§ 42 FamGKG

Leitsatz

Der Verfahrenswert des Antrags eines getrennt lebenden Ehepartners gegen den anderen Ehepartner auf Zustimmung zur Kündigung des gemeinsam geschlossenen Wohnraummietverhältnisses richtet sich grds. nach der Jahresnettomiete.

OLG Bremen, Beschl. v. 12.11.2020 – 4 WF 67/20

I. Sachverhalt

Die Antragsgegnerin war nach Trennung der Eheleute auf Antrag des Ehemannes vom FamG verpflichtet worden, gegenüber der Vermieterin ihre Zustimmung zur Kündigung des gemeinsam geschlossenen Wohnraummietverhältnisses zu erteilen und/oder an einer solchen Kündigung mitzuwirken. Das FamG hat den Verfahrenswert entsprechend dem Jahreswert der Kaltmiete auf 4.380,00 EUR festgesetzt. Gegen diese Festsetzung hat die Antragsgegnerin Beschwerde erhoben, mit der sie beantragt hat, den Verfahrenswert auf 1.500,00 EUR herabzusetzen, weil es sich im vorliegenden Fall um eine Ehewohnungssache i.S.d. § 200 Abs. 1 Nr. 1 FamFG handele, sodass der Verfahrenswert nach § 48 Abs. 1 FamGKG zu ermitteln sei. Bei einer Zustimmung zur Kündigung anstelle der Zuweisung, zumal während der Trennungszeit, erscheine allerdings der volle Wert von 3.000,00 EUR unbillig, sodass in Anwendung des Rechtsgedankens aus § 41 FamGKG stattdessen der hälftige Regelwert anzunehmen sei. Das FamG hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Das OLG hat sie zurückgewiesen.

II. Jahresmietwert ist maßgebend

Die Vorschrift des § 48 Abs. 1 FamGKG ist vorliegend nicht anwendbar, da es sich bei einem Antrag auf Mitwirkung an der Kündigung eines gemeinsam geschlossenen Wohnungsmietvertrages nicht um eine Ehewohnungssache i.S.v. § 200 I Nr. 1 FamFG handelt, sondern um eine Familienstreitsache i.S.v § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG (OLG Köln FamFR 2011, 21 = FF 2011, 330; OLG Frankfurt AGS 2017, 585 = NZFam 2017, 1067; OLG Hamm NZFam 2015, 185). Der Verfahrenswert ist daher gem. § 42 Abs. 1 FamGKG nach billigem Ermessen zu bestimmen. Maßgebend ist das Interesse des Antragstellers an der Abgabe der von der Antragsgegnerin verlangten Willenserklärung. Dieses Interesse ist wirtschaftlicher Natur, denn der Antragsteller möchte nicht mehr aus dem Mietvertrag haften. Daher ist der Gegenstandswert unter Beachtung des in § 41 Abs. 1 GKG zum Ausdruck gekommenen Rechtsgedankens mit einer Jahresnettomiete zu bemessen (vgl. OLG Köln ZMR 2006, 770 = FamRZ 2007, 46; KG NJW-RR 1992, 1490, 1491).

III. Bedeutung für die Praxis

Abzustellen ist auf den Auffangwert

Geltend gemacht wird ein Anspruch auf Abgabe einer Willenserklärung. Mangels einer besonderen Wertvorschrift ist auf den Auffangwert des § 42 Abs. 1 FamGKG abzustellen. Dabei dürfte – ebenso wie bei einem Antrag auf Erteilung einer familiengerichtlichen Genehmigung (§ 36 FamGKG) – auf den Wert des zugrunde liegenden Geschäfts abzustellen sein, also den Wert der auszusprechenden Kündigung. Insoweit gilt nach der Rspr. des BGH der Jahresmietwert (AGS 2007, 289 = NJW 2007, 2050 = RVGreport 2007, 220).

Anders liegt der Fall, wenn ein Ehegatte vom anderen verlangt, dass dieser an der Abgabe einer gemeinsamen Erklärung i.S.d § 1568a Abs. 3 Nr. 1 BGB gegenüber dem Vermieter mitwirkt. In diesem Fall handelt es sich zwar auch um Familienstreitsache und der Verfahrenswert eines solchen Verfahrens richtet sich ebenfalls nach § 42 Abs. 1 FamFG. Er orientiert sich aber an der Wahrscheinlichkeit, dass der Antragsteller bei fortdauernder gesamtschuldnerischer Haftung gegenüber dem Vermieter tatsächlich von diesem in Anspruch genommen wird (OLG Frankfurt a. M. AGS 2017, 585 = ZMR 2018, 389 = NZFam 2017, 1067 = FamRZ 2018, 614).

Rechtsanwalt Norbert Schneider, Neunkirchen

AGS 5/2021, S. 238

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