1. Geltungsbereich

Für die Tätigkeit in einem gerichtlichen Verfahren bei Freiheitsentziehung und in Unterbringungssachen entstehen Gebühren nach Teil 6 Abschnitt 3 VV. Im Einzelnen werden die Verfahren nach §§ 151 Nr. 6, 7, §§ 312, 415 FamFG erfasst.

Zu den Freiheitsentziehungssachen nach § 415 FamFG gehören insbesondere:[1]

Freiheitsentziehungen im Aufenthalts- und Asylverfahrensrecht,
mit einer Freiheitsentziehung verbundene Quarantänemaßnahmen,
polizeiliche Ingewahrsamsachen nach Bundes- oder Landesrecht.

Erfasst sind daher auch die Zurückweisungs-, Zurückschiebungs- oder Abschiebungshaft nach § 15 Abs. 6, § 57 Abs. 3 u. § 62 AufenthG.

Zu den Unterbringungssachen nach § 312 FamFG gehören:

die Genehmigung einer freiheitsentziehenden Unterbringung eines Betreuten (§ 1906 Abs. 1 – 3 BGB),
die Genehmigung einer freiheitsentziehenden Unterbringung einer Person, die einen Dritten zu ihrer freiheitsentziehenden Unterbringung bevollmächtigt hat (§ 1906 Abs. 5 BGB),
die Genehmigung einer freiheitsentziehenden Maßnahme nach § 1906 Abs. 4 BGB,
eine freiheitsentziehende Unterbringung eines Volljährigen nach den Landesgesetzen über die Unterbringung psychisch Kranker.

Zu den erfassten Kindschaftssachen nach § 151 Nr. 6, 7 FamFG gehören:

die Genehmigung einer freiheitsentziehenden Unterbringung eines Minderjährigen, auch wenn er unter Pflegschaft oder Vormundschaft steht (§§ 1631b, 1800, 1915 BGB),
die Anordnung einer freiheitsentziehenden Unterbringung eines Minderjährigen nach den Landesgesetzen über die Unterbringung psychisch Kranker.

Die Nrn. 6300 bis 6303 VV sind darüber hinaus auch anwendbar, wenn der Anwalt in einem Verfahren nach dem Therapieunterbringungsgesetz (ThUG) tätig wird (§ 62 RVG i.V.m. § 20 Abs. 1 ThUG).

Unterbringungen oder Freiheitsentziehungen in Strafsachen werden hingegen nicht erfasst, so dass Gebühren nicht nach Nrn. 6300 bis 6303 VV entstehen, weil nur Teil 4 VV anzuwenden ist. Das gilt auch für Verfahren nach § 81 StPO wegen der Einweisung in eine Heil- und Pflegeanstalt zur Untersuchung der strafrechtlichen Verantwortung[2] oder die Verfahren nach §§ 67d, 67e StGB.[3]

[1] Keidel/Budde, FamFG, § 415 Rn 2.
[2] Hartung/Schons/Enders, Nrn. 6300-6303 VV Rn 5.
[3] Gerold/Schmidt/Mayer, Nrn. 6300-6303 Rn 1.

2. Verfahrensgebühr

Für die Tätigkeit erhält der Anwalt eine Verfahrensgebühr nach Nr. 6300 VV. Es handelt sich dabei um eine Betragsrahmengebühr. Sie beträgt für den Wahlanwalt 30,00 bis 400,00 EUR (Mittelgebühr: 215,00 EUR). Für den gerichtlich bestellten oder beigeordneten Anwalt beträgt die Gebühr stets 172,00 EUR.

Die Gebühr entsteht nach Vorbem. 6 Abs. 2 VV für das Betreiben des Geschäfts, einschließlich der Information, so dass die Gebühr bereits mit deren Entgegennahme verdient wird. Der Ausgang des Verfahrens ist für die Entstehung der Gebühr unerheblich, jedoch kann eine zeitige Beendigung im Rahmen der Ermittlung der Gebührenhöhe nach § 14 RVG zu berücksichtigen sein. Die Gebühr der Nr. 6300 VV entsteht für jeden Rechtszug gesondert (Anm. zu Nr. 6300 VV).

Für die Entstehung der Verfahrensgebühr ist zu unterscheiden zwischen:

dem Verfahren wegen der erstmaligen Anordnung der Maßnahme,
den Verfahren auf Verlängerung oder Aufhebung der Maßnahme,
der Anordnung im Rahmen der einstweiligen Anordnung,

weil es sich jeweils um gesonderte Angelegenheiten handelt, für die gesonderte Gebühren entstehen; vgl. Nrn. 5 und 6.

3. Terminsgebühr

In dem Verfahren kann eine Terminsgebühr nach Nr. 6301 VV verdient werden. Es handelt sich dabei um eine Betragsrahmengebühr. Sie beträgt für den Wahlanwalt 30,00 bis 400,00 EUR (Mittelgebühr: 215,00 EUR). Für den gerichtlich bestellten oder beigeordneten Anwalt beträgt die Gebühr stets 172,00 EUR.

Sie entsteht nach Vorbem. 6 Abs. 3 VV für die Teilnahme an gerichtlichen Terminen. Hierzu gehören neben Terminen vor Gericht auch die Termine zur Anhörung des Betroffenen oder die mündliche Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen. Es muss sich aber um eine gerichtliche Anhörung handeln, so dass ein von dem Anwalt selbst durchgeführter Besuch bei dem Betroffenen die Gebühr nicht auslöst. Der Anwalt muss an dem Termin tatsächlich teilgenommen haben, der nachträgliche Besuch bei dem Betroffenen genügt nicht.[4]

Findet ein bereits anberaumter Termin nicht statt, und liegen die Gründe hierfür nicht bei dem Anwalt, verdient er die Terminsgebühr trotzdem, wenn er zu dem ursprünglich anberaumten Termin tatsächlich erschienen war. Bei Nichterscheinen entsteht die Gebühr nicht. Gleiches gilt auch dann, wenn der Anwalt trotz rechtzeitiger Abladung und Kenntnis von der Abberaumung gleichwohl zu dem Termin erscheint.

Da der Anwalt neben den Gebühren auch sämtliche in Nrn. 7000 ff. VV genannte Auslagen geltend machen kann, erhält er auch Reisekosten nach Nrn. 7003-7006 VV. Findet die Anhörung des Betroffenen an einem Ort statt, der außerhalb der Gemeinde liegt, in der sich die Kanzlei oder Wohnung des Rechtsanwalts befindet, kann der Anwalt die Reisekosten gesondert erstattet verlangen. Der im Wege der Verfahrenskosten...

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