Nach Auffassung des BGH waren die Voraussetzungen für die Bestimmung des zuständigen Gerichts nach § 14 StPO nicht gegeben. Eine Entscheidung durch das gemeinschaftliche obere Gericht nach § 14 StPO setze voraus, dass zwischen mehreren Gerichten Streit über die Zuständigkeit bestehe. Die Vorschrift finde nur dann Anwendung, wenn die Zuständigkeit für eine richterliche Tätigkeit in Streit stehe (st. Rspr., vgl. BGH, Beschl. v. 8.2.2018 – 2 ARs 41/18; Beschl. v. 15.12.2021 – 2 ARs 363/21; Scheuten, in: KK-StPO, 9. Aufl., 2022, § 14 Rn 2, jeweils m.w.N.). Dies ist hier nicht der Fall:

Bei der Festsetzung der Pflichtverteidigervergütung nach § 55 Abs. 1 S. 2 RVG handele es sich nicht um eine richterliche Tätigkeit, sondern um eine Aufgabe der Justizverwaltung (vgl. OLG Oldenburg, Beschl. v. 8.8.1990 – 1 ARs 24/90; Erb, in: Löwe-Rosenberg, StPO, 27. Aufl., 2016, § 14 Rn 2). Die dem als Pflichtverteidiger in einer Strafsache beigeordneten Rechtsanwalt gem. § 45 Abs. 3 S. 1 RVG zustehende Vergütung werde, wenn das Verfahren nicht gerichtlich anhängig geworden sei, nach § 55 Abs. 1 S. 2 RVG von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts festgesetzt, das den Verteidiger bestellt hat. Die Vergütungsfestsetzung falle demnach von vornherein nicht in die funktionelle Zuständigkeit des Richters, sondern in die der Geschäftsstelle. Das Festsetzungsverfahren werde zwar gem. Teil A Nr. 1.2.1 der Verwaltungsvorschrift über die Festsetzung der aus der Staatskasse zu gewährenden Vergütung vom 19.7.2005 (VwV Vergütungsfestsetzung) von Beamten des gehobenen Dienstes wahrgenommen, also in der Regel von Rechtspflegern. Diese werden insoweit aber lediglich als "besonders qualifiziertes Organ der Geschäftsstelle" (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 26.7.2007 – 3 (s) Sbd I – 8/07 m.w.N. [zu § 24 Abs. 1 Nr. 1 RPflG]) und nicht im Rahmen der ihnen durch das RechtspflegerG übertragenen Aufgaben aus dem richterlichen Zuständigkeitsbereich tätig. Das RechtspflegerG erfasse das Festsetzungsverfahren nach § 55 Abs. 1 S. 2 RVG nicht und komme daher in diesem Verfahren auch nicht zur Anwendung (vgl. Mayer/Kroiß/Kießling, RVG, 8. Aufl., 2021, § 55 Rn 36 m.w.N.); § 21 Nr. 2 RPflG betreffe lediglich die Festsetzung der zu den Kosten eines gerichtlichen Verfahrens gehörenden Rechtsanwaltsvergütung nach § 11 RVG.

Unabhängig davon besteht in vorliegender Sache auch kein Streit über die Zuständigkeit, weil es an den dafür erforderlichen divergierenden Entscheidungen mehrerer verschiedener Gerichte fehlt (vgl. dazu Scheuten, a.a.O., § 14 Rn 1; Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O. § 14 Rn 1). Dass der Rechtspfleger des AG Frankfurt am Main – neben der eigenen Zuständigkeit – auch eine Zuständigkeit des AG Deggendorf gegeben sieht, begründet noch keinen Zuständigkeitsstreit i.S.v. § 14 StPO; das AG Deggendorf sei mit der Frage der Zuständigkeit für die Vergütungsfestsetzung noch gar nicht befasst.

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