Die Begründung des AG im angefochtenen Beschluss, die Tochter K. habe sich gegenüber dem Verfahrensbeistand gegen einen Wechsel in den mütterlichen Haushalt ausgesprochen, trägt vorliegend die Versagung von Verfahrenskostenhilfe nicht.

Für die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe ist grundsätzlich auf den letzten Erkenntnisstand des Gerichts, d.h. auf den Sach- und Streitgegenstand bei Beschlussfassung abzustellen (vgl. BGH FamRZ 2010, 1324). Dies gilt auch für die Beurteilung der Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung. Das setzt jedoch voraus, dass die gerichtliche Entscheidung alsbald nach der Entscheidungs- bzw. Bewilligungsreife erfolgt. Diese ist gegeben, wenn der Antragsteller sein Begehren schlüssig begründet hat und der Gegner Gelegenheit hatte, sich zu diesem Vorbringen zu äußern (vgl. Zöller/Geimer, ZPO, 31. Aufl., § 119 Rn 44 m.w.N.; Zimmermann, Verfahrens- und Prozesskostenhilfe, 4. Aufl., Rn 172). Nimmt das AG auf dieser Grundlage im Rahmen des § 26 FamFG weitere Ermittlungen auf, ist regelmäßig die Bewilligungsreife bereits eingetreten (vgl. OLG Karlsruhe FamRZ 2016, 250; OLG Naumburg FamRZ 2015, 947).

Vor diesem Hintergrund hätte das AG bereits nach dem Kenntnisstand bis Mitte Juni 2016 über die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe entscheiden können. Grundsätzlich ist bei Kindschaftsverfahren i.S.v. § 151 FamFG im Hinblick auf die dynamischen familiären Beziehungen eine großzügige Beurteilung gerechtfertigt. Dies gilt auch für Kindesschutzverfahren, weil in elementare Grundrechte eines Elternteils eingegriffen werden könnte oder ein solcher Eingriff fortdauert (vgl. Schulte-Bunert/Weinreich/Keske, FamFG, 5. Aufl., § 76 Rn 36 m.w.N.). Nach dem Antrag der Antragstellerin v. 9.5.2016 und der Stellungnahme des Jugendamts vom 7.6.2016 hatte das AG noch nicht über Verfahrenskostenhilfe entschieden, sondern mit Verfügung vom 7.6.2016 sowohl einen Anhörungstermin auf den 1.7.2016 anberaumt, als auch für K. Rechtsanwältin P. zum Verfahrensbeistand bestellt. Auch wenn sich nach dem Bericht des Jugendamts vom 7.6.2016 die Tochter in der Pflegefamilie bei ihrer Tante und ihrem Onkel positiv entwickelt und gegenüber diesen bzw. dem Vormund keine Rückkehrwünsche geäußert hat, sind die verfahrensrechtlichen Maßnahmen des AG auf eine weitere Erforschung des Sachverhalts und auf die Feststellung entscheidungserheblicher Tatsachen gerichtet. Solche wären jedoch nicht erforderlich gewesen, wenn die Rechtsverfolgung der Antragstellerin bereits zu diesem Zeitpunkt keine hinreichende Aussicht auf Erfolg geboten hätte. Da die Bewilligungsreife vorliegt und somit zum 7.6.2016 gegeben war und zu diesem Zeitpunkt dem Antrag aus Sicht des AG wegen der aufgenommenen Ermittlungen hinreichende Aussichten auf Erfolg nicht abgesprochen werden konnte, war der Antragstellerin Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen.

Mitgeteilt von RA und FA für Strafrecht Jörk Matthäi, Verden

AGS 11/2016, S. 533 - 534

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