Dem Prozessbevollmächtigten des Klägers steht gegen die Staatskasse nur eine 1,0-fache Einigungsgebühr nach Nr. 1003 Abs. 1 S. 1 Hs. 2, 2. Alt. VV und keine 1,5-fache Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV aus dem Vergleichsmehrwert zu.

1. Nach Nr. 1000 Abs. 1 S. 1 VV entsteht die 1,5-fache Einigungsgebühr für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrags, durch den der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird, es sei denn, der Vertrag beschränkt sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht. Nach Nr. 1003 VV betragen die Gebühren nach Nr. 1000 bis 1002 VV 1,0, wenn über den Gegenstand ein anderes gerichtliches Verfahren als ein selbstständiges Beweisverfahren anhängig ist. Nach Nr. 1003 Abs. 1 S. 1 VV gilt dies auch, wenn ein Verfahren über die Prozesskostenhilfe anhängig ist, soweit nicht lediglich Prozesskostenhilfe für ein selbstständiges Beweisverfahren oder die gerichtliche Protokollierung des Vergleichs beantragt wird oder sich die Beiordnung auf den Abschluss eines Vertrags i.S.d. Nr. 1000 erstreckt (§ 48 Abs. 3 RVG). Dabei stehen die Nrn. 1000, 1003 Eingangssatz i.V.m. Nr. 1003 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 und 1003 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 Alt. 1 – 3 VV in einem Verhältnis: Grundsatz (1,5-fach) – Ausnahme (1,0-fach) – Unterausnahme (1,5-fach).

2. Hier liegen die Voraussetzungen der von dem Prozessbevollmächtigten des Klägers begehrten 2. Alt. der Nr. 1003 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 VV nicht vor.

a) Diese hat die erkennende Kammer in den von den Beteiligten im Vergütungsfestsetzungsverfahren diskutierten Beschlüssen v. 7.9.2010 – 5 Ta 132/10 – u. v. 5.8.2011 – 5 Ta 123/11 – näher beschrieben.

aa) Im Beschl. v. 7.9.2010 – 5 Ta 132/10 – hat sie, soweit hier von Interesse, ausgeführt:

"Die 2. Alt. in Nr. 1003 Abs. 1 S. 1 VV erfasst dabei ... nur solche Fallgestaltungen, in denen das Gericht lediglich für die Protokollierung eines bereits vollständig ausgehandelten Vergleichs in Anspruch genommen wird. Sie greift schon dann nicht mehr ein, wenn sich das Gericht inhaltlich mit den nicht rechtshängigen Gegenständen befassen ... muss. ... Wenn das Gericht, wie im Ausgangsfall, letztlich im Rahmen der Erörterung der Sach- und Rechtslage mit den Parteien überhaupt erst die notwendigen Anstöße für die gütliche Einigung gerade des nicht rechtshängigen Gegenstands gibt, kann von einer reinen Beurkundungsfunktion des Gerichts nicht mehr die Rede sein" (II 1b der Gründe).

bb) Im Beschl. v. 5.8.2011 – 5 Ta 123/11 – hat sie zur Erläuterung ihrer Ausführungen im Beschl. v. 7.9.2010 – 5 Ta 132/10 – präzisiert:

"Soweit die erkennende Kammer in den hier nicht wiedergegebenen Passagen der Gründe Ausführungen zur Prüfungspflicht des Gerichts betreffend die hinreichende Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung bzw. Rechtsverteidigung und die fehlende Mutwilligkeit gemacht hat, ... erscheint deshalb der klarstellende Hinweis angezeigt, dass die Ausführungen der erkennenden Kammer unter II 1 b) des Beschl. v. 7.9.2010 – 5 Ta 132/10 – lediglich der Begründung für die Gleichsetzung eines "Verfahrens über die Prozesskostenhilfe" gem. Nr. 1003 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 VV mit dem "gerichtlichen Verfahren" gem. Nr. 1003 Eingangssatz VV, also der Herabsetzung der Einigungsgebühr von 1,5 auf 1,0, dienen sollten." (II 1b bb der Gründe).

cc) Diese Auffassung wird auch von der Rspr. anderer LAG (vgl. etwa LAG Hamm, Beschl. v. 31.8.2007 – 6 Ta 402/07; LAG München, Beschl. v. 17.3.2009 – 10 Ta 394/07) und von der Lit. (Hartmann, KostG, 43. Aufl., VV 1003 Rn 12 m.w.Nachw.) geteilt.

b) Daran wird auch nach erneuter Überprüfung festgehalten. Denn dies gebieten entgegen der Auffassung der Beschwerde sowohl Wortlaut, Systematik als auch Sinn und Zweck der Regelung der Nr. 1003 VV.

aa) Nach dem Wortlaut der Unterausnahme der Nr. 1003 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 Alt. 2 VV bleibt es beim Grundsatz der 1,5-fachen Einigungsgebühr der Nr. 1000 VV nur dann, wenn sich das Verfahren über die Prozesskostenhilfe betreffend den Vergleichsgegenstand lediglich auf die "gerichtliche Protokollierung des Vergleichs" bezieht, während ein weitergehendes "Verfahren über die Prozesskostenhilfe" als "anderes gerichtliches Verfahren" gem. Nr. 1003 VV Eingangssatz i.V.m. 1003 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 VV nur eine 1,0-fache Einigungsgebühr auslöst.

bb) Systematisch besagt das Verhältnis: Regel – Ausnahme – Unterausnahme der Nrn.1000 und 1003 VV, dass die Einigungsgebühr grundsätzlich 1,5-fach anfallen soll, wenn der Vergleich nicht anhängige Gegenstände betrifft, während sie sich auf 1,0 reduziert, wenn über den Vergleichsgegenstand ein gerichtliches Verfahren anhängig war. Als solches gilt auch ein Prozesskostenhilfeverfahren, es sei denn, es wäre ausschließlich Prozesskostenhilfe für eine Vergleichsprotokollierung beantragt worden. D.h. jegliche weitere Anhängigkeit des Vergleichsgegenstandes, also auch eine solche, in der nur auf eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe für einen etwaigen Vergleichsmehrwert angetragen wird, führt zu einer Reduzierung der Einigungsgebühr auf 1,0. Entgegen der A...

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