Die Entscheidung ist falsch.

1. Zur Festsetzung des Vergleichsmehrwerts

Wörtlich heißt es in den Gründen: "Die Beschwerdeführer erstreben eine Anhebung des Werts, der für den Vergleichsmehrwert festgesetzt wurde. Dieser Wert ist ausschließlich für die Anwaltsgebühren relevant."

Weder dem AG noch dem LG ist offenbar bekannt, dass im Falle eines vor Gericht abgeschlossenen Mehrwertvergleichs eine Gerichtsgebühr anfällt, nämlich eine 0,25-Gebühr nach Nr. 1900 GKG-KostVerz. Daher handelte es sich um eine Festsetzung nach § 32 RVG und nicht um eine solche nach § 33 RVG.

Folglich handelte es sich daher um eine Beschwerde nach § 68 GKG, die nicht verfristet war.

Abgesehen davon kann eine Frist nach § 33 Abs. 3 RVG nur dann laufen, wenn ein Beteiligter einen Antrag gestellt hat. Wird – verfahrenswidrig – ein Gegenstandswert nach § 33 RVG festgesetzt, obwohl kein Antrag gestellt worden ist, ist diese Festsetzung als gegenstandslos zu betrachten.[1] Zudem würde die Frist auch erst nach förmlicher Zustellung des Streitwertbeschlusses zu laufen begonnen haben (§ 33 Abs. 3 S. 2 RVG).

Soweit sich das LG auf die Entscheidungen OVG Hamburg (Beschl. v. 11.2.2013 – 3 Nc 48/11) u. LAG Hessen (Beschl. v. 5.8.2013 – 1 Ta 120/13) beruft, hat es diese Entscheidungen entweder nicht gelesen oder nicht verstanden.

Im Fall des OVG Hamburg ging es um einen außergerichtlichen Vergleich, für den keine Gerichtsgebühren erhoben werden und demzufolge der Wert für die Anwaltsgebühren nach § 33 RVG festzusetzen ist.

Im Fall des LAG Hessen ging es um einen Vergleich vor dem ArbG, der nach Vorbem. 8 GKG-KostVerz. zur Gebührenfreiheit des Verfahrens führt, sodass auch hier nur eine Festsetzung nach § 33 RVG in Betracht kam.

2. Zum weiter gehenden Beschwerdeantrag

Zutreffend ist, dass das weitere Begehren im Schriftsatz vom 23.4.2013 als selbstständige Beschwerde verfristet gewesen wäre.

Da allerdings bereits die erste Beschwerde gegen die Wertfestsetzung – entgegen der Annahme des AG und des LG – zulässig war, war auch die Erweiterung des Beschwerdegegenstands zulässig. Im Verfahren einer Streitwertbeschwerde nach § 68 GKG ist das Gericht nämlich nicht an Anträge gebunden und kann auch von Amts wegen – auch als Rechtsmittelgericht – jederzeit unzutreffende Wertfestsetzungen – auch der Vorinstanz – abändern.

Norbert Schneider

AGS 11/2013, S. 525 - 527

[1] OLG Karlsruhe AGS 2009, 401 = OLGR 2009, 453 = MDR 2009, 587 = JurBüro 2009, 314 = NJW-RR 2009, 1366; LAG Schleswig AGS 2012, 487; N. Schneider, Keine Bindungswirkung sinnloser Wertfestsetzungen, NJW-Spezial 2012, 603.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge