Die Regelung des § 31 GKG

Vielen Anwälten sind nach wie vor die Regelungen des § 31 Abs. 3 u. 4 GKG nicht bekannt (in Familiensachen die des wortgleichen § 26 Abs. 3 und 4 FamGKG).

Soweit eine bedürftige Partei Entscheidungsschuldner ist, ist sie von den Gerichtskosten (dazu gehören auch Sachverständigenkosten) freigestellt (§ 31 Abs. 3 S. 1, 1. Hs. GKG).

Soweit der Gegner solche Kosten, die auf die bedürftige Partei entfallen, bereits vorausgezahlt hat, sind ihm diese Kosten aus der Landekasse zurückzugewähren (§ 31 Abs. 3 S. 1, 2. Hs. GKG), sodass ihm dann auch kein Erstattungsanspruch gegen die bedürftige Partei zusteht.

Im Falle eines Vergleichs tritt diese Rechtsfolge nur ein, wenn die Voraussetzungen des § 31 Abs. 4 GKG beachtet werden:

1. Der Vergleich muss vor Gericht geschlossen worden sein.
2. Er muss auf Vorschlag des Gerichts geschlossen worden sein.
3. Das Gericht muss festgestellt haben, dass die Kostenregelung im Vergleich der voraussichtlichen Kostenentscheidung entspricht.

Wird dies – wie hier – versäumt, dann ist die bedürftige Partei nicht vor dem Kostenerstattungsanspruch des Gegners geschützt.

 

Beispiel

Die Beklagte wird auf Zahlung eines Betrags i.H.v. 10.000,00 EUR in Anspruch genommen. Ihr wird ratenfreie PKH unter Beiordnung ihres Anwalts bewilligt. Anschließend wird ein Vergleich geschlossen, in dem die Parteien vereinbaren, die Kosten gegeneinander aufzuheben.

Der Kläger erhält 2,0 (532,00 EUR) der von ihm eingezahlten 3,0-Gerichtsgebühr (798,00 EUR) zurück. Eine 1,0-Gebühr i.H.v. 266,00 EUR verbleibt bei ihm. Diese kann er hälftig, also i.H.v. 133,00 EUR von der bedürftigen Partei erstattet verlangen (§ 123 ZPO).

 

Abwandlung 1

Die Mandantin wird auf Zahlung eines Betrags i.H.v. 10.000,00 EUR in Anspruch genommen. Ihr wird ratenfreie PKH unter Beiordnung ihres Anwalts bewilligt. Anschließend wird ein Vergleich geschlossen, in dem die Parteien auf Vorschlag des Gerichts einen Vergleich schließen und vereinbaren, die Kosten gegeneinander aufzuheben. Das Gericht stellt sodann fest, dass die Kostenregelung im Vergleich der zu erwartenden Kostenentscheidung entspricht.

Jetzt erhält der Kläger nicht nur 2,0 der eingezahlten 3,0-Gerichtsgebühr zurück, sondern nach § 31 Abs. 3, 4 GKG auch noch die weitere halbe Gerichtsgebühr, die auf den Beklagten entfällt. Er trägt also letztlich nur die halbe Gerichtsgebühr (133,00 EUR), die auf ihn entfällt. Ein Kostenerstattungsanspruch scheidet damit aus.

 

Abwandlung 2

Wie Abwandlung 2; jedoch hatte der Kläger auch noch 2.000,00 EUR für Sachverständigenkosten vorgeschossen. Der Sachverständige rechnet letztlich 1.860,00 EUR ab.

Jetzt erhält der Kläger sowohl die nicht verbrauchte 2,0-Gerichtsgebühr und den nicht verbrauchten Vorschuss i.H.v. 140,00 EUR zurück, sondern nach § 31 Abs. 3, 4 GKG auch noch die weitere halbe Gerichtsgebühr (133,00 EUR), sowie 930,00 EUR Sachverständigenkosten, die auf den Beklagten entfallen. Er trägt also letztlich nur die halbe Gerichtsgebühr, die auf ihn entfällt und die halben Sachverständigenkosten. Ein Kostenerstattungsanspruch scheidet damit wiederum aus.

Das Gericht führt auch zu Recht aus, dass der Irrtum über diese Rechtslage nicht zur Anfechtung des Vergleichs berechtigt. In einem solchen Fall muss sich die bedürftige Partei vielmehr an ihren eigenen Rechtsanwalt halten und dort Schadenersatz geltend machen. Man muss von einem Anwalt erwarten können, dass er die Regelungen des § 31 Abs. 3 und 4 GKG kennt. Beachtet er sie nicht und führt dies damit zu einem Schaden der bedürftigen Partei, macht er sich schadensersatzpflichtig.

Rechtsanwalt Norbert Schneider, Neunkichen

AGS 8/2021, S. 368 - 370

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