Da das Verfahren hinsichtlich des Versorgungsausgleichs am 1.9.2009 ausgesetzt war und im Übrigen auch am 31.8.2010 im ersten Rechtszug noch keine Endentscheidung erlassen war, sind dann auf den Antrag der Antragstellerin vom 18.10.2010 hin wieder aufgenommene Verfahren die ab 1.9.2009 maßgeblichen Verfahrensvorschriften und damit auch das FamGKG anzuwenden.

Nach § 50 Abs. 1 S. 1 FamGKG beträgt der Verfahrenswert in Versorgungsausgleichssachen grundsätzlich "für jedes Anrecht zehn Prozent des in drei Monaten erzielten Nettoeinkommens der Ehegatten". Soweit in § 50 Abs. 1 S. 1 FamGKG davon die Rede ist, dass "bei Ausgleichsansprüchen nach der Scheidung" für jedes Anrecht 20 % des in drei Monaten erzielten Nettoeinkommens der Ehegatten anzusetzen ist, betrifft dies nur den – hier nicht vorliegenden – Fall, dass der Versorgungsausgleich nach §§ 20-27 VersausglG ("schuldrechtlicher Versorgungsausgleich") durchgeführt worden ist (vgl. dazu etwa OLG Nürnberg v. 6.5.2010, FamRZ 2011, 132).

Nach § 50 Abs. 3 FamGKG kann das Gericht dann, wenn der nach Abs. 1 bestimmte Wert "nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig" ist, einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen.

Bei der Anwendung des § 50 Abs. 1 S. 1 FamGKG geht die in der Rspr. u. Lit. ganz überwiegend vertretene Auffassung dahin, dass in die Wertberechnung nicht nur die auszugleichenden oder tatsächlich ausgeglichenen, sondern alle verfahrensgegenständlichen Anrechte einzubeziehen sind (vgl. dazu etwa OLG Stuttgart FamRZ 2011, 994; OLG Schleswig v. 30.8.2010 – 10 WF 156/10; Thiel/Schneider, FamFR 2010, 529 und Keuter, FamRZ 2011, 1026, 1030 m. w. Nachw.).

Ausgehend von den von den Eheleuten angegebenen Nettoeinkommen von 2.200,00 EUR und 8.000,00 EUR führt die Anwendung von § 50 Abs. 1 S. 1 FamGKG damit unter Zugrundelegung von sechs verfahrensgegenständlichen Anrechten zu einem Verfahrenswert von (2.200,00 EUR + 8.000,00 EUR = 10.200,00 EUR x 3 = 30.600,00 EUR x 6 : 10 =) 18.360,00 EUR.

Dieser Verfahrenswert kann nicht nach § 50 Abs. 3 FamGKG mit der vom AG angestellten Erwägung auf den nach der Rechtslage vor dem 1.9.2009 maßgeblichen Verfahrenswert ermäßigt werden, dass die Parteien nichts dafür können, dass das Verfahren wegen der Zusatzversorgung des Antragsgegners ausgesetzt war.

Schon deshalb, weil § 50 Abs. 3 FamGKG auf die "besonderen Umstände des Einzelfalls" abstellt, ist eine generalisierende Betrachtungsweise, wie sie das AG vorgenommen hat, nicht zulässig.

Wenn der Gesetzgeber aufgrund des von ihm normierten Übergangsrechts auch in Fällen wie dem vorliegenden die Anwendung des neuen Rechts und damit eine grundsätzlich nach § 50 Abs. 1 S. 1 FamGKG an den wirtschaftlichen Verhältnissen der Eheleute orientierte Festlegung des Verfahrenswertes vorgesehen hat, dann kann diese gesetzliche Regelung nicht über § 50 Abs. 3 FamGKG für die vor dem 1.9.2009 ausgesetzten Verfahren ausgehebelt werden. Hinzu kommt, dass für die Anwendung des § 50 Abs. 3 FamGKG der nach § 50 Abs. 1 S. 1 FamGKG errechnete Wert in Relation zu Umfang, Schwierigkeit und Bedeutung der konkreten Sache zu setzen ist (vgl. dazu etwa auch OLG Nürnberg, v. 24.11.2010, FamRZ 2011, 995, 996 und die Begründung des Regierungsentwurfs § 50 FamGKG BT-Drucksache 16/10144S. 111). Im vorliegenden Fall kann nicht davon ausgegangen werden, dass es sich bei den verfahrensgegenständlichen und dem Beschluss des AG abgehandelten Versorgungsanrechten um – gemessen am Durchschnitt – besonders einfach zu beurteilende Anwartschaften handelt. Zu berücksichtigen ist auch, dass gerade die Anrechte, deren Ausgleich nach dem genannten Beschluss nicht stattfinden, Gegenstand einer gesonderten Vereinbarung waren, so dass insoweit auch eine gesonderte Überprüfung, ob auf einen Ausgleich verzichtet werden konnte, vorzunehmen war.

Für das Beschwerdegericht sind auch sonst keine besonderen Umstände ersichtlich, die im vorliegenden Fall ein Abweichen von dem nach § 50 Abs. 1 S. 1 FamGKG errechneten Verfahrenswert nach unten rechtfertigen würden.

Was die Vereinbarung der Parteien vom 18.7.2011 angeht, ist davon auszugehen, dass diese nur die darin erwähnten drei Anrechte der Eheleute zum Gegenstand hatte. Es ist deshalb gerechtfertigt, den Verfahrenswert mit (10.200,00 EUR x 3 = 30.600,00 EUR x 3 : 10 =) 9.180,00 EUR festzusetzen.

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