1. Streitwertbeschwerde und Gegenvorstellung

So manchem Rechtsanwalt sind die Voraussetzungen, unter denen eine Streitwertbeschwerde eingelegt werden kann, nicht geläufig. Dies zeigt auch das Verhalten der Prozessbevollmächtigten des Klägers hier, haben sie doch gegen die Streitwertfestsetzung des OLG Stuttgart Beschwerde eingelegt, obwohl eine solche an das übergeordnete Gericht gerichtete Beschwerde nach § 68 Abs. 1 S. 5 GKG i.V.m. § 66 Abs. 3 S. 3 GKG nicht statthaft ist. Allerdings sind die Beteiligten durch diese Regelung nicht völlig rechtlos gestellt. Vielmehr ist unter bestimmten Voraussetzungen gegen einen Streitwertfestsetzungsbeschluss des OLG, ebenso übrigens wie gegen einen solchen Beschluss eines der Obersten Bundesgerichte, die Gegenvorstellung gegeben. Diese muss allerdings innerhalb der entsprechend geltenden 6-Monats-Frist des § 63 Abs. 3 S. 2 GKG eingelegt werden (s. BGH AGS 2021, 379 [Hansens]; BGH AGS 2020, 284; BGH RVGreport 2019, 472 [Ders.]; BGH, Beschl. v. 27.7.2011 – IV ZR 31/11).

2. Verfahrensweise des Prozessbevollmächtigten

Dies gilt auch für eine von dem Prozessbevollmächtigten einer Partei gem. § 32 Abs. 2 S. 1 RVG im eigenen Namen erhobene Streitwertbeschwerde/Gegenvorstellung gegen eine Entscheidung des OLG bzw. eines Obersten Bundesgerichts (BGH RVGreport 2017, 434 [Ders.] = AGS 2018, 78).

Folglich muss der Prozessbevollmächtigte zeitnah nach der Hauptsacheentscheidung oder nach anderweitiger Erledigung des Verfahrens prüfen, ob die Streitwertfestsetzung richtig war. Ergibt die anwaltliche Prüfung, dass das Gericht den Streitwert zu hoch festgesetzt hat, muss er rechtzeitig innerhalb der in § 63 Abs. 3 S. 2 GKG bestimmten 6-Monats-Frist für seinen Mandanten Beschwerde mit dem Ziel der Herabsetzung des Streitwertes einlegen. Ist die Beschwerde gegen eine Entscheidung des OLG bzw. eines Obersten Bundesgerichts nicht statthaft, ist sie dann als Gegenvorstellung auszulegen. Ergibt die Prüfung des Rechtsanwalts, dass der Streitwert zu niedrig festgesetzt worden ist, so kann er im eigenen Namen gem. § 32 Abs. 2 S. 1 RVG Beschwerde einlegen bzw. Gegenvorstellung erheben. So waren hier wohl die Prozessbevollmächtigten des Klägers vorgegangen. Im Erfolgsfalle ihrer Gegenvorstellung hätten sie dann ihre Gebühren gem. § 32 Abs. 1 RVG nach dem von ihnen angestrebten höheren Streitwert berechnen können.

3. Beginn der 6-Monats-Frist im schriftlichen Verfahren

Das OLG Stuttgart hat zutreffend unter Hinweis auf Rspr. und Lit. die Auffassung vertreten, dass die 6-Monats-Frist des § 63 Abs. 3 S. 2 GKG nicht erst mit Zugang des Beschlusses beginnt, durch den der Vergleich gem. § 278 Abs. 6 ZPO festgestellt worden ist. Vielmehr beginnt die 6-Monats-Frist mit Vorliegen der letzten Annahmeerklärung der betreffenden Parteien zu laufen. Dies hatten die Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht bedacht und die 6-Monats-Frist um einige Tage überschritten.

Um die Frist für die Gegenvorstellung in Kontrolle zu behalten, empfiehlt sich unbedingt deren Eintragung im Fristenkalender.

VorsRiLG a.D. Heinz Hansens, Berlin

AGS 9/2022, S. 429 - 430

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