Die mit Schriftsatz vom 30.4.2020 eingelegte Beschwerde gegen die Weigerung des AG, den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit der Beschwerdeführerin und vormaligen Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin festzusetzen, ist als Untätigkeitsbeschwerde nach § 33 Abs. 3 RVG zulässig. Das AG hat bis zuletzt über den Antrag der Beschwerdeführerin vom 5.3.2019, den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit bis zu ihrem Ausscheiden aus dem Verfahren zu bestimmen, keine Entscheidung getroffen. Der Antrag war nach § 33 Abs. 1 RVG zulässig, weil es an einem Wert für die Gerichtsgebühren wegen des noch laufenden Verfahrens mangelte (vgl. OLG Oldenburg BeckRS 2018, 1364). Demgegenüber war die vom AG vorgenommene vorläufige Wertfestsetzung nach § 55 Abs. 1 FamGKG (Beschl. v. 10.4.2019) weder veranlasst noch hat sie den Wertfestsetzungsantrag der Beschwerdeführerin zum Gegenstand gehabt (OLG Frankfurt AGS 2018, 278). Der Senat hat bereits entschieden, dass gegen die Verweigerung des AG, einen Antrag nach § 33 Abs. 1 RVG zu verbescheiden, die Beschwerde nach § 33 Abs. 3 RVG eröffnet ist (OLG Frankfurt a.a.O.), wofür auch die Regelung in § 32 Abs. 2 S. 2 RVG spricht. Auch die zwischenzeitlich erfolgte endgültige Wertfestsetzung nach § 55 Abs. 2 FamGKG (Beschl. v. 4.7.2019) hat den Antrag der Beschwerdeführerin nicht erledigt, da sie zum damaligen Zeitpunkt nicht mehr für die Antragsgegnerin tätig war und der Beschluss gegenüber ihr auch keine Bindungswirkung entfalten konnte. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass das AG die Entscheidung auch der Beschwerdeführerin bekannt gegeben hat.

Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit der Beschwerdeführerin ist nach Maßgabe von § 16 Nr. 4 RVG zu bestimmen, sodass die Ehescheidung und die im Verbund geltend gemachten Folgesachen als dieselbe Angelegenheit zu behandeln sind. Miteinzubeziehen ist insoweit auch die Folgesache Zugewinnausgleich, da weder die inzwischen erfolgte Abtrennung noch die Teilrücknahme des Antrages Einfluss auf die Wertbestimmung im Verbund haben, soweit es die Gebühren der bereits zuvor ausgeschiedenen Beschwerdeführerin betrifft.

Für die Ehescheidung gilt zunächst § 43 Abs. 2 FamGKG, sodass das dreifache Nettoeinkommen der Ehegatten einzusetzen ist, wobei maßgeblich der Zeitpunkt der ersten Antragstellung (hier 31.5.2016) ist (§ 34 FamGKG). Das Einkommen der Antragsgegnerin belief sich insoweit unstreitig auf 6.800,00 EUR. Beim Antragsteller war dagegen ein Monatseinkommen von 20.000,00 EUR einzusetzen. Es handelt sich hierbei um das sich aus der vorgelegten Lohnsteuerbescheinigung 2015 errechnete Monatsnettoeinkommen, welches eine taugliche Bemessungsgrundlage darstellt. Das von der Antragsgegnerin behauptete Nettoeinkommen von 12.000,00 EUR entbehrt hinreichender sachlicher Grundlagen. Auch ist unerheblich, ob ein Bonus erst im letzten Quartal 2016 gezahlt wurde. Wie von der Beschwerdeführerin geltend gemacht waren dem Einkommen 5 % des Vermögens der Ehegatten unter Abzug eines Freibetrages von 50.000 EUR hinzurechnen. Im Hinblick auf § 34 FamGKG kam es nicht darauf an, ob sich im Laufe des Verfahrens die Vermögenswerte konkretisiert haben. Auch der Senat orientiert sich insoweit an den vormaligen Angaben des Antragstellers in der Antragsschrift zum Zugewinnausgleich und legt ein Gesamtvermögen i.H.v. 6.768.806,00 EUR zugrunde. Dieser Wert war von der Größenordnung her auch von der Antragsgegnerin gem. Schriftsatz v. 25.9.2018 bestätigt worden. Nach Abzug des Freibetrages verbleibt ein – fünfprozentiger – Betrag von 416.340,00 EUR. Für den Versorgungsausgleich ist nach § 50 FamGKG von einem Nettoeinkommen von 80.400,00 EUR auszugehen, sodass sich bei zwölf Anrechten ein – zehnprozentiger – Wert von 96.480,00 EUR errechnet. Für die Folgesache Güterrecht ist der vormals bezifferte Antrag i.H.v. 1.550.000,00 EUR wertbestimmend, die Teilrücknahme bleibt insoweit ohne Einfluss.

Nicht zu folgen ist der Beschwerde aber in Bezug auf die Bewertung des Unterhaltsverfahrens. Dass im gesonderten Verfahren betreffend den Trennungsunterhalt der von der Antragsgegnerin erwartete Unterhaltsanspruch mit 3.000,00 EUR bewertet wurde, führt nicht dazu, dass ohne weitere Anhaltspunkte davon ausgegangen werden kann, dass diese Erwartung auch beim nachehelichen Unterhalt bestand. Mangels anderweitiger Anhaltspunkte war der Regelwert von § 42 Abs. 3 FamGKG anzusetzen.

Die weiteren Beschwerden vom 15.10.2019 gegen die Verfahrenswertbeschlüsse v. 10.4.2019 (vorläufige Wertfestsetzung) und vom 4.7.2019 (endgültige Wertfestsetzung) waren unzulässig. Beschwerden gegen die vorläufige Wertfestsetzung nach § 55 Abs. 1 FamGKG sind schon nicht statthaft. Eine Beschwerde gegen die endgültige Wertfestsetzung nach § 32 Abs. 2 RVG kam nicht in Betracht, weil die Beschwerdeführerin zu diesem Zeitpunkt nicht mehr Bevollmächtigte der Antragsgegnerin war.

AGS 11/2020, S. 518 - 519

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