ARB 2007 § 5 Abs. 1 Buchst. h)

Leitsatz

  1. Kosten des Gegners, zu deren Übernahme ein Versicherungsnehmer ausschließlich unter materiell-rechtlichen Gründen verpflichtet ist, sind von einem Rechtsschutzversicherer nicht zu übernehmen.
  2. Kosten(teile), die auch Gegenstand einer gerichtlichen Kostenentscheidung sein könnten, sind hingegen vom Versicherungsschutz mit umfasst.

AG München, Urt. v. 15.4.2011 – 133 C 31849/10

1 Sachverhalt

Der Kläger macht gegen die Beklagte Ansprüche aus einer Rechtsschutzversicherung geltend. Nach § 5 Abs. 1 Buchst. h) ARB 2007 trägt der Versicherer die dem Gegner durch Wahrnehmung seiner rechtlichen Interessen entstandenen Kosten, soweit der Versicherungsnehmer zu deren Erstattung verpflichtet ist.

Für den Ausgangsrechtstreit des Klägers gegen eine WEG hatte die Beklagte dem Kläger Versicherungsschutz aus dem Rechtsschutzvertrag bestätigt.

Im Ausgangsrechtsstreit gegen die WEG war der Kläger im Wesentlichen unterlegen und wurde u.a. verurteilt, eine 1,3-Geschäftsgebühr zzgl. Auslagen und Mehrwertsteuer (insgesamt 603,83 EUR) vorgerichtliche Anwaltskosten zu bezahlen. Laut den Feststellungen im Tatbestand des Urteils wurden die Prozessbevollmächtigten auf Seiten der WEG zunächst mit der außergerichtlichen und dann der gerichtlichen Geltendmachung einer Forderung beauftragt. In den Entscheidungsgründen wird – soweit hier von Bedeutung – ausgeführt: "Der Beklagte befand sich zum Zeitpunkt der Beauftragung der Bevollmächtigten in Verzug. Er hat daher der Gemeinschaft die Kosten der außergerichtlichen Tätigkeit der Bevollmächtigten zu erstatten."

Die Beklagte glich die angefallenen Kosten aus, nicht jedoch die gegnerischen Anwaltskosten hinsichtlich der angefallenen außergerichtlichen 1,3-Geschäftsgebühr zzgl. Nebenkosten.

Hinweis des Verfassers: Im Hinblick auf die Titulierung einer 1,3-Geschäftsgebühr im Urteil wurde im Kostenfestsetzungsverfahren nur eine um die Anrechnung einer 0,65-Geschäftsgebühr auf 0,65 verminderte Verfahrensgebühr berücksichtigt.

Der Kläger ist der Auffassung, dass er aus dem mit der Beklagten geschlossenen Versicherungsvertrag einen Anspruch auf Zahlung der 603,83 EUR habe. § 5 Abs. 1h sei auslegungsbedürftig, da aus der Formulierung der Bestimmung nicht hervorgehe, dass der Versicherer diejenigen gegnerischen Kosten trägt, die ausschließlich gerichtlich festgesetzt werden. Bei der Auslegung sei auf den objektiven Empfängerhorizont abzustellen. Der Kläger als juristischer Laie sei davon ausgegangen, dass sämtliche gegnerische Rechtsverfolgungskosten vom Versicherer getragen würden. Außerdem sei der Grund für die Verurteilung zur Übernahme der streitgegenständlichen gegnerischen Kosten nicht schuldhafter Verzug gewesen. Während des anwaltlichen Mahnschreibens, aus dem die Geschäftsgebühr entstanden sei, sei der Streit über die Wirksamkeit der WEG-Beschlüsse schon in vollem Gange und der Beklagten auch bekannt gewesen.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass sie zur Übernahme der Kosten der außergerichtlichen Tätigkeit der für die WEG tätigen Rechtsanwälte nicht verpflichtet ist, da diese nicht unter den vereinbarten Deckungsschutz fallen würden. Unter § 5 Abs. 1 Buchst. h) ARB 2007 fielen materiell-rechtliche Erstattungsansprüche nicht. Soweit der Kläger nur aus materiell-rechtlichen Gründen zur Erstattung verpflichtet sei, z.B. aus Schuldnerverzug, bestehe keine Freistellungsverpflichtung des Rechtsschutzversicherers.

2 Aus den Gründen

Die Klage ist nur zum Teil in Höhe von 290,06 EUR begründet.

Soweit der Klage stattgegeben wurde, ergibt sich der Anspruch des Klägers gegen den Beklagten aus dem zwischen den Parteien bestehenden Versicherungsvertrag in Verbindung mit den maßgeblichen allgemeinen Versicherungsbedingungen. Denn in Höhe einer 0,65 Geschäftsgebühr beruht die Erstattungsverpflichtung des Klägers nicht ausschließlich auf einem materiell-rechtlichen Erstattungsanspruch. Hinsichtlich des darüber hinausgehenden Teils der Geschäftsgebühr sowie der mit der Geschäftsgebühr geltend gemachten Auslagenpauschale beruht die Erstattungsverpflichtung hingegen ausschließlich auf einem materiell-rechtlichen Erstattungsanspruch, welcher nicht dem Versicherungsschutz unterfällt.

Im Einzelnen gilt Folgendes:

a) Gem. § 5 Abs. 1 Buchst. h) trägt der Versicherer die dem Gegner durch die Wahrnehmung seiner rechtlichen Interessen entstandenen Kosten, soweit der Versicherungsnehmer zu deren Erstattung verpflichtet ist.

Nicht rechtsschutzversicherte Kosten sind dabei Verpflichtungen auf Aufwendungserstattungen an einen Gegner, wenn und soweit sie sich als Folge eines Schuldnerverzuges oder aus unerlaubter Handlung – d.h. aus dem materiellen Recht – ergeben (vgl. BGH NJW 1985, 1466 ff., 1467). Denn diese Erstattungsverpflichtung ist Folge einer im Risikobereich des Versicherungsnehmers verbleibenden, in der Regel bereits vor Beginn seiner unter die Versicherungsdeckung fallenden Interessenwahrnehmung entstandenen materiell-rechtlichen Schadensersatzpflicht (vgl. Harbauer, Rechtsschutzversicherung, ARB-Kommentar, 8. Aufl. 2010, ARB 200...

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