere Geschäftsgebühr als das 1,3-fache von diesem zu fordern (vgl. u.a. Göttlich/Mümmler, Stichwort: "Geschäftsgebühr" Nr. 8.1 letzter Absatz). Infolgedessen kann allein aus dem Fehlen einer Begründung bezüglich der Höhe der geltend gemachten Geschäftsgebühr nicht grundsätzlich auch auf die Unbilligkeit oder die gerichtliche Nichtdurchsetzbarkeit gefolgert werden.

Die im vorliegenden Fall geforderte Geschäftsgebühr ist deshalb nicht erkennbar offensichtlich unbillig oder erkennbar offensichtlich gerichtlich nicht durchsetzbar.

Damit übereinstimmend weist die Antragstellerin zu Recht auf die Entscheidung des BGH vom 13.1.2011 – 9 ZR 110/10 hin, in der ausgeführt wird, dass die Erhöhung der 1,3-fachen Regelgebühr auf eine 1,5-fache Regelgebühr einer gerichtlichen Überprüfung entzogen ist, da dem Rechtsanwalt für eine Rahmengebühr ein Spielraum von 20 % (sog. Toleranzgrenze) zusteht.

Es besteht daher regelmäßig keine Veranlassung zu weiterer Prüfung, da bei Einhaltung dieses Spielraums kein Anhalt dafür besteht, dass eine offensichtlich unbegründete oder offensichtlich nicht durchsetzbare Forderung geltend gemacht...

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