Geklärt ist nun auch die Frage, ob § 15a Abs. 3 RVG im Verhältnis gegenüber der Staats- bzw. Landeskasse Anwendung finden soll.

Die Staats-/Landeskasse ist kein Dritter i.S.d. Vorschrift, da diese nach § 45 Abs. 1 S. 1 RVG an die Stelle des zahlungspflichtigen Mandanten tritt und Gebührenschuldner des Rechtsanwalts wird. Durch die Bewilligung von PKH wird die Staats-/Landeskasse verpflichtet, für die Entlohnung des beigeordneten Anwalts einzutreten und die gesetzliche Vergütung sicherzustellen.[10]

So sieht es auch das LSG Bayern in einer aktuellen Entscheidung:[11]

Da die Staatskasse an die Stelle des Auftraggebers tritt, ist erstere kein Dritter i.S.d. § 15a Abs. 3 RVG. Aufgrund des aus § 15a Abs. 1 RVG folgenden Wahlrechts und dem Wortlaut des § 55 Abs. 5 S. 2–4 RVG, welcher ausdrücklich auf "Zahlungen" abstellt, ist alleine eine Geschäftsgebühr zur Hälfte anzurechnen, auf welche bereits eine Zahlung erfolgt ist.

Bereits durch den Wortlaut des § 58 Abs. 2 RVG hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass nur "erhaltene", also tatsächlich geleistete Zahlungen zu berücksichtigen sind.

Ein Abstellen auf tatsächliche Zahlungen unter Berücksichtigung der gesetzlichen Anzeigepflicht des beigeordneten Rechtsanwalts aus § 58 RVG gilt daher in jedem Fall für das Vergütungsfestsetzungsverfahren.[12]

Für die Richtigkeit dieses Ergebnisses (Anrechnung der tatsächlich erhaltenen Geschäftsgebühr) spricht nunmehr auch die Vorschrift des § 58 Abs. 2 S. 2 RVG in der seit dem 1.1.2021 geltenden Fassung des RVG (KostRÄG 2021). Ist danach eine Gebühr, für die kein Anspruch gegen die Staatskasse besteht, auf eine Gebühr anzurechnen, für die ein Anspruch gegen die Staatskasse besteht, so vermindert sich der Anspruch gegen die Staatskasse nur insoweit, als der Rechtsanwalt durch eine Zahlung auf die anzurechnende Gebühr und den Anspruch auf die ohne Anrechnung ermittelte andere Gebühr insgesamt mehr als den sich aus § 15a Absatz 1 ergebenden Gesamtbetrag erhalten würde.

Folglich sind nur tatsächlich erhaltene Zahlungen anzurechnen.

Sofern eine Kostenerstattung durch den Prozessgegner und – wie im Sozialrecht durchaus üblich – eine Geltendmachung der vorgerichtlichen Geschäftsgebühr gegen die Mandantschaft mangels wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit nicht erfolgt, ist im Rahmen der Vergütungsfestsetzung eine Anrechnung mangels erhaltener Zahlungen nicht vorzunehmen. Das ausgeübte Wahlrecht hat die Landes- bzw. Staatskasse gegen sich geltend zu lassen, sodass eine Vergütungslücke des Anwalts hinsichtlich der Geschäftsgebühr nicht besteht.

[10] Vgl. Dahn/Schmidt, Anwaltsgebühren im Sozialrecht, 3. Aufl., 2021, § 22 Rn 140.

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