Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialrechtliches Verwaltungsverfahren. Ablehnung der Erstattung von Vorverfahrenskosten. Rechtsanwaltsvergütung. Möglichkeit der Verjährungseinrede. Kostenminderungspflicht

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Anspruch auf Freistellung vom Vergütungsanspruch des Prozessbevollmächtigten nach § 63 SGB X ist ausgeschlossen, wenn der Mandant im Zeitpunkt des Kostenerstattungsantrages die Einrede der Verjährung erheben könnte.

2. Der Beklagte ist berechtigt, die Erstattung der Gebühren und Auslagen des Prozessbevollmächtigten unter Hinweis auf die Kostenminderungspflicht abzulehnen.

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Höhe der für die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren zu erstattenden Kosten.

Die Klägerin und ihre Kinder bezogen u.a. im Zeitraum März 2009 Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende vom Beklagten bzw. dessen Rechtsvorgängerin. Grundlage war zunächst der Bewilligungsbescheid vom 13. Januar 2009, der in der Folgezeit durch verschiedene Änderungsbescheide abgeändert wurde. Mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 27. April 2009 hob der Beklagte die für März 2009 bewilligten Leistungen teilweise auf und forderte von der Klägerin und den Kindern 341,23 EUR zurück. Hiergegen legte die anwaltlich vertretene Klägerin mit den Kindern Widerspruch ein, der unter Aktenzeichen W 2482/09 vom Beklagten erfasst wurde. Der Beklagte hob den Bescheid auf und erklärte sich auf den separaten Antrag des Bevollmächtigten mit Bescheid vom 19. Oktober 2009 bereit, die notwendigen Aufwendungen im Widerspruchsverfahren dem Grunde nach zu erstatten.

Am 13. Juni 2013 beantragte der Bevollmächtigte der Klägerin, die im Widerspruchsverfahren entstandenen Kosten auf 656,88 EUR festzusetzen. Dabei ging er von einer Geschäftsgebühr in Höhe von 280,00 EUR zuzüglich Gebührenerhöhung für die weiteren drei Widerspruchsführer aus. Der Beklagte forderte den Bevollmächtigten zunächst um Mitteilung auf, wann er den Betrag der Mandantschaft in Rechnung gestellt hat. Daraufhin legte der Prozessbevollmächtigte eine Gebührenrechnung vom 31. Dezember 2009 vor, die sich auf den Leistungszeitraum Mai bis Oktober 2009 Bezug und einen identischen Betrag auswies. Der Beklagte setzte daraufhin die zu erstattenden Gebühren und Auslagen auf 0,00 EUR fest (Bescheid vom 3. Januar 2014). Die Gebührenforderung gegen die Mandanten sei zum Zeitpunkt des Kostenfestsetzungsantrages bereits verjährt. Hiergegen legte die Klägerin über ihren Bevollmächtigten Widerspruch ein, der erfolglos blieb (Widerspruchsbescheid vom 5. März 2014).

Hiergegen richtet sich die im April 2014 erhobene Klage. Die Klägerin hat die Festsetzung der beantragten Gebühr, mindestens jedoch 357,00 EUR begehrt. Die Vollmacht sei nach Abschluss des Widerspruchsverfahrens nicht erlöschen. Die Verjährungsregelung im Verhältnis zwischen dem Rechtsanwalt und seinem Mandanten sei nicht auf den Kostenerstattungsanspruch des Mandanten gegenüber dem Beklagten zu übertragen. Darüber hinaus hat sie die Auffassung vertreten, die Entscheidung im Widerspruchsverfahren betreffe nur sie persönlich. Eine abschließende Entscheidung hinsichtlich der Kostenerstattung für die Kinder liege noch nicht vor.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 3. Januar 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. März 2014 zu verpflichten, sie von dem Vergütungsanspruch gegenüber ihrem Klägerbevollmächtigten in Höhe von 357,00 EUR freizustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat auf die Begründung des Widerspruchsbescheides Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Beklagtenakten Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist in Form der Anfechtungs- und Leistungsklage statthaft und zulässig, im Ergebnis aber unbegründet. Die Klägerin war wegen Zeitablaufs nicht berechtigt, weitere Gebühren von dem Beklagten zu fordern.

Nach § 63 Abs. 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) sind die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts im Vorverfahren erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war. Gebühren und Auslagen in diesem Sinne sind nur die gesetzlichen Gebühren und Auslagen. Sie sind nach Maßgabe des RVG sowie des VV der Anlage 1 zum RVG zu bestimmen (vgl. Roos in von Wulffen, Kommentar zum SGB X, 7. Auflage, § 63 Rdnr. 29). Die Klägerin hatte zunächst grundsätzlich Anspruch auf Erstattung der Gebühren und Auslagen ihres Bevollmächtigten, weil der Beklagte dies im Bescheid vom 19. Oktober 2009 anerkannte.

Der Anspruch auf Erstattung von Kosten ist jedoch auf die notwendigen Aufwendungen beschränkt. Notwendig ist dabei alles, was ein verständiger Beteiligter im Hinblick auf die Bedeutung sowie die sachliche oder rechtliche Schwierigkeit der Angelegenheit vernünftigerweise für erforderlich halten durfte (vgl. Roos ebenda, Rdnr. ...

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