Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen zivilgerichtliche Urteile, durch die ein anwaltlicher Honoraranspruch aus einer Vergütungsvereinbarung gekürzt wurde.

I. 1. Der Beschwerdeführer ist Fachanwalt für Strafrecht. Im Januar 2002 übernahm er die Strafverteidigung eines sich in Untersuchungshaft befindenden Beschuldigten, dem ein Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz zur Last gelegt wurde. Dem Mandat lag eine Honorarvereinbarung mit dem Bruder des Beschuldigten, dem Beklagten des Ausgangsverfahrens (im Folgenden: Beklagter), zugrunde. Vereinbart wurde ein Honorar von 320,00 EUR für jede Arbeitsstunde. Die vom Beschwerdeführer in der Folgezeit erbrachten Tätigkeiten hatten neben zahlreichen Besuchen des Beschuldigten in der JVA auch die Teilnahme an der über mehrere Verhandlungstage andauernden Hauptverhandlung zum Gegenstand. Das Verfahren endete mit einer Verurteilung des – in einer Verhandlungspause geflohenen – Beschuldigten zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren.

Der Beschwerdeführer stellte dem Beklagten etwa 63 Arbeitsstunden in Rechnung, woraus sich zuzüglich Auslagen und Mehrwertsteuer eine Gesamtforderung in Höhe von 23.911,05 EUR ergab. Da der Beklagte hierauf lediglich 6.874,84 EUR zahlte, machte der Beschwerdeführer die Restforderung auf dem Klagewege geltend. Nachdem das LG ein Teilanerkenntnisurteil in Höhe von 8.959,16 EUR erlassen hatte, verurteilte es den Beklagten mit Schluss- und Endurteil zur Zahlung weiterer 2.554,88 EUR und wies die Klage im Übrigen ab. Das vereinbarte Honorar sei unangemessen hoch und deswegen auf den angemessenen Betrag, das Fünffache der gesetzlichen Gebühren, herabzusetzen. Das LG stützte die Kürzung auf § 3 Abs. 3 BRAGO in der zum Entscheidungszeitpunkt geltenden Fassung. Bei Anwendung dieser Vorschrift folgte das LG der Auffassung des BGH, wonach bei Strafverteidigungen eine tatsächliche Vermutung für die Unangemessenheit der vereinbarten Vergütung sprechen soll, wenn sie mehr als das Fünffache über den gesetzlichen Höchstgebühren liegt. Eine Entkräftung dieser Vermutung ist nach Ansicht des BGH nur möglich, wenn der Rechtsanwalt ganz ungewöhnliche, geradezu extrem einzelfallbezogene Umstände darlegt, die es möglich erscheinen lassen, dass bei Abwägung aller für die Herabsetzungsentscheidung maßgeblichen Gesichtspunkte die Vergütung nicht als unangemessen hoch anzusehen ist (vgl. BGHZ 162, 98 <107>).

2.  Die hiergegen gerichtete Berufung wies das OLG zurück. Sinn und Zweck des § 3 Abs. 3 BRAGO sei es, dem Rechtsanwalt beim Abschluss einer Vergütungsvereinbarung Mäßigung aufzuerlegen. Zur Durchsetzung dieses Mäßigungsgebots sei die Festlegung einer allgemeinen Honorargrenze angezeigt. Hierbei müssten die gesetzlichen Gebühren, mit denen der Gesetzgeber den ökonomischen Wert der anwaltlichen Leistung bemesse, und nicht die Maßstäbe des Marktes Bezugspunkt sein. Dies sei auch verfassungsrechtlich unbedenklich. Die anwaltliche Vergütung stehe im Spannungsfeld zwischen dem zur Berufsausübungsfreiheit gehörenden Anspruch auf angemessene Vergütung und dem aus Art. 19 Abs. 4 GG folgenden Justizgewährungsanspruch. Letzterer fordere, dass der Zugang zu den Gerichten nicht durch unangemessen hohe Kosten der Rechtsverfolgung unzumutbar erschwert werde. Bei der Beurteilung des gesetzlichen Systems der anwaltlichen Vergütung verbiete sich deshalb die isolierte Betrachtung eines Mandats. Der Berufsausübungsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG sei Genüge getan, wenn der gesetzliche Gebührenanspruch so bemessen sei, dass der Rechtsanwalt im Rahmen einer Mischkalkulation aus seinem Gebührenaufkommen sowohl seinen Kostenaufwand als auch seinen Lebensunterhalt bestreiten könne. Sei in diesem Sinne die gesetzliche Vergütung aber im Lichte des Art. 12 Abs. 1 GG im Rahmen der Mischkalkulation angemessen, so gelte dies erst recht für den fünffachen Satz. Dieser sei sprichwörtlich "mehr als angemessen". Die tatsächliche Vermutung, dass die vereinbarte Vergütung unangemessen hoch sei, habe der Beschwerdeführer nicht zu widerlegen vermocht.

3.  Mit seiner gegen die gerichtlichen Entscheidungen gerichteten Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG.

4.  Zu der Verfassungsbeschwerde haben das Sächsische Staatsministerium der Justiz, der Präsident des BGH, die BRAK, der DAV sowie der Gegner des Ausgangsverfahrens Stellung genommen.

II.  Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt, weil dies zur Durchsetzung des Rechts des Beschwerdeführers aus Art. 12 Abs. 1 GG angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchst. b) BVerfGG). Auch die weiteren Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 S. 1 BVerfGG liegen vor.

1.  Die angegriffenen Entscheidungen verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG.

Nach den Grundsätzen der beschränkten verfassungsgerichtlichen Überprüfbarkeit fachgerichtlicher Entscheidungen (vgl. BVerfGE 18, 85 <92 f., 96>; 85, 248 <257 f.>) sind die ...

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