Das OLG hat keine Bedenken gegen die Wirksamkeit der Erfolgshonorarvereinbarung vom 13.9.2019. Die Auffassung, eine solche Vereinbarung dürfe mit einer Partei, der PKH bewilligt worden sei, nicht geschlossen werden, wenn hieraus eine höhere als die gesetzliche Vergütung resultiere, sei rechtsfehlerhaft. Mit § 4a Abs. 1 S. 3 RVG sei vielmehr die ausdrückliche Möglichkeit geschaffen worden, auch in Mandaten, die grds. der Beratungshilfe oder PKH unterfallen, ein Erfolgshonorar zu vereinbaren. Nach § 4a Abs. 1 S. 1 RVG dürfe ein Erfolgshonorar (§ 49b Abs. 2 S. 1 BRAO) nur für den Einzelfall und nur dann vereinbart werden, wenn der Auftraggeber aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse bei verständiger Betrachtung ohne die Vereinbarung eines Erfolgshonorars von der Rechtsverfolgung abgehalten würde. Bei der Beurteilung, ob der Rechtsuchende aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse von der Rechtsverfolgung abgehalten würde, bleibe nach § 4a Abs. 1 S. 3 RVG die Möglichkeit, Beratungs- oder Prozesskostenhilfe in Anspruch zu nehmen, außer Betracht (dazu auch Fölsch, MDR 2016, 133). In der Gesetzesbegründung sei dazu ausgeführt, dass es Ziel der Neuregelung sei, Rechtsanwälten für eine Leistung, die zu einem erheblichen Vermögenszuwachs beim Antragsteller führe, eine angemessene Vergütung zukommen zu lassen. Gleichzeitig setze die Regelung Anreize, auch Mandate nicht bemittelter Rechtssuchender mit dem gebotenen Aufwand zu betreuen. Zudem könnten sich Entlastungen für die Staatskasse ergeben (vgl. den Gesetzesentwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts v. 14.11.2012 in BT-Drucks 17/11472, 50 zu Art. 14 Nr. 3, § 4a Abs. 1 S. 3 RVG). Wenngleich sich die Gesetzesbegründung vorrangig auf die Beratungshilfe beziehe, gelten die Beweggründe für den Fall der PKH, den § 4a RVG ausdrücklich miteinbezieht, gleichermaßen (OLG Hamm, AGS 2018, 349 = JurBüro 2018, 374 = AnwBl 2018, 170).

Allerdings dürfe ein Erfolgshonorar außer in den – hier nicht vorliegenden – Fällen des § 4a Abs. 1 Nr. 1 und 2 RVG nur vereinbart werden, wenn der Auftraggeber im Einzelfall bei verständiger Würdigung ohne die Vereinbarung eines Erfolgshonorars von der Rechtsverfolgung abgehalten würde. Bei einer umfangreichen Arzthaftungssache sei dies – so das OLG – regelmäßig der Fall, schon weil diese aufgrund der einzuholenden Sachverständigengutachten mit einem erheblichen Kostenrisiko verbunden seien. Schon in der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses sei daher zu § 4a RVG festgehalten worden:

Zitat

"In der Vergütungsvereinbarung sollen die Geschäftsgrundlagen festgehalten werden, von denen die Vertragsparteien bei der Vereinbarung der erfolgsbasierten Vergütung ausgehen. Ermittlungs- und Prüfungspflichten werden nicht begründet. Ausreichend kann es etwa sein, wenn festgehalten wird, dass angesichts eines bestimmten allgemeinen Prozessrisikos etwa in Arzthaftungsangelegenheiten auch in dem vorliegenden Einzelfall von diesem Risiko ausgegangen werde." (BT-Drucks 16/8916, 17; vgl. auch Kleine-Cosack, BB 2008, 1406, 1408).

Vorliegend gehe die Begründung in Ziff. 2 der Vereinbarung der Parteien über diese Minimalanforderungen deutlich hinaus, weil dort festgehalten werde, dass die Angelegenheit u.a. wegen der Beteiligung mehrerer Behandler, des Vorliegens eines negativen Gutachtens, das angefochten werden muss, der Schwierigkeiten bei der Schadensbezifferung und der Notwendigkeit, mehrere Rechtsanwälte einzubinden, überdurchschnittlich aufwändig sei. Die nach § 4 Abs. 3 RVG erforderlichen Angaben seien in der als Anlage 6 vorgelegten Erfolgshonorarvereinbarung auch vorliegend enthalten: Ziff. 5 lit b) der Vereinbarung lege die für die Vergütung erforderliche Bedingung und das im Erfolgsfalle zu zahlende Honorar mit 25 % der durchgesetzten Schadensersatzansprüche fest (§ 4a Abs. 3 Nr. 1 RVG), die wesentlichen Gründe seien in Ziff. 1 der Vereinbarung, die voraussichtliche gesetzliche Vergütung ist in Ziff. 8 enthalten (§ 4a Abs. 3 Nr. 3 und 4 RVG). Dass die Antragsgegner das Mandat gekündigt haben, lasse den Anspruch aus der Erfolgshonorarvereinbarung nach Ziff. 6 der Vereinbarung schließlich ebenfalls nicht entfallen, weil der Vergleichsabschluss unstreitig "ganz oder im Wesentlichen" auf der Initiative der Antragstellerin beruhte.

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