Die Entscheidung ist unzutreffend. Nach Vorbem. 3 Abs. 4 VV ist eine Geschäftsgebühr nur anzurechnen, soweit sie denselben Gegenstand wie das gerichtliche Verfahren betrifft. Einem Widerspruch (Hauptsache) und einem gerichtlichen Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz (Eilsache) liegen unterschiedliche Streitgegenstände zugrunde. Daher ist eine Anrechnung ausgeschlossen.[1] So hat die überwiegende Rechtsprechung zur alten Fassung des RVG eine Ermäßigung der Verfahrensgebühr nach der damaligen Nr. 3103 VV abgelehnt.[2]
In einem gerichtlichen Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz kann daher weder die Geschäftsgebühr für das Verwaltungsverfahren noch die Geschäftsgebühr eines Widerspruchsverfahrens angerechnet werden. Angerechnet werden kann hier nur die nach § 17 N1. 1a RVG gesondert entstehende Geschäftsgebühr für einen vor der Behörde in der Eilsache gestellten Antrag.
Das gesamte Anrechnungssystem würde nicht mehr funktionieren, wenn man wie das Hessische LSG "kreuz und quer" anrechnet.
Man spinne den Fall weiter: Der Kläger hätte gegen den Widerspruchsbescheid Klage erhoben. Dann hätte jetzt hier die hälftige Geschäftsgebühr des Widerspruchsverfahrens nicht mehr angerechnet werden dürfen, da die Anrechnung ja bereits im Widerspruchsverfahren vorgenommen worden ist.
Hätte der Kläger im gerichtlichen Verfahren obsiegt, dann hätte die Behörde konsequenterweise die Verfahrens- und die Geschäftsgebühr gesondert erstatten müssen, ohne sich auf eine Anrechnung berufen zu können.
Norbert Schneider
AGS 10/2016, S. 463 - 468
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