Die Klage ist in Form der Anfechtungs- und Leistungsklage statthaft und zulässig, im Ergebnis aber unbegründet. Die Klägerin war wegen Zeitablaufs nicht berechtigt, weitere Gebühren von dem Beklagten zu fordern.

Nach § 63 Abs. 2 SGB X sind die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts im Vorverfahren erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war. Gebühren und Auslagen in diesem Sinne sind nur die gesetzlichen Gebühren und Auslagen. Sie sind nach Maßgabe des RVG zu bestimmen (vgl. Roos, in: von Wulffen, Kommentar zum SGB X, 7. Aufl., § 63 Rn 29). Die Klägerin hatte zunächst grundsätzlich Anspruch auf Erstattung der Gebühren und Auslagen ihres Bevollmächtigten, weil der Beklagte dies im Bescheid v. 19.10.2009 anerkannte.

Der Anspruch auf Erstattung von Kosten ist jedoch auf die notwendigen Aufwendungen beschränkt. Notwendig ist dabei alles, was ein verständiger Beteiligter im Hinblick auf die Bedeutung sowie die sachliche oder rechtliche Schwierigkeit der Angelegenheit vernünftigerweise für erforderlich halten durfte (vgl. Roos, ebd., Rn 13 m.w.N.). Grundsätzlich sind in Fällen mit anerkannt notwendiger rechtsanwaltlicher Bevollmächtigung die vom Rechtsanwalt nach dem RVG zu fordernden Gebühren und Auslagen als vernünftige Ausgabe in diesem Sinn zu verstehen.

Im konkreten Fall steht dem Anspruch der Klägerin auf Erstattung von Kosten für die anwaltliche Beauftragung zunächst die Einrede der Verjährung nicht entgegen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob im Verhältnis zwischen dem Beklagten und der Klägerin die dreißigjährige Verjährungsfrist des § 52 Abs. 2 SGB X oder die vierjährige Verjährungsfrist nach § 45 SGB I gilt, wie der Bevollmächtigte der Klägerin vorgetragen hat. Auch die letztgenannte Frist ist noch nicht verstrichen, denn sie begann nach Bestandskraft der Kostengrundentscheidung erst mit Ablauf des Jahres 2009. Die Rechnung des Bevollmächtigten datiert auf den 13.6.2013.

Das Gericht folgt der Klägerin auch insoweit, als die nach § 8 RVG und § 195 BGB geltende dreijährige Verjährungsfrist für die Rechtsanwaltsgebühren nur im Innenverhältnis zwischen dem Mandanten und dem Rechtsanwalt gilt. Dem Beklagten ist eine Berufung auf diese Frist verwehrt.

Darüber hinaus ist eine Kostenerstattung gegenüber dem Beklagten auch nicht davon abhängig, dass der Bevollmächtigte eine Rechnung an die Klägerin versandt hat. Das Gericht sieht sich in seiner bisherigen Rechtsauffassung durch die Entscheidung des BSG v. 2.12.2014 (B 14 AS 60/13 R [= AGS 2015, 356]) bestätigt. Zur Wirksamkeit einer Gebührenforderung gegenüber dem Kostenschuldner ist eine Rechnungstellung an den Mandanten nicht erforderlich. Das Erfordernis einer detaillierten Rechnungslegung nach § 10 RVG dient ausschließlich dem Schutz des Mandanten. Im Übrigen resultiert der Anspruch des Mandanten auf Freistellung von den entstehenden Kosten der anwaltlichen Tätigkeit aus § 257 BGB. Danach kann derjenige, der berechtigt ist, Ersatz für Aufwendungen zu verlangen, die er für einen bestimmten Zweck macht, Befreiung von der Verbindlichkeit verlangen, wenn er für diesen Zweck eine Verbindlichkeit eingeht (vgl. hierzu auch Urt. des LSG Nordrhein-Westfalen v. 17.10.2013 – L 7 AS 1139/12).

Allerdings scheitert der Anspruch der Klägerin gegenüber dem Beklagten daran, dass sie nicht mehr verpflichtet ist, diese Kosten zu begleichen. Ihr gegenüber ist der Erstattungsanspruch mit dem Ende des Jahres 2012 verjährt. Wie bereits dargestellt, beginnt die Verjährung nach § 8 Abs. 1 RVG und § 199 BGB mit dem Ende des Kalenderjahres, in dem der Auftrag abgeschlossen wurde (mithin Ende 2009). Die Klägerin kann nunmehr einer Inanspruchnahme durch ihren Bevollmächtigten die Einrede der Verjährung entgegen setzen.

An dieser Stelle setzt aber wieder das Kriterium der notwendigen Aufwendungen an. Dieses Merkmal trägt nach Auffassung des Gerichts neben den individuellen Fähigkeiten und der konkreten Fallgestaltung auch die Pflicht jedes Verfahrensbeteiligten in sich, die Kosten im Rahmen des Verständigen nach Möglichkeit gering zu halten (vgl. Roos, ebd., Rn 13 m.w.N.). Der vorliegende Fall ist dadurch gekennzeichnet, dass der Bevollmächtigte seine Rechte gegenüber der Mandantin nicht zeitnah durchgesetzt hat und auch nicht im Wege der Kostenfreistellung an den Beklagten herangetreten ist. Er muss grundsätzlich damit rechnen, dass ein verständiger Mandant die verjährte Forderung abwehrt. Wenn aber die Mandantin im vorliegenden Fall gar nicht mehr verpflichtet ist, die verspätet geltend gemachten Kosten zu erstatten, muss dies auch für den Drittschuldner, den Beklagten, gelten.

Diese Grundsätze gelten nach Auffassung des Gerichts auch im vorliegenden Fall. Zwar hat die Klägerin nicht ausdrücklich auf die Einrede der Verjährung verzichtet, auch hat keine Abtretung des Gebührenanspruchs stattgefunden. Vielmehr hat sie im Rahmen der mündlichen Verhandlung erklärt, dass sie sich nicht auf die Einrede der Verjährung berufe. Darauf kann es aber nach der Entscheidu...

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