Entscheidungsstichwort (Thema)

Gerichtliche Zuständigkeit für die Kostenerstattung im Strafverfahren nach erfolgreichem Wiederaufnahmeverfahren. Bestimmung des zuständigen Gerichts durch das Oberlandesgericht

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bestimmung des zuständigen Gerichts nach § 14 StPO bei einem Zuständigkeitsstreit zwischen zwei Rechtspflegern unterschiedlicher Gerichte in einem Kostenfestsetzungsverfahren.

2. Für das Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 464 b StPO, 103 ff ZPO ist dann, wenn die erstinstanzliche Entscheidung durch ein Wiederaufnahmegericht eines anderen Gerichts beseitigt wurde, als Gericht des ersten Rechtszuges das zeitlich zuerst mit dem Verfahren befasste Gericht anzusehen.

 

Tenor

Für das Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 464 b StPO, 103 ff. ZPO ist das Amtsgericht Potsdam zuständig.

 

Gründe

I. Mit Urteil des Amtsgerichts Potsdam vom 6. Oktober 2003 - 83 Cs 440 Js 36518/02 (7/03) - wurde der Betroffene wegen versuchter Sachbeschädigung zu einer Geldstrafe verurteilt. Eine gegen das Urteil eingelegte Berufung blieb ohne Erfolg. Nach Wiederaufnahme des Verfahrens durch das Amtsgericht Frankfurt (Oder) wurde der Betroffene mit Beschluss vom 13. März 2007 freigesprochen. Die ihm entstandenen notwendigen Auslagen, auch der früheren Verfahren, wurden der Staatskasse auferlegt. Mit Schreiben vom 22. Juni 2007 beantragte der Verteidiger des Betroffenen bei dem Amtsgericht Frankfurt(Oder) die Festsetzung der notwendigen Auslagen des Betroffenen gegen die Staatskasse. Ein Teil der Auslagen wurde durch Beschluss der Rechtspflegerin beim Amtsgericht Frankfurt (Oder) vom 14. August 2007 festgesetzt. Mit Kostenfestsetzungsantrag vom 24. Januar 2008 beantragte der Verteidiger für den Betroffenen die Festsetzung der notwendigen Auslagen des früheren Verfahrens beim Amtsgericht Potsdam, welches die Akten am 19. August 2009 an das Amtsgerichts Frankfurt (Oder) weiterleitete. Durch Beschluss vom 21. September 2009 hat sich die Rechtspflegerin des Amtsgerichts Frankfurt (Oder) für die Festsetzung der notwendigen Auslagen des Betroffenen gegen die Staatskasse für unzuständig erklärt und das Kostenfestsetzungsverfahren mit dem Kostenfestsetzungsantrag des Verteidigers vom 24. Januar 2008 zur Entscheidung an das Amtsgericht Potsdam verwiesen. Das Amtsgericht Frankfurt (Oder) vertritt die Auffassung, dass zuständiges Gericht für die Kostenfestsetzung gemäß § 464 b Satz 1 StPO das Gericht des ersten Rechtszuges sei, in welchem die Gebühren und Auslagen entstanden seien. Werde eine erstinstanzliche Entscheidung durch ein Wiederaufnahmeverfahren eines anderen Gerichts beseitigt, so sei als das Gericht des ersten Rechtszuges dasjenige Gericht anzusehen, das zuerst mit der Sache befasst gewesen sei. Das Amtsgericht Potsdam hat die Übernahme des Kostenfestsetzungsverfahrens durch Beschluss des Rechtspflegers vom 9. November 2009 abgelehnt, sich für unzuständig erklärt und die Sache zur Entscheidung über die Zuständigkeit für die Festsetzung der Kosten des Wiederaufnahmeverfahrens dem Brandenburgischen Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Da es sich um die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens handele, eröffne das Wiederaufnahmeverfahren einen eigenen Instanzenzug. § 462 a Abs. 6 StPO bezeichne das Gericht, welches über die Wiederaufnahme entscheide, eindeutig als das Gericht des ersten Rechtszuges.

II. 1. Die Voraussetzungen für die Bestimmung des zuständigen Gerichts nach § 14 StPO sind gegeben.

Nach § 14 StPO bestimmt das gemeinschaftliche Obergericht bei einem Streit über die Zuständigkeit zwischen mehreren Gerichten das Gericht, das "sich der Untersuchung und Entscheidung zu unterziehen" hat.

Die Frage, ob § 14 StPO bei einem Zuständigkeitsstreit zwischen zwei Rechtspflegern verschiedener Gerichte anzuwenden ist, wird in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beantwortet (Meyer-Goßner StPO 51. A. § 14 Rdn. 3). Der Bundesgerichtshof hat in seinem Beschluss vom 30. Mai 1990 - 2 ARS 163/90 - unter Hinweis auf den seinerzeit geltenden

§ 5 Abs. 1 Nr. 2 RPflG a. F. ausgeführt, die Zuständigkeit des Rechtspflegers zur Kostenfestsetzung erstrecke sich nicht auf einen Antrag zur Bestimmung des zuständigen Gerichts nach § 14 StPO, weil die Sache in einem solchen Fall dem Richter gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 RPflG a. F. vorzulegen gewesen wäre. Rechtliche Schwierigkeiten würden sich typischerweise ergeben, wenn zur Frage der Zuständigkeit die Entscheidung eines Obergerichts eingeholt werden solle. Diese Aufgaben seien dem Richter vorbehalten. Aus den gleichen Gründen wurde seitens des Bundesverfassungsgerichts eine Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG durch den Rechtspfleger als unzulässig angesehen (BVerfGE 61, 75). Nach Änderung der gesetzlichen Vorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 2 RPflG ist eine Richtervorlage nur noch in engen Grenzen möglich. Insbesondere ist der Fall, dass sich ein Sachverhalt als besonders schwierig erweist, aus dem Katalog der Vorlegungsfälle herausgenommen worden.

Die zwisch...

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